Die Pilgerin von Montserrat
Silberschmiede, dem Sägen der Tischler, dem Klopfen der Schuhmacher, Kesselflicker, Kupferschläger, Waffenschmiede. Die beiden ritten kreuz und quer durch die Stadt, um etwaige Verfolger abzuschütteln. Als sie sich sicher waren, kehrten sie zum Platz des Felsendoms zurück. Es dauerte nicht lange, bis sie das Haus des Gelehrten Saloman gefunden hatten. Es stand aber nicht in der Nähe des Felsendoms, sondern in der Judengasse, anscheinend dem einzigen Ort, an dem Juden wohnten. Auf ihr Klopfen öffnete ihnen ein wohlgerundeter Mann mit schwarzem Vollbart und rosiger Gesichtshaut. Seine braunen Augen blickten warm und verschmitzt. Er trug einen grauen Kaftan und einen Fellhut.
»Shalom«, sagte er und lächelte. »Mit wem habe ich die Ehre?«
»Shalom«, antwortete Markus und verbeugte sich leicht. »Wir sind Wallfahrer auf dem Weg zum Heiligen Grab. Zuletzt waren wir in Spanien, im Kloster Montserrat.«
»Ah, habt ihr dort meinen Freund, den Gelehrten Gabriel de Montaña getroffen?«
Markus räusperte sich. »Eben der hat uns Eure Adresse gegeben. Wir wissen aber nicht …«
»… ob er noch am Leben ist? Hat jemand behauptet, er sei es nicht? Nun, ich kann Euch beruhigen. Erst gestern ist ein Brief von ihm eingetroffen, mit Datum vom 9. Dezember des Jahres.«
»Wie kann der so schnell hierher gelangen?«, fragte Teresa.
»Ein Schiff hat ihn mitgenommen, das noch mehr Post aus Europa brachte.«
»Dann ist es aber schneller gesegelt als unseres«, meinte Markus.
»Die Postschiffe sind immer schneller, weil sie nicht in so vielen Häfen anlegen. Doch sei’s drum. Ich heiße Euch willkommen in meinem bescheidenen Haus. Ich lebe hier ganz allein und kann Euch nicht die Behaglichkeit bieten, die ihr gewohnt seid.«
»Das ist sehr freundlich von Euch«, sagte Teresa. »Wir wollen es auch nicht umsonst. Mein Vater hat uns einiges hinterlassen, womit wir diese Reise bezahlen können.«
»Das kommt nicht in Frage.« David Saloman wischte die Einwändemit einer Handbewegung weg. »Teresa von Wildenberg und Markus Schenk, Ihr sollt meine Gäste sein in den nächsten Tagen. Woher ich Eure Namen weiß? Nun, Gabriel de Montaña erforscht dieselben Dinge wie ich, und ich erhoffe mir von Euch einige Hinweise für meine Studien.«
Er führte sie in die Wohnstube, die durch einen silbernen Kandelaber erhellt wurde. Ein Feuer im Kamin verbreitete behagliche Wärme. An den Wänden standen Regale mit unzähligen Büchern, und in der Mitte des Raumes befand sich ein Stehpult mit einem aufgeschlagenen Folianten. Teresa musste an die Bibliothek in ihrem Elternhaus denken, und ihre Augen wurden feucht. Gott sei Dank war Gabriel de Montaña noch am Leben. Sie hätte seinen Tod nicht auch noch verwinden können. Der Gelehrte bat sie, auf zwei runden, bunt verzierten Lederkissen Platz zu nehmen, und ließ sich auf einem eben solchen nieder. Er kratzte sich am Kopf.
»Was geschah auf Montserrat, nachdem Ihr mit Gabriel de Montaña gesprochen hattet?«, fragte er. »Gabriel schrieb mir, dass Ihr nach Barcelona und wahrscheinlich nach Jerusalem weiterreisen wolltet. Man hätte versucht, ihn mit Keksen zu vergiften.«
»Die Männer, die uns seit unserer Abreise verfolgten – oder die zumindest in einem Zusammenhang mit ihnen standen«, antwortete Markus, »verschleppten Teresa und ihren Vater, erst in eine Höhle, wo Froben von Wildenberg an einem Gifttrank starb, dann in eine verlassene Burg. Ich selber wurde in einer Kirche auf der anderen Seite des Berges erwischt, als ich zufällig eine ihrer Versammlungen belauschte. Sie brachten mich mit Teresa zusammen und verlangten von uns, sie zu der Menora zu führen.«
»Wie hättet Ihr das tun können?«, wollte Saloman wissen.
»Sie sprachen von Teresas Hellsichtigkeit. Um uns gefügig zu machen und unsere Köpfe zu vernebeln, zündeten sie ein stark duftendes Kraut über Kohlebecken an.«
Saloman nickte bedächtig. »Die Hashishin – das Kraut öffnet den Weg zum Paradies.«
Er erhob sich, ging hinaus in die Küche und kehrte mit einemgroßen Krug, einem halben Laib Brot und einem Stück Käse zurück. »Meine Magd ist schon gegangen«, entschuldigte er sich, lief noch einmal hinaus und brachte drei Becher.
»Was ist das für ein Getränk?«, fragte Teresa.
»Seschar, bei Euch nennt man es Bier. Das Bierbrauen haben wir von den Ägyptern übernommen.«
Sie aßen und tranken eine Weile, dann fuhr Saloman fort: »Wie ging es weiter?«
»Es gelang uns zu fliehen«, setzte
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