Die Pilgerin von Montserrat
Gestalten in langen Mänteln? Richtig, und sie steckten die Köpfe zusammen und starrten dann zu ihnen herüber.
»Schau mal«, flüsterte sie. »Das müssen zwei der Männer sein.«
»Verdammt!« Markus unterdrückte einen weiteren Fluch. »Sicher hat die alte Barthexe uns verraten. Wahrscheinlich haben sie alle Wirtsleute am Hafen befragt. Ich hoffe nur, dass sie sich nicht heimlich an Bord schleichen.«
»Wir könnten den Kapitän bitten, das Schiff morgen zu durchsuchen«, meinte Teresa. Die Gestalten hatten sich inzwischen entfernt.
»Das macht uns nur verdächtig. Wir werden es selbst durchsuchen.«
In der Nacht konnte Teresa schlecht schlafen. Immer wieder wachte sie auf und horchte auf das Ächzen der Schiffsplanken. Sonst blieb alles still. Am Morgen, nachdem sie das Schiff unauffällig durchsucht und keinen Hinweis auf die Männer gefunden hatten, mussten sie feststellen, dass weitere Passagiere an Deck gekommen waren: ein lebhafter, dicker Spanier mit Frau und zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, ein Priester in Benediktinertracht und ein älterer, spindeldürrer Mann, der einen Käfig mit einem grünen Papagei bei sich hatte.
Teresa stand mit Markus auf der Bugplattform und sah zu, wie die Seeleute das Schiff vom Pier losmachten. Unter vielen Zurufen wurden die Segel gehisst. Vom Land her wehte ein frischer Wind. Bald erreichten sie das offene Meer. Die Häuser der Stadt wurden immer kleiner, still grüßte die Kathedrale herüber. Möwen umkreisten schreiend das Schiff, das Wasser schäumte vor dem Bug, und die Luft schmeckte nach Seetang und Gischt. Im Osten stieg langsam die Sonne über den Horizont, und weiter südlich hoben sich die Berge der Inseln Menorca und Mallorca aus dem Dunst.
Je weiter sie auf das offene Meer kamen und je stärker der Mistral wehte, desto heftiger begann das Schiff zu schaukeln. Teresa wurde es speiübel. Sie stand an der Reling, fror im Wind und schaute starr geradeaus auf den Horizont, um sich nicht übergeben zu müssen. Am Abend hatte sie sich an das Schaukeln gewöhnt.
Zwei Tage dauerte die Überfahrt bis Cagliari auf Sardinien. Hier wurden einige Güter ausgeladen, Salz, Kork, Olivenöl, Wein, maurische Schneckenhäuser und Muscheln. Dafür kam frische Ware an Bord: gelbe Tomaten, Fleisch, lebende Hühner und Gänse, Wasser, Wein und Bier. Das Schiff nahm Kurs auf Malta. Die langen Tage auf See vertrieb Teresa sich mit Lesen und Notizen für die Chronik,nachdem der Kapitän ihr Papier, eine Feder und ein Tintenfass gegeben hatte. Mittags half sie dem Koch beim Zubereiten der Mahlzeiten. Einmal sah sie fliegende Fische, ein andermal Delfine, die dem Schiff eine Zeitlang folgten und drollige Sprünge durch das Wasser machten. Sie und Markus unterhielten sich mit dem Kapitän, dem Kaufmann José de Peres, der eine Ladung Kork nach Jerusalem bringen wollte, seiner dicken Frau Rosina und den nicht weniger molligen und frechen Kindern Juan und Carmen. Der Priester Balthasar Roque kam aus Santiago de Compostela, wie er erzählte, und machte eine Wallfahrt ins Heilige Land. Frederico Kolumban schließlich, der dürre Gelehrte mit den vorstehenden Augen und dem Papageienkäfig, betrieb Forschungen über die Kreuzzüge.
In der Nacht kam ein Sturm auf, der alles durcheinanderwarf. Am nächsten Morgen war das Deck mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. In Malta lag das Schiff zwei Tage zum Beladen und Entladen. Teresa und Markus gingen an Land, um die Bauten des Malteser Ritterordens anzuschauen. Kolumban begleitete sie. Die Insel bestand aus gelblichen Felsen; in demselben Ton waren auch die Häuser gehalten, von denen einige arabisch anmuteten. In der milden Wintersonne stiegen sie auf die Festung St. Elmo, die wie ein achteckiger Stern angelegt war. Von hier aus konnte Teresa die tiefblaue Fläche des Meeres sehen, die Steinbrocken am Ufer mit der schäumenden Brandung und weiter im Norden die kleineren Inseln Gozo und Comino.
»Das ist eine Festung der Johanniter, einer Abart des Templerordens«, sagte Kolumban.
»Wie hängt das miteinander zusammen?«, fragte Teresa interessiert.
»Die Moslems hatten nach der Eroberung Jerusalems einen unbändigen Hass auf die Christen«, erzählte der Gelehrte. »Diesen Hass hatten die Kreuzritter sich jedoch durch das Massaker selbst zuzuschreiben. Da nun ständig Übergriffe auf christliche Pilger stattfanden, wurde der Orden der Johanniter militärisch ausgerichtet.Kurze Zeit später verfügte der Orden der
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