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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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wie du«, gab Froben zurück. »Wie ich sehe, sind wir in einer Tropfsteinhöhle gelandet.«
    Teresa hatte von solchen Höhlen gehört. Die Tropfsteine wurden durch Kalkablagerungen gebildet, die in der Zeit von Millionen Jahren durch das ständig tropfende Wasser von der Decke herunter-und auf dem Boden emporwuchsen. Aber es war keine Zeit, darüber nachzudenken. Vor ihnen baute sich eine Gestalt mit dunklem Mantel und Kapuze auf und zischte: »Haltet den Mund. Ihr werdet später durch unseren Anführer verhört, da könnt ihr dann reden.«
    Wo waren sie nur wieder hineingeraten? Warum hatte der blonde Junge sie nicht gewarnt? Sie hatte ihn durch ihre Gier und ihre Unbelehrbarkeit vertrieben. Dies war nun die gerechte Strafe dafür. Es war ihre Schuld, dass auch Froben in diese missliche Lage geraten war.
    »Verzeih mir, Vater«, formte sie fast unhörbar mit den Lippen.
    »Da gibt es nichts zu verzeihen«, flüsterte er. »Ich habe eingewilligt weiterzureisen. Es ist meine Schuld. Aber, Teresa, hör gut zu! Sollte mir etwas zustoßen, findest du die Golddukaten eingenäht in meine Satteltasche, die werden sie nicht finden.«
    »Dir wird nichts zustoßen! Und wenn, dann auch mir.«
    Als hätte er ihre Worte nicht gehört, murmelte ihr Vater: »Du musst den Kandelaber finden und ihn in Sicherheit bringen. In die Hände dieser Männer darf er auf keinen Fall gelangen!« Er verstummte, da der Mann im dunklen Mantel sich wieder näherte. Er lockerte ihnen die Handfesseln, so dass sie sich halbwegs aufsetzen konnten. Teresa versuchte einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. Mund und Nase waren verhüllt, nur die Augen stachen schwarz hervor. Teresa musste unwillkürlich an eine Schlange denken. Der Mann stellte ihnen Brot und Wasser hin und entfernte sich wieder. In einiger Entfernung war ein Tuscheln und Raunen zu hören, in einer Sprache, die Teresa nicht verstand.
    »Das ist Arabisch«, wisperte Froben ihr zu.
    Mit ungeschickten Bewegungen verzehrten sie das Brot und tranken aus dem Krug. Wenn sie uns verhören wollen, werden sie uns nicht gerade vorher vergiften, dachte Teresa. Das Gespräch der Männer wurde lauter, sie schienen sich zu streiten. Wahrscheinlich wogen sie das Für und Wider ab, ob sie ihre Gefangenen gleich oderspäter töten sollten. Aber nein, sie sollten sie ja zum Kandelaber führen, zu der Menora.
    Einige Zeit später kam der Mann zurück, fesselte ihre Hände erneut auf ihren Rücken und nahm den Wasserkrug mit. Teresa wusste nicht, ob es schon Morgen war oder noch Nacht. Das Geräusch des tropfenden Wassers lullte sie ein. Wieder sah sie das blonde Kind im Arm ihrer Mutter.
    Sie schreckte auf, als sie grob am Arm gepackt wurde. Der Mann im Kapuzenmantel löste ihrer beider Hand- und Fußfesseln und führte sie in den hinteren Teil der Höhle. In einer Nebenhöhle, die wie eine kleine Moschee geformt war, lagen dicke, gemusterte Teppiche zu Lagen aufgeschichtet. An den Wänden hingen brennende Fackeln. Vier Männer saßen im Kreis um einen weiteren Mann in einem nachtblauen Gewand. Sein Mantel war reich mit Gold und Silber bestickt. Ein süßer, würziger Duft stieg Teresa in die Nase. Das hatte sie doch schon irgendwo gerochen … richtig, in der Kirche in Agenbach. Beim Gedanken, dass es sich um dieselben Männer oder zumindest um Angehörige derselben Gruppe handeln könnte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Derjenige, den sie für den Anführer hielt, befahl ihnen, sich auf zwei Lederhocker zu setzen, die vor den Teppichen standen.
    »Wisst ihr, warum ihr hier seid?«, fragte der Mann. Er hatte eine Stimme, die Teresa an ein Schwert denken ließ, das sich mit einem anderen kreuzte.
    »Nein«, entgegnete Froben.
    »Nein, Ergebenster und Durchlauchtester Dai heißt das« versetzte der Mann barsch. »Ich bin der Missionar der Schiiten, die den Gottesstaat einrichten werden. Ihr seid hier, um uns zu verraten, wo sich der wunderbare Kandelaber befindet, den ihr sucht.«
    »Wir wissen nicht, wo er ist, noch wo wir ihn suchen sollen«, antwortete Froben.
    »Ihr lügt!«, belferte der Dai. »Der Eremit in der Provence hat euch den Namen des Bibliothekars verraten, und dieser Bibliothekar hat euch den Rest der Geschichte erzählt.«
    »Er hat uns zwar einiges erzählt, aber nicht den Standort des Kandelabers verraten. Den kannte er ebenfalls nicht.«
    »Noch einmal: Ihr lügt! Aber wartet, wir haben noch andere Möglichkeiten, um euch zum Reden zu bringen. Wir können euch die Haut mit

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