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Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
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was.«
    »Aber sicher.« Er rückte auf dem Sofa nach vorn und zog seine Brieftasche hervor.
    »Wir brauchen etwas Schriftliches, vorausgesetzt, Mr. Potts überlegt es sich nicht noch anders«, sagte er.
    »Okay, notieren Sie. Schreiben Sie’s genau so auf, wie Sie’s gesagt haben. Morgen lasse ich es dann von einem Anwalt prüfen.«
    Er nahm ein Blatt Papier aus seiner Brieftasche und begann zu schreiben.
    »Schon erstaunlich«, sagte er währenddessen nachdenklich. »Den Vogel zu sehen. Wer hätte das gedacht? Selbst wenn wir keine Roitelet-Bilder finden - das allein war schon die Reise wert. Ganz im Ernst.«
    Eine Weile schrieb er schweigend weiter, dann schob er mir das Blatt hin und sah sich befriedigt um.
    »Wo ist Potts?«, fragte er wie nebenbei. »Er lässt sich ja ziemlich Zeit.«
    Der Satz hing ein paar Sekunden in der Luft, ehe jemand reagierte. Dann gerieten wir alle gleichzeitig in Bewegung. Anderson war als Erster auf den Füßen und an der Tür, ich stürmte ein paar Meter hinter ihm durch die Lobby und die Treppe hinauf. Ich war noch immer hinter ihm, als er an meine Zimmertür kam und das Schloss aufgebrochen, das Bett leer vorfand. Der Vogel war weg.
     
    In den Jahren, nachdem sie fortgegangen war, verfolgte Banks seine Arbeit wie seine Vergnügungen mit grimmigem Ungestüm. Seine wissenschaftlichen Projekte nahmen ihn ganz in Anspruch, er arbeitete unermüdlich daran, und jeden, der ihn kennen lernte, beeindruckte er mit seiner leidenschaftlichen Hingabe an den Fortschritt des Wissens. Sein Ansehen wuchs, seine Karriere gedieh, sein Ruf verbreitete sich. Drei Tage in der Woche waren allein seiner Korrespondenz gewidmet, und ein so viel beschäftigter Mann kann es sich nicht leisten, viel Zeit zur Selbstbesinnung aufzuwenden. Er verspürte auch kaum das Bedürfnis danach. Für sich selbst hatte er die Frage, die ihn in den Tagen nach ihrem Weggang so gequält hatte, schon beantwortet: Sie würden sich nie wiedersehen.
    Aber er irrte sich. Ein einziges Mal sollte er ihr noch begegnen, drei Jahre später, an einem strahlenden Frühlingsmorgen. Es war einer der letzten Tage, die er in der New Burlington Street verbrachte. Vieles ging ihm durch den Kopf, und alles heischte seine Aufmerksamkeit. Dinge mussten geregelt, Papiere unterzeichnet, Formalitäten erledigt werden. Er war an diesem Tag entsprechend angespannt und hatte nicht die Absicht, Besucher zu empfangen. Durch reinen Zufall befand er sich just in dem Moment, da ihr die Tür geöffnet wurde, auf der Treppe. Sie fragte nach ihm und bemerkte ihn erst nicht, aber er sah sie, und ihr Anblick ließ ihn abrupt innehalten. Der Schreck schnürte ihm die Brust ein. Da schaute sie hoch, und ihre Blicke trafen sich.
    Er führte sie selbst herein, und aller Zorn, den er in den Jahren seit ihrem Weggang sorgsam gehegt hatte, verflüchtigte sich bei der Berührung ihrer behandschuhten Finger. Sprachlosigkeit trat an die Stelle all der Vorwürfe, die er sich zurechtgelegt hatte, und die Kälte, die er in sich trug, verwandelte sich in reines Gefühl.
    Sie hatte sich auf den Tag vorbereitet, und so war der Schock der Begegnung für sie weniger stark. Doch als sie in sein Gesicht blickte, sah sie dort Linien, die sie nicht kannte, und Falten, wo früher keine gewesen waren. Das berührte sie in einem Maße, das sie nicht vorhergesehen hatte.
    Sie selbst erschien ihm unverändert, so anmutig und gepflegt wie an dem Tag, als er sie beim Blumenarrangieren angetroffen hatte, so beherrscht hinter ihrem Schutzwall wie vor einer Ewigkeit, als er sie in den Wäldern Revesbys angesprochen hatte.
    »Ich bin gerade in London«, sagte sie. »Ich bin gekommen, um dir zu danken.«
    Er sah, dass hinter ihr auf der Straße eine Kutsche wartete.
    »Mir zu danken?«, fragte er noch immer verwirrt.
    »Dafür, dass du uns nicht gefolgt bist.«
    Das »uns« ließ ihn aufhorchen.
    »Du meinst...?«
    »Sophia und mir.«
    »Ah, so. Das hatte ich dir doch versprochen.« Er schüttelte den Kopf und brachte ein Lächeln zustande. »In Wahrheit war ich zu sehr voller Groll. Ich wollte, dass du unaufgefordert zurückkommst.«
    Sie sah zu ihm auf, und er vermochte ihrem Blick nicht länger auszuweichen.
    »Du wusstest, dass ich das nicht tun würde.«
    »Ja. Ich wusste es wohl.«
    Sie sah sein Lächeln, aber auch seine Anspannung, und sie machte sich Vorwürfe wegen ihres unangekündigten Besuchs.
    »Ich wäre auch nicht gekommen, aber ich hatte dringend in London zu tun und wollte

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