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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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rechtfertigen?«.
    Galt sah erst Branl, dann Clyme an. »Bleibt uns nichts anderes übrig?«, fragte er laut, statt die Frage nur in Gedanken zu stellen.
    Beide schüttelten leicht den Kopf - so leicht, dass Linden fast das in ihrem Blick glitzernde Bedauern oder ihre Resignation entging.
    »Dann«, verkündete Galt, »werden wir uns auf diese Weise rechtfertigen.«
    Er warf sich so blitzschnell herum, dass Linden die Bewegung kaum bemerkte, und ließ einen Schlag gegen ihr Gesicht folgen, der tödlich hätte sein können.
    Lindens Tod hätte ihre Vereinbarung mit dem Egger beendet. Er würde Covenants Ring und den Stab mitnehmen und Jeremiah aus Lord Fouls Händen befreien, um ihn für seine eigenen Zwecke zu benutzen. Nach den unmenschlichen Begriffen der Meister würde das Lindens vielen Entweihungen ein Ende setzen.
    Doch Galts Schlag traf sie nicht. Stave hob eine Hand und fing ihn mühelos ab, als hätte er diesen Angriff schon geahnt, ehe Galt sich herumwarf. Das Klatschen von Fleisch auf Fleisch ließ Linden zusammenzucken, aber es schadete ihr nicht.
    Liand schrie erschrocken auf, die Ramen griffen verspätet nach ihren Garotten, und Kaltgischt und zwei ihrer Riesinnen näherten sich mit geballten Fäusten. Aber Galt schlug nicht noch mal zu oder versuchte auch nur, seinen Arm aus Staves Griff zu befreien. Stattdessen nickte er knapp und trat zurück. Gleichzeitig ließen Branl und Clyme Covenant los und wiesen ihre leeren Hände vor, als wollten sie zeigen, dass auch sie sich ergaben.
    »Dein Gefolge scheint sich noch einmal vergrößert zu haben«, erklärte der Eifrige dem Egger. Das klang wieder selbstgefällig. »Du wirst es sicher begrüßen, dass weitere Zeugen die großartige Verwirklichung deiner Pläne miterleben werden.«
    Der Egger murmelte einen leisen Fluch, aber Linden konnte nicht verstehen, was er sagte. Sie verharrte unbeweglich, wagte kaum zu atmen, fürchtete, dass alles, was sie jetzt sagen oder tun konnte, den Bann brechen, das Mysterium des soeben Geschehenen zerstören würde.
    Irgendwie war es Stave dem Ausgestoßenen und Thomas Covenant dem Zweifler gelungen, die Gedemütigten umzustimmen.

5
    Vorbereitungen
    L inden Avery wusste kaum, was sie empfinden sollte. So viele widersprüchliche Emotionen überfluteten sie, dass sie sich kaum noch in ihnen zurechtfand. Auf dem Grund ihres Herzens hatte die Verzweiflung eine Felsklippe gebildet, über die starke Wirbel und Strömungen nach allen Richtungen hin verliefen. Sie hatte Covenant unter schrecklichen Opfern wiedererweckt, hatte sich die Möglichkeit verschafft, zu ihrem Sohn zu gelangen, indem sie alle Mittel, ihm zu helfen, aus der Hand gab. Trotzdem hatte Covenant bestätigt, dass er weiterhin an sie glaubte, sie unverdienterweise noch immer unterstützte. Tatsächlich hatte er sich so überzeugt für sie eingesetzt, dass selbst die Gedemütigten - die Gedemütigten! - eingelenkt hatten.
    Linden war Covenant verzweifelt dankbar für alles, was er gesagt und getan hatte: für alles, das darauf hinzuweisen schien, seine Liebe könnte groß genug sein, um sogar ihr gewaltiges Verbrechen zu überdecken. Andererseits schwächte diese Einstellung sie. Wie Liands damaliges Mitgefühl in Schwelgenstein beeinträchtigten Covenants Schlussfolgerungen ihre Kontrolle über sich selbst. Nach der widersprüchlichen Logik ihrer Gefühle setzte er sie herab, indem er leugnete, dass sie alles falsch gemacht hatte. Verdiente sie alle Zurückweisung, wusste sie wenigstens, wo sie stand. Tadel sagte ihr, wer sie war. Er gab ihrem Leben Sinn. Ohne ihn war sie weniger als machtlos: Sie war unbedeutend.
    So brachte ihr die Dankbarkeit zugleich Hoffnung und Verzweiflung.
    Vielleicht gehörte das dazu, wenn man Freunde hatte oder sogar Liebe fand: Man wurde kleiner, unzulänglicher und fehlbarer, als sich mit Worten ausdrücken ließ - und war dadurch nicht mehr allein. Nicht mehr allein schuldig oder allein notwendig.
    In diesem Fall war ihre Position jetzt der Staves entgegengesetzt. Ausgestoßen zu werden hatte ihm die Kraft gegeben, sich allein, ganz von seinem Volk isoliert zu behaupten. Und das hatte es ihm wiederum ermöglicht, auf eine Weise ihr Freund zu werden, die kein anderer Haruchai verstehen konnte - weil sie auf einem einsamen Beschluss, nicht auf kollektiver Notwendigkeit beruhte.
    Vor langem hatten Covenants Umstände denen Staves geglichen. Als Paria auf der Häven Farm hatte er den Mut und die Kraft gefunden, Joan ohne fremde Hilfe zu

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