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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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eilig davon: Der Meister duldete keine Verspätungen.
    Seine neue Situation als Handlanger in der Gerberei verdankte Hernando dem Alfaquí und der Hure, die Fatima aufgenommen hatte: Ana María hatte sie im Obergeschoss ihres kleinen Hauses in der Bordellgasse versteckt gehalten und sie mit Hamids Hilfe versorgt. Hernando lächelte beim Gedanken an Fatima: Sie hatte dem Tod die Stirn geboten.
    Sobald der König den Befehl erteilt hatte, dass alle Morisken Córdoba verlassen sollten, beschäftigten sich die städtischen Beamten wieder mit den Vertriebenen: Sie registrierten sie erneut und verteilten sie auf verschiedene Ziele. Fatima musste das Haus der Hure wieder verlassen, und Hernando konnte feststellen, dass die Berichte stimmten, die ihnen der Alfaquí Tag für Tag hatte zukommen lassen: Man sah Fatima zwar die tiefe Trauer noch an, aber sie hatte wieder zugenommen und wirkte insgesamt ein wenig erholter.
    Kurz nachdem die Christen Juviles erobert hatten, war Hamid zum Sklav en geworden. Der Gnadenerlass des Marquis von Mondéjar hatte ihn nicht mehr retten können. In den Wirren des Gemetzels auf dem Kirchplatz hatten sich einige Soldaten der in Juviles zurückgebliebenen Männer bemächtigt und waren anschließend mit ihnen desertiert. Es dauerte nicht lange, bis Hamid sein Brandzeichen bekam und billig an einen der vielen Händler verkauft wurde, die mit den Christen unterwegs waren. Als ihn das Schicksal schließlich nach Córdoba führte, kaufte ihn der Aufseher der Bordellgasse: Gab es für ein Freudenhaus einen besseren Sklaven als einen schwachen, hinkenden Alten?
    »Wir kaufen dich frei!«, rief Hernando entrüstet.
    Hamid lächelte ihm resigniert zu.
    »Was ist mit dem Säbel?«, fragte er plötzlich.
    »Ich musste ihn im Kastell von Lanjarón vergraben …«
    Hamid bedeutete ihm, nicht weiterzusprechen.
    »Wenn jemand dazu berufen ist, ihn zu finden, wird es geschehen.«
    Hernando dachte über Hamids Worte nach, dann sprach er wieder über einen möglichen Freikauf des Alten.
    »Was soll ich denn als freier Mann? Ich kenne mich doch nur mit der Feldarbeit aus. Und wer will schon einen lahmen, alten Mann auf seinem Feld arbeiten lassen? Von den Gläubigen kann ich auch kein Almosen erwarten. Hier in Córdoba wäre ich sofort tot, wenn ich öffentlich als Alfaquí …«
    »Heißt das, du bist für die Morisken hier immer noch ein …«
    Der alte Mann führte den Zeigefinger an seine Lippen und sah sich misstrauisch um.
    »Lass uns später darüber reden«, flüsterte er. »Ich fürchte, wir haben noch sehr viel Zeit für solche Gespräche.«
    Hamid hatte Ana María erst davon überzeugen müssen, dass seine Heilkünste nichts mit Hexerei zu tun hatten. Kurz nachdem er als Sklave in die Bordellgasse gekommen war, hatte er sie einmal weinend und vollkommen verzweifelt in ihrem Zimmer entdeckt. Er fragte besorgt, was mit ihr los sei. Am Anfang schwieg Ana María hartnäckig und gab keine Antwort: Immerhin gehörte Hamid dem Aufse her … Woher sollte sie wissen, dass er sie nicht ausspionierte? Aber schließlich offenbarte sie sich dem Alfaquí doch. Sie hatte ein kleines, schmerzloses Geschwür an der Vagina, das untrügliche Zeichen für die Syphilis. Der Arzt, der auf Anweisung der Stadtverwaltung alle zwei Wochen die Gesundheit und Hygiene der Mädchen kontrollierte, hatte das kleine Geschwür bisher übersehen. Bei seinem nächsten Kontrollbesuch in zwölf Tagen würde er es aber sicherlich entdecken. Das Mädchen brach in Tränen aus.
    »Er wird mich ins Hospital de la Lámpara schicken«, weinte Ana María. »Und dort werde ich zwischen all den anderen Kranken sterben.«
    Hamid hatte schon einmal von diesem Siechenhaus gehört. Allein die Vorstellung, eines der zahlreichen Hospitäler der Stadt auch nur zu betreten, versetzte die Bewohner von Córdoba in nackte Angst. Nur die größte Not bringt einen Armen dazu, dorthin zu gehen, sagten die Leute. Auch über das Hospital de la Lámpara wurde von den Prostituierten nur in panischem Tonfall gesprochen. Der Aufenthalt dort bedeutete normalerweise einen langsamen, schmerzhaften Kampf gegen den Tod – den man immer verlor.
    »Ich könnte dir …«, begann Hamid. »Ich kenne …«
    Ana María blickte ihn mit ihren grünen Augen flehend an. War da ein Funken Hoffnung?
    »Es gibt ein altes Rezept der Muslime, vielleicht …« In den Alpujarras hatte er noch nie jemanden gegen die Syphilis behandeln müssen! Und wenn sein Heilmittel nicht anschlug? Aber da

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