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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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unseren Dolchen ritzen, sie auch aufschneiden, dass sie sich abschält wie die Haut einer Orange, wir können euch blenden, euch alle Knochen brechen …«
    »Das wäre verschwendete Zeit«, sagte Froben müde.
    Teresa hatte zu zittern begonnen.
    »Ich frage euch zum letzten Mal: Wo befindet sich der Kandelaber?«
    »Wir wissen es nicht«, gab Teresa zurück.
    »Ihr habt selbst gewählt. Doch heute Nacht wollen wir uns nicht weiter damit befassen, wir haben noch anderes zu tun. Bringt mir die Ungläubigen aus den Augen!«
    Der Mann, der sie hergebracht hatte, packte sie und führte sie zu dem Lagerplatz zurück, wo er sie erneut fesselte. Bevor er ging, holte er eine Decke aus seinem Tornister und breitete sie über die beiden.
    Die folgenden Stunden verbrachte Teresa schlaflos. Ihr Körper war steif, ihre Glieder schmerzten. Ab und zu wechselten sie und ihr Vater flüsternd ein paar Worte. Irgendwann musste sie hinübergedämmert sein. Sie erwachte von dem Geräusch schlurfender Schritte. Zwei Beine, die in hohen Stiefeln aus Ziegenleder steckten, ragten vor ihr auf. Ihr Mund und ihre Kehle waren trocken, und sie begann zu zittern. Ein Blick auf ihren Vater zeigte ihr sein bleiches, übernächtigtes Gesicht, die Onyxaugen flackerten. Der Mann löste ihnen wie am Abend davor die Fesseln, dann riss er sie nacheinander auf die Beine und richtete einen reich verzierten Dolch auf Teresas Brust. Sie schwitzte und konnte nicht mehr richtig atmen. Gedanken an Schmerz und Tod rasten durch ihren Kopf.
    Als sie schließlich wieder auf den Lederhockern vor dem Dai saßen, fürchtete sie, sich übergeben zu müssen. Wo war eigentlich dasSchwert, das Froben ihr einmal gekauft hatte? Ach ja, man hatte es ihr weggenommen. Sie bedauerte zutiefst, dass sie sich im Schwertkampf niemals geübt hatte. Aber der Dolch musste noch irgendwo sein, den hatte sie in einer Tasche ihrer Pilgerkleidung verborgen. Verstohlen tastete sie danach. Richtig, er war noch da.
    Der Dai war mit einem langen Kaftan und einem Überwurf aus Fellen bekleidet. In dem verhüllten Gesicht mit dem dünnen Schal vor dem Mund waren nur die Augen zu sehen, welche die beiden vor ihm Sitzenden anstarrten. Die anderen Männer trugen sandfarbene Pluderhosen, Hemden und Jacken, die mit Taschen und Ösen für ihre Waffen versehen waren. An den Jacken waren eiserne Plättchen befestigt, um Angriffe abzuwehren, sowie Kapuzen, die sie sich schnell übers Gesicht ziehen konnten. Teresa nahm das alles wahr, als hätte die Zeit sich verlangsamt. Es würgte sie noch ein wenig, aber ihre Angst hatte den Höhepunkt überschritten, so dass sie nur noch Leere spürte. Sie tun dir nichts, sagte sie sich immer wieder, sie brauchen dich noch, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Aber was war mit Froben? Ihm hatte der erste Anschlag auf Burg Wildenberg gegolten, und er war fehlgeschlagen.
    »Wollt ihr uns heute erzählen, wo sich der Kandelaber befindet?«, fragte der Dai mit drohendem Unterton.
    »Wir können es heute ebenso wenig sagen wie gestern«, antwortete Froben.
    Der Dai gab einem seiner Leute einen Wink. Der Mann trat hinter Froben und legte die Schneide seines Dolches an dessen Kehle. Teresas Knie wurden so weich, dass sie fürchtete, umzufallen. Sie griff nach dem Messer in ihrer Kutte. Sofort war ein anderer Mann bei ihr, drehte ihr die Hand um, bis der Dolch zu Boden fiel. Wenn sie ihn doch nur früher angewandt hätte! Jetzt war alles verloren! Der Mann zerrte ihr Skapulier über der Brust auf und griff an ihr Kleid, das mit einem hässlichen Ratschen riss. Schamesröte stieg in Teresas Gesicht. Die Augen der Männer glitzerten gierig.
    »Ich werde meine Männer jetzt die Erlaubnis geben, sich an deiner Tochter zu vergreifen«, sagte der Dai schneidend.
    Bitte, lieber Gott, lass es nicht wahr sein, lass mich aus diesem Alptraum erwachen, dachte Teresa.
    »Es ist euch nicht erlaubt, eine Christin zu berühren«, hörte sie ihren Vater mit fester Stimme sagen.
    »Um zu unserem Ziel zu gelangen, ist uns alles erlaubt!«, schrie der Dai .
    »Glaubst du etwa, die Moslems hätten keine Christinnen vergewaltigt, als sie eure Heiligen Stätten eroberten? Ein Platz im Paradies war ihnen damit sicher!«
    Teresa sah, wie sich der Adamsapfel ihres Vaters bewegte.
    »Und wenn ich Euch sage, wo ich den Kandelaber vermute – lasst Ihr sie dann gehen?«, fragte er.
    »Sag es, aber versuche nicht, uns zu täuschen!«
    »Ich glaube, dass der Kandelaber nie aus Jerusalem weggebracht wurde«, sagte

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