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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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König Charles erhalten hatte – mit dem Herzog von Mailand wollte Stefano Colonna sich mittels eines eigenen Kuriers in Verbindung setzen –, verließ er Rom, ohne noch einen Blick an die altehrwürdigen Stätten, die zahlreichen Kirchen oder die imposanten Palazzi der Adelsgeschlechter wie die Colonna oder die Orsini zu verschwenden.
    Wie von Furien getrieben, preschte er in Richtung Meer, als könne er auf diese Weise alles hinter sich lassen – ganz besonders die Frau, die ihn nicht losließ, die ihn aber verlassen und sich dazu entschlossen hatte, in ihre Heimat zurückzukehren. Was musste auch der Zufall – oder war es Schicksal oder göttlicher Wille – sie ausgerechnet auf diesen Pater Anselm treffen lassen?
    Keinen Blick schenkte er der Landschaft, die er durchquerte, trieb Adomar zu Höchstleistungen an und erreichte so noch vor Einbruch der Nacht den Hafen und die „Else von Wismar“.
    Kapitän Hanns warf einen verwunderten Blick auf die schweißfeuchten Flanken des Hengstes, als Robyn an Bord kam.
    „So sehr hättet Ihr Euch nicht beeilen müssen, Chevalier. Schließlich beabsichtige ich, erst morgen oder übermorgen abzulegen.“ Suchend blickte er sich um. „Wo habt Ihr denn Euren hübschen Knappen gelassen? Was sollen wir ohne ihn tun, wenn uns erneut Piraten zu überfallen drohen?“
    Doch Robyn war nicht nach Scherzen zumute. „Lasst es gut sein, Kapitän. Morgen ist auch noch ein Tag“, erwiderte er ausweichend, da ihm im Augenblick nicht der Sinn danach stand, dem Kauffahrer eine Erklärung zu geben.
    Hanns von Wismar zuckte die Achseln und begab sich wieder zu seiner Mannschaft, um zu überprüfen, dass diese die Fracht ordentlich an Bord brachte.
    Derweil versorgte Robyn seinen Hengst – das Packpferd hatte er an den Stallmeister Stefano Colonnas verkauft, da er es auf der Seereise nicht mehr benötigte – und begab sich danach zu seinem Schlafplatz, wo er in tiefes Grübeln verfiel.
    Nach und nach kam das schwarze Ross näher, und auch wenn Leonor den Reiter noch nicht genau erkennen konnte, kam ihr dessen Haltung doch vertraut vor.
    Robyn!
    Warum befand er sich auf dem Weg zurück nach Rom? Hatte er etwas vergessen, das seinen Auftrag betraf? Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen. War Kapitän Hanns vorzeitig abgereist, und es lag kein anderes Schiff mehr im Hafen, das ihn zurück nach Frankreich bringen würde?
    Leonor trieb ihren Wallach zum Galopp an.
    Oder kehrt er zurück, um mich zu suchen?
    Mit donnernden Hufschlägen näherte sich Adomar und wurde schließlich meisterhaft gezügelt von seinem Reiter.
    Auch Leonor hielt ihr Pferd an, und Tarras umkreiste freudig bellend den Hengst des Chevaliers.
    Beinahe gleichzeitig sprangen Leonor und Robyn aus dem Sattel und gingen dann zögernd aufeinander zu, jeweils im Blick des anderen nach einer Botschaft suchend.
    Schließlich hielt Leonor es nicht mehr aus. Was hatte sie zu verlieren? Selbst wenn sie sich lächerlich machte … Sie lief los und warf sich Robyn an die breite Brust. Als er sie nicht sogleich an sich drückte, dachte sie schon, sie hätte den Ausdruck in seinen Augen falsch gedeutet. Doch dann spürte sie, wie er sie mit beiden Armen umschlang, und hörte, wie er ihr atemlos ins Ohr flüsterte: „Leonor, meine Leonor.“
    „Robyn“, murmelte sie an der warmen Haut seines Halses. „Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.“
    „Ach Leonor! Wie konnte ich dich nur in Rom allein zurücklassen?“
    Sie hob den Kopf und entdeckte in seinem Blick all das, was sie dort immer zu finden gehofft hatte. Sie schwelgte in dem Gefühl, Robyn endlich so nahe zu sein, ihn zu spüren und zu wissen, dass er ebenso nach ihr verlangte wie sie nach ihm.
    Das Rumpeln eines Leiterwagens und das Gejohle von Bauern, die sie verächtlich musterten, rissen Leonor und Robyn aus ihrer innigen Umarmung und Wiedersehensfreude.
    „Warme Brüder!“, rief einer der Landmänner und spuckte aus. „Hat man jemals so was gesehen. Zwei Kerle, die sich am helllichten Tag in den Armen liegen.“
    „Die Pest über euch!“, schrie ein anderer.
    „Ha, in der Hölle wird es wohl warm genug für euch sein“, giftete eine Bauersfrau.
    Als ein Stein flog und Leonor an der Schulter traf, schob Robyn sie fürsorglich hinter sich, um sie zu schützen. Dann zog er sein Schwert, obwohl ihm sonst jede Gewaltanwendung zuwider war. Drohend hob er die Waffe und sagte mit gefährlich leiser Stimme: „Zieht weiter, gute Leute. Geht eurem Tagwerk

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