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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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Gefährtin ihrer Jugendzeit, bis Leonor vor nunmehr fast drei Sommern mit Graf Konrad vermählt worden war und die Burg ihrer Eltern im nahe gelegenen Elsass verlassen hatte.
    Die Verbindung mit Graf Konrad von Eschenbronn galt als äußerst vorteilhaft, und obwohl Leonor ihren Zukünftigen vor der Hochzeit nur ein einziges Mal gesehen hatte, bangte ihr nicht vor einem Leben an der Seite des ansehnlichen blonden Mannes, der ihr höflich und zuvorkommend begegnet war. Güte und Zuneigung hatte sie in seinen hellblauen Augen gelesen.
    Gern hatte sie ihm ihr Jawort gegeben, denn um wie viel schlimmer ihre Zukunft hätte aussehen können, war ihr klar, wenn sie an das Schicksal ihrer Cousine Mathilde dachte, die dem jähzornigen Emile de Mazagran zur Gemahlin gegeben worden war, der sie, wie man hörte, regelmäßig züchtigte. Da dies jedoch das Recht eines jeden Ehemanns war, griff niemand von der Familie ein. Gleichwohl hatte Leonor sich des Öfteren gefragt, warum Mathildes Eltern ihre einzige Tochter dem unbedeutenden und berüchtigten Emile de Mazagran zur Frau gegeben hatten. Gewiss hätte ihre Cousine eine weitaus bessere Partie machen können.
    Doch auch wenn sie selbst mit der Wahl der Eltern einverstanden war, so erinnerte sich Leonor, war der Abschied von der Mutter und der geliebten Schwester nach dem Brautgelage nicht ohne Tränen verlaufen. Sogar ihr Vater hatte sich verstohlen über die Augen gewischt, als er sie der Obhut des Schwiegersohnes übergab. Doch da Burg Eschenbronn nur wenige Tagesritte entfernt lag, würde man einander zu Fest- und Feiertagen wiedersehen.
    Und so war Leonor frohen Mutes Konrad zu seiner Burg gefolgt, einer imposanten Feste, die, umgeben von hohen Eschenbäumen, auf einem Hügel lag. Von der Spitze des alten Bergfrieds, der mehr als zweihundert Jahre zuvor errichtet worden war, bot sich ein herrlicher Blick auf die umliegenden Wälder und Felder, die zum Besitz des Grafen gehörten und seinen Wohlstand begründeten. Im Talgrund plätscherte ein munteres Bächlein, das, zusammen mit den Eschen, der Burg ihren Namen verliehen hatte. Im erst vor wenigen Jahren erbauten Palas, dem Wohntrakt der Familie, hatte sie alle erdenkbaren Annehmlichkeiten vorgefunden, die Kemenate war bequem und kostbar eingerichtet, und das gräfliche Schlafgemach mit dem unerwartet breiten Bett lud ein zu wonniglichen Stunden.
    Wonnigliche Stunden …
    Leonor ließ ihre Gedanken zurückwandern zu dem Tag, an dem sie auf Eschenbronn eingetroffen war. Als Tochter eines Vicomte war sie durchaus an Annehmlichkeiten jeder Art gewöhnt, insbesondere da ihre Mutter stets für solche Dinge gesorgt hatte. Doch Konrad hatte seinen Stammsitz ihr zuliebe offensichtlich auf das Feinste herausputzen lassen. Nachdem ihr nach der Ankunft ein stärkendes Mahl mit allerlei köstlichen Speisen gereicht worden war, hatte Konrad sie untergehakt und ihr voller Stolz seine Burg gezeigt. Ob im Frauengemach, in dem ein schönes Spinnrad stand – allerdings beschäftigte sich Leonor nicht allzu gern mit weiblichen Fertigkeiten wie Spinnen und Sticken – und das von einem eindrucksvollen Kamin beherrscht wurde, der an kalten Wintertagen wohlige Wärme versprach, oder in der großen Schlafkammer – überall spürte sie, dass ihr Gemahl auf ihr Wohl bedacht gewesen war. Besonders in dem Raum, in dem sie die Nächte miteinander verbringen würden. Ein wenig fürchtete sie sich schon davor, auch wenn ihre Mutter ihr gesagt hatte, was sie erwartete. Mit Schmerzen müsse sie rechnen – gerade beim ersten Mal, aber das würde vorübergehen. Und vor allem solle sie immer im Auge behalten, dass es ihre vornehmste Pflicht sei, ihrem Gemahl einen Erben zu schenken. Würde ihr dies gelingen, sei es das größte Glück, das einer Frau zuteilwerden könnte. Allzu viele Gedanken hatte Leonor sich darüber allerdings nicht gemacht, denn es war ihr bereits das Glück zuteilgeworden, die Frau eines jungen, stattlichen – und wie es den Anschein hatte – fürsorglichen Mannes zu werden, der sie keineswegs abstieß, sondern sie neugierig darauf machte, wie es sein mochte, in seinen Armen zu liegen.
    Leonor erinnerte sich, wie erstaunt sie gewesen war, als sie im Schlafgemach ein Gemälde entdeckt hatte, das die der Bettstatt gegenüberliegende Wand zierte. Sofern es überhaupt Fresken in Schlafkammern gab, zeigten diese meistens Szenen aus dem Leben der Heiligen. Auf diesem Fresko jedoch erblickte sie eine Landschaft – den Wiesengrund

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