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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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»dumme Trottel, lausige Blutsauger und verlogene Schweinehunde«. Als die Gruppe das Haus erreicht hatte, wandte er sich brüsk ab und stampfte durch die Tür, so daß Maisie und Danny sich wegducken mußten, um nicht unter seine genagelten Stiefel zu geraten. Als Maisie wieder aufblickte, sah sie Papa. Er war ein schmaler Mann mit schwarzem Bart und sanften braunen Augen, der den anderen in einiger Entfernung und mit gesenktem Kopf folgte. Er wirkte so niedergeschlagen und hoffnungslos, daß Maisie hätte weinen können.
    »Was ist passiert, Papa?« fragte sie. »Warum kommst du so früh?«
    »Kommt mit rein«, sagte er so leise, daß Maisie ihn gerade eben noch verstand.
    Beide Kinder folgten ihm ins Hinterzimmer. Dort kniete er sich neben die Matratze und küßte Mama auf die Lippen. Sie erwachte und lächelte ihn an, doch er erwiderte ihr Lächeln nicht.
    »Die Firma ist kaputt«, sagte er auf Jiddisch. »Toby Pilaster hat Bankrott gemacht.«
    Maisie verstand nicht, was er damit meinte, doch nach Papas Tonfall klang es wie eine Katastrophe. Unwillkürlich sah sie Danny an: Er zuckte die Achseln. Auch er begriff es nicht. »Aber warum?« fragte Mama.
    »Es hat einen finanziellen Zusammenbruch gegeben«, sagte Papa.
    »Gestern hat eine große Bank in London Pleite gemacht.« Mama runzelte die Stirn und versuchte sich zu konzentrieren. »Aber wir sind hier nicht in London«, sagte sie. »Was soll das heißen?«
    »Genaueres weiß ich auch nicht.«
    »Also hast du keine Arbeit mehr?«
    »Keine Arbeit und auch kein Geld.«
    »Aber heute haben sie dich doch bezahlt.« Papa senkte den Kopf. »Nein, sie haben uns nicht bezahlt.« Wieder sah Maisie Danny an. Das verstanden sie. Kein Geld bedeutete kein Essen, für keinen von ihnen. Danny war sichtlich erschrocken, und Maisie hätte am liebsten geweint. »Aber sie müssen dich bezahlen«, flüsterte Mama. »Du hast die ganze Woche über gearbeitet, sie müssen dich bezahlen.«
    »Sie haben kein Geld«, sagte Papa. »Sie sind bankrott. Bankrott heißt, anderen Leuten Geld zu schulden und sie nicht bezahlen zu können.«
    »Aber du hast doch immer gesagt, Mr. Pilaster ist ein anständiger
    Mann.«
    »Toby Pilaster ist tot. Er hat sich erhängt, gestern abend, in seinem Londoner Büro. Sein Sohn ist so alt wie Danny.«
    »Aber wie sollen wir nun unsere Kinder ernähren?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Papa, und dann fing er zu Maisies Schrecken an zu weinen. »Es tut mir so leid, Sarah«, sagte er, während die Tränen in seinen Bart rollten. »Ich habe dich an diesen grauenvollen Ort gebracht, wo es keine Juden gibt und niemanden, der uns hilft. Ich kann den Arzt nicht bezahlen, ich kann keine Medizin kaufen, ich kann unsere Kinder nicht ernähren. Ich habe völlig versagt. Es tut mir so leid, so schrecklich leid.« Er beugte sich vor und vergrub sein tränennasses Gesicht an Mamas Busen. Mit zitternder Hand strich sie ihm übers Haar.
    Maisie war entsetzt. Papa hatte noch nie geweint! Das schien das Ende aller Hoffnungen zu sein. Womöglich mußten sie nun alle sterben.
    Danny stand auf, sah Maisie an und deutete mit dem Kopf zur Tür. Sie erhob sich, und auf Zehenspitzen verließen die beiden Kinder das Zimmer. Maisie setzte sich auf die Eingangsstufe und fing an zu weinen. »Was sollen wir bloß tun?« schluchzte sie. »Wir müssen weglaufen«, sagte Danny.
    Bei seinen Worten bildete sich ein kalter Knoten in Maisies Brust.
    »Das können wir nicht«, sagte sie.
    »Wir müssen. Wir haben nichts zu essen. Wenn wir bleiben, verhungern wir.«
    Maisie war das egal, doch plötzlich ging ihr ein anderer Gedanke durch den Sinn: Mama würde von sich aus zu Tode fasten, um ihren Kindern Nahrung zu verschaffen. Mama würde sterben, wenn sie blieben. Also mußten sie gehen, um Mamas Leben zu retten.
    »Du hast recht«, sagte Maisie zu Danny. »Wenn wir weggehen, wird Papa vielleicht genug zu essen für Mama auftreiben können. Wir müssen wirklich gehen, um ihretwillen.« Mit einemmal wurde ihr das ganze Ausmaß des Unglücks bewußt, das ihre Familie getroffen hatte. Es war sogar noch schlimmer als an dem Tag, als sie aus Viskis hatten fliehen und das brennende Dorf hinter sich zurücklassen müssen. Ein eiskalter Zug hatte sie fortgebracht, mit ihrer gesamten Habe, die nicht mehr als zwei Segeltuchtaschen füllte. Damals war Maisie klargeworden, daß Papa sich allezeit um sie kümmern würde, was immer auch geschehen mochte. Jetzt aber mußte sie sich um sich selber

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