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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Froben. »Irgendjemand muss ihn dort versteckt und das Geheimnis mit ins Grab genommen haben.«
    »Wenn ihr den Ort entdeckt, würdet ihr uns dorthin führen?«
    »Nie im Leben, bei meiner Seele nicht!«
    »Dann hast du dein Leben verwirkt.«
    Vater, dachte Teresa verzweifelt, sag doch, dass du ihnen den Kandelaber überlässt, sofern wir ihn finden. Kannst du nicht einmal über deinen Schatten springen?
    »Ihr könnt ihn haben!«, rief sie.
    »Nein!«, donnerte Froben. »Das ist mein letztes Wort.«
    Mit unvorstellbarem Grauen sah Teresa, wie einer der Männer in eine Ecke der Höhle ging und mit einer Phiole zurückkam, die eine durchsichtige Flüssigkeit enthielt. »Du wirst jetzt das hier trinken«, sagte der Dai zu Froben. Er nahm dem Mann das Fläschchen aus der Hand und ging zu ihrem Vater hinüber. Der Assassine, der hinter ihm stand, hielt weiterhin das Messer an seine Kehle. Teresa glaubte, ohnmächtig zu werden, doch sie hielt ihre Augen weiterhin auf ihren Vater, den Dai und die Männer gerichtet.
    »Geschieht meiner Tochter nichts, wenn ich dieses Fläschchen leere?«, fragte Froben.
    »So ist es«, war die Antwort des Dai .
    Froben ergriff die Phiole, setzte sie an die Lippen.
    »Vater, nein!«, schrie Teresa wie von Sinnen. »Bei der Seele unserer Mutter, lass es bleiben, lass geschehen, was diese Leute wollen!«
    »Deine Mutter hätte sicher nicht anders gehandelt, und sie hätte von mir erwartet, dass ich das für dich tue«, erwiderte ihr Vater.
    Liebte er sie so sehr, dass er sich für sie opfern wollte? Fetzen von Erinnerungen gingen ihr durch den Kopf, der Augenblick fiel ihr ein, als er so wütend war, dass Markus sie beim Baden beobachtet haben könnte. Aber es durfte nicht sein, nein, lieber wollte sie selber sterben. Sie war schuld daran, dass sie in diese Situation geraten waren.
    Froben hob das Fläschchen abermals an die Lippen, setzte es noch einmal ab.
    »Eines musst du mir versprechen, Teresa«, sagte er, und sie sah, dass seine Augen feucht waren.
    »Ich verspreche dir alles, wenn du nur nicht aus dieser Flasche trinkst!«
    »Du musst mir versprechen, den Kandelaber zu finden und unsere Chronik zu Ende zu schreiben. Du hattest schon immer einen Schutzengel, er wird dir auch diesmal helfen.«
    Mit diesen Worten setzte er die Flasche ein letztes Mal an und trank sie in einem Zug leer. Teresa fühlte nichts mehr. Keiner der Anwesenden regte sich. Dann fasste sich Froben an den Magen und stöhnte. Er brach in die Knie, würgte, hustete und übergab sich. Seine Haut war totenbleich, die Augen waren weit aufgerissen, der Schweiß strömte ihm übers Gesicht. Ein Schwall von Blut kam aus seinem Mund, und Froben brach zusammen.
    Auf Befehl des Dai wurde er aus der kleineren Höhle hinausgetragen in die größere. Niemand hinderte Teresa daran, ihm zu folgen. Der Mann, der Froben weggetragen hatte, ließ die beiden allein. Sie fühlte seinen Puls, der kaum spürbar war. Ohnmächtig musste sie mit ansehen, wie ihr Vater durch alle Stadien der Vergiftungging, während zugleich sein Gesicht immer eingefallener wirkte. Er versuchte zu sprechen. Teresa rannen die Tränen über das Gesicht. Sie näherte ihr Ohr seinem Mund.
    »Du … weißt, was du mir versprochen hast?« Seine Worte waren kaum zu verstehen, dann hustete er wieder Blut. Ein Zittern ging durch seine Glieder, der Körper krampfte sich zusammen und bäumte sich ein letztes Mal auf. Dann war es vorüber. Teresa brach schluchzend über ihm zusammen.

27.
    Jemand zog sie von ihrem Vater weg, band ihr die Hände zusammen und verknotete ein Tuch vor ihren Augen. Ihr war alles gleichgültig geworden. Die Reise, die mit so großen Hoffnungen begonnen hatte, war zu Ende. Sie hatte nichts gewonnen, sondern alles verloren. Wie im Fieber nahm sie die Geräusche um sich herum wahr. Die Männer unterhielten sich leise in ihrer Sprache. Teresa wurde aus der Höhle hinausgeführt. Der Boden war uneben und glitschig, so dass sie mehrfach stolperte und gefallen wäre, wenn die Hand, die sie führte, sie nicht gehalten hätte. Mehrere Arme hoben sie auf ein Pferd, und als es sich in Bewegung setzte, bemühte sie sich krampfhaft, sich durch den Druck ihrer Schenkel im Sattel zu halten.
    Nach einem endlos erscheinendem Ritt – es ging meist bergauf – hielt das Pferd an, und sie wurde heruntergehoben. Sie kamen in ein Gebäude, das kalt war und nach alten Decken roch, vielleicht eine verlassene Burg. Teresa wurde in einen Raum hineingestoßen, die

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