Die Pilgerin von Montserrat
Tempelritter über eine imposante Streitmacht von mehreren Tausend Rittern und entsprechendem Fußvolk. Mit der Eroberung Akkons am 18. Mai 1291 durch die Muslime endete das christliche Zwischenspiel im Heiligen Land. Nur wenige Ritter und Einwohner der Stadt, unter Ihnen der Großmeister Johann von Villiers, konnten entkommen.«
»Und was wurde aus den Johannitern?«, fragte Teresa.
»Im Jahr 1530 erhielten sie Malta von König Karl V. als Geschenk. Sie sind noch hier und widmen sich der Krankenpflege. Der achteckige Grundriss dieser Festung erinnert an ihre Herkunft.«
Eine Möwe flog über Teresas Kopf hinweg und schien zu lachen. Gleich darauf tauchte die rundliche Gestalt des Priesters Balthasar Roque auf.
»Ihr seid auf den Spuren der Ritterorden unterwegs, nicht wahr?«, fragte er und zwinkerte. »Da habe ich auch einen Beitrag beizusteuern. Es geht um das Schicksal der Templer. Nachdem 1187 Jerusalem an Sultan Saladin aus Ägypten gefallen war, verloren die Templer ihren Stammsitz. Sie blieben bis zum Jahr 1303 im Heiligen Land. Ihre Gemeinschaft war jedoch eine andere geworden. Sie hatten unermesslichen Großgrundbesitz und beherrschten das europäische Bankwesen. Da sie keinem Herrn und keinem König mehr unterstellt waren, bildeten sie eine Geheimgesellschaft mit eigenen Regeln. Bald kamen Gerüchte über sie in Umlauf.«
»Sie sollen bei der Initiation Neumitglieder gezwungen haben, andere Männer auf Lippen, Gesäß und Hinterbacken zu küssen, das Kreuz zu bespucken, den Teufel anzubeten und die Asche verstorbener Templer zu essen«, warf Markus ein.
»Wie ich sehe, seid Ihr ein Kenner der Historie«, bemerkte Roque anerkennend. »Sie sollten Jungfrauen geschwängert haben und deren neugeborene Kinder überm Feuer geröstet haben, um Fett für die Salbung ihrer Teufelsbilder zu gewinnen.«
»Das ist reiner Aberglaube«, sagte Teresa.
»Nanu?«, fragte Markus. »Ich dachte immer, du seiest selber abergläubisch?«
»Aber an solche Ammenmärchen glaube ich nicht.«
»Der schlimmste Vorwurf aber, der ihnen gemacht wurde«, fuhr Roque fort, »war der, dass sie das Heilige Land absichtlich den Moslems überlassen hätten. Es sei ein Pakt mit dem Teufel gewesen, um sich ihre Reichtümer zu sichern. Der Baphomet, eine Verballhornung des Propheten Mohammeds, wurde als edelsteinbesetzter Schädel, als hölzerner Phallus oder als eine Satansgestalt, halb Frau und halb Ziege, dargestellt.«
»Den Rest der Geschichte kennen wir«, sagte Markus. »Der letzte Großmeister wurde verbrannt, nachdem er sein Geständnis widerrufen hatte.«
»Etwa zwanzig Templer waren dem Massaker Philipps des Schönen entkommen«, mischte sich Kolumban ein. »Es ist anzunehmen, dass der Orden weiterbestand oder noch besteht. Die Templer haben sich in alle Welt zerstreut, und ich glaube, dass sie sich mit anderen Orden zusammengeschlossen haben.«
»Mit den Johannitern, den Maltesern oder sogar den Assassinen?«
»Das ist alles im Bereich des Möglichen«, gab Kolumban zur Antwort. »Möglich ist auch, dass der Schatz der Templer noch irgendwo verborgen ist.«
»Und dass ihnen ein Stück davon fehlt«, platzte Teresa heraus. Im nächsten Augenblick hätte sie sich am liebsten auf den Mund geschlagen.
»Was meint Ihr damit?«, fragte der Priester.
»Na, irgendein Stück könnte doch gestohlen worden sein«, antwortete Teresa.
»Seid lieber vorsichtig mit solchen Äußerungen«, sagte Kolumban. »Mir ist aufgefallen, dass sich dieser Peres, der aussieht wie ein treusorgender Familienvater, auffallend für diese Dinge interessiert.«
»Mich hat er auch schon versucht auszufragen«, meinte Teresa.
Vom Schiff her kam ein Hornsignal, Zeit, an Bord zurückzukehren und wieder in See zu stechen, mit Kurs auf Kreta und auf Zypern, die Insel der Aphrodite.
29.
Die Gebirge der Insel Kreta tauchten auf. Das Schiff fuhr entlang der Nordküste. Teresa konnte Wildziegen sehen, die auf den Höhen weideten. Geier umkreisten einsam die Felsen. Die Küste war sehr steil, so dass die Brandung sich donnernd an ihr brach. Erst in Heraklion, das einen geschützten Hafen besaß, konnten sie haltmachen. Teresa, Markus und der Gelehrte Kolumban streiften durch die engen Gassen. Die Luft war mild. Schafskäse, Oliven und Trauben wurden angeboten, aber auch Hirse und venezianische Masken. Seit dem 15. Jahrhundert sei die Insel im Besitz der Republik Venedig, erzählte ihnen Kolumban. Vorher hatten die Sarazenen sie in Besitz genommen. Viel zu
Weitere Kostenlose Bücher