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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Auftrag erfüllen und dich rächen!
    »Nein, natürlich nicht. Wir müssen uns nur gegen diese Beeinflussung wehren.«
    »Und von hier fliehen, sobald sich eine Möglichkeit ergibt.«
    »Falls jemand lauscht, wird er nicht viel mitbekommen haben«, sagte Teresa.
    Sie unterhielten sich weiter im Flüsterton. Teresa war froh, dass Markus ihr keinerlei Vorwürfe machte. Es musste gegen Mittag sein, als ihnen wieder ein Essen gebracht wurde. Auch wenn die Gefahr bestand, dass etwas von dem Kraut beigemischt war, aßen sie es mit gutem Appetit.
    Gegen Abend, als das Licht hinter dem schmalen Fenster dunkler wurde, kamen vier Wächter, fesselten ihnen die Hände und brachten sie hinaus. Zunächst folgten sie ihren Bewachern durch einen Gang, der nach oben offen war. Bruchstücke der Mauern lagen auf dem Boden. Anscheinend war nur ein Teil der Burg, die schon vor mehr als zweihundert Jahren geschleift worden sein musste, restauriert worden. Über den Zinnen des Wehrgangs sah Teresa den Bergfried, der klobig in den grauen Himmel ragte. Verstohlen sah sie sich um und prägte sich alles genau ein. Es würde verdammt schwer werden, von hier zu entkommen. Nahe dem Bergfried mussten sich die Ställe befinden, Teresa hatte Pferdeäpfel auf dem Hof gesehen. Sie stiegen eine Treppe hinunter und gelangten in einen verhältnismäßig großen Raum, dessen Fenster mit Tierfellen verhängt waren. Überall an den Wänden hingen brennende Fackeln, Kohlenbecken spendeten Wärme.
    Etwa zwanzig Personen saßen im Kreis um einen Mann herum,den Teresa schon kennengelernt hatte. Ihre Gesichter waren von Kapuzen mit Augenschlitzen verhüllt. Der Dai trug er einen bodenlangen Kaftan mit Fellen. Er saß auf einem hochlehnigen Stuhl, der mit Gold und Edelsteinen verziert war. Die anderen hockten auf rotblau gemusterten Teppichen. Die Anwesenden hoben nicht die Köpfe, als Teresa und Markus den Kreis erreichten. Ihre Bewacher bedeuteten ihnen mit Knüffen, dass sie sich in der Mitte des Kreises niederlassen sollten.
    Der Anführer starrte Teresa und Markus abwechselnd an. »Seid willkommen in unserer Mitte, liebe Gäste«, sagte er und bemühte sich offenbar, seiner Stimme einen angenehmen Ton zu verleihen. Machte er sich über sie lustig?
    »Wie ihr sicher schon gemerkt habt, wollen wir euch kein Haar krümmen«, fuhr der Anführer, den sie Dai nannten, fort. »Wir bieten euch an, bei uns aufgenommen zu werden mit der Aussicht, das Paradies zu erlangen. Ihr müsst einzig versprechen, uns zu dienen, in dem ihr den Kandelaber, die große Menora, die im Besitz unserer Vorväter war, für uns findet und sie uns überlasst, damit wir sie an ihren rechtmäßigen Ort zurückbringen können.«
    »Warum gerade wir – warum ich?«, platzte es aus Teresa heraus.
    »Du bist die einzige Frau, die den Weg zur Menora kennt, weil du hellsichtig bist.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Dann seid ihr beide des Todes.«
    »Dann werdet ihr aber die Menora niemals finden!«
    »Wir wissen schon, wo sie ist. Das hat euer Freund im Kloster Montserrat noch gestanden, bevor einer meiner Männer ihm die Kehle aufschlitzte.«
    Teresa zuckte zusammen. Also doch … Die Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Warum müsst ihr andere töten? Ist nicht schon genug Blut in der Welt geflossen, seit den Kreuzzügen und auch jetzt?«
    »Der Tod bedeutet nur den Übergang in eine andere Welt«, sagte der Dai. »Die himmlischen Freuden werden wir erst im Paradiesgenießen. Zu leben ist eine Nebensache, alles bewegt sich auf den Tod zu, den großen Unbekannten, der das Dasein eines jeden tapferen Mannes krönt, der es zur Vollendung bringt.«
    Sie würden vor nichts zurückschrecken, vor Folter nicht und nicht vor Mord. Teresa schaute Markus einen Herzschlag lang an. Er nickte unmerklich.
    »Wir sind bereit dazu, Euch zu dienen«, sagte sie mit fester Stimme. »Sagt mir, was wir tun sollen.«
    Der Dai gab einem seiner Männer einen Wink. Der nahm eine Fackel und verteilte die wohlbekannten braungrünen Päckchen über den Kohlebecken. Eins davon stand in der Mitte der Gruppe. Der wohlbekannte würzige Geruch breitete sich aus. Teresa fühlte sich bald benebelt. Ihre Arme und Beine wurden schwer. Sie sah Markus an und merkte, dass er lächelte. Seine Pupillen waren tiefschwarz. Die Männer begannen in einen eintönigen Singsang zu verfallen, zwischendurch lachten sie und schüttelten ihre Fäuste gegen die Decke. Teresa hörte alles sehr laut, als säßen die Sänger und Lacher direkt

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