Die Pilgerin von Montserrat
Markus seinen Bericht fort. »In Barcelona fanden wir ein Schiff, das uns zu einem annehmbaren Preis mitnahm ins Heilige Land.«
»Wurdet Ihr verfolgt?«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Teresa. »Am Abend, bevor wir ausliefen, fielen uns zwei vermummte Gestalten am Kai auf. Sie waren aber bald wieder verschwunden, und auch eine Durchsuchung des Schiffes ergab nichts.«
»Fuhren noch weitere Passagiere mit?«
»Ja, ein spanischer Kaufmann mit seiner Familie, ein Priester und ein Gelehrter, ein Forscher mit einem Papagei.«
»Ich denke, der harmloseste von den dreien, der Kaufmann, war der Kundschafter der Assassinen. Sie instruieren häufig völlig unerfahrene Bürger und ziehen sie auf ihre Seite. Ich hoffe, dieser spanische Kaufmann ist Euch nicht gefolgt.«
»Wir sind kreuz und quer durch die Stadt geritten, um eventuelle Verfolger abzuschütteln«, sagte Teresa.
»Die Welt ist klein, und fremde Pilger sind in Jerusalem leicht auszumachen«, überlegte der Gelehrte. »Sei’s drum, das ist jetzt nicht mehr zu ändern.«
»Was würdet Ihr uns raten?«, fragte Markus und sah David Saloman ins Gesicht.
»Ich würde Euch raten, nicht klein beizugeben. Der Tod von Teresas Vater wurde durch diese Männer verschuldet. Im Alten Testament steht: › Mein ist die Rache‹, spricht der Herr , und an einer anderen Stelle: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wenn aber ein schlimmesUnglück entstanden ist, so sollst du geben: Lebendige Seele an Stelle von lebendiger Seele, Auge an Stelle von Auge, Hand an Stelle von Hand, Fuß an Stelle von Fuß, Brandmal an Stelle von Brandmal, Wunde an Stelle von Wunde, Strieme an Stelle von Strieme . Das ist aus der hebräischen Bibel, Exodus 21, und 22 bis 24.«
»Es geht noch um mehr«, warf Teresa ein. »Ich habe meinem Vater bei seinem Tod versprochen, die Menora zu finden und zurückzubringen. Und das alles in unserer Chronik zu beschreiben.«
»Das ist ein hochstehendes Anliegen«, sagte Saloman. »Doch Ihr müsst sehr vorsichtig zu Werke gehen.«
»Was meint Ihr denn, wo sich die Menora befinden könnte?«, fragte Markus. Beide sahen den Gelehrten gespannt an.
»Soviel ich weiß und soweit ich forschen konnte, gilt nur als gesichert, dass sie im Jahre 70 aus Rom verschwunden und seitdem verschollen ist. Die wildesten Gerüchte haben sich um ihren Verbleib gesponnen. Möglich ist, dass die Sarazenen sie raubten und sie später über Ägypten wieder nach Jerusalem kam. Ob es nun wirklich die Menora war, die Eurem Vorfahren geschenkt wurde oder bei den Kämpfen in die Hände fiel, sei dahingestellt. Ich halte es für genauso wahrscheinlich, dass Gottfried von Bouillon oder später König Balduin II. sie den Kreuzrittern schenkten und sie zum legendären Templerschatz gehörte. Das würde erklären, warum die Assassinen, die ja ein Bündnis mit den Templern hatten, so sehr darauf aus sind, sie wieder in ihre Hände zu bekommen.«
»Und wo sollen wir suchen?« Teresas Herz hatte stärker zu klopfen begonnen. Wieder einmal fühlte sie sich ihrem Ziel sehr nah.
»Ich selbst habe einmal an der Stelle gesucht«, fuhr Saloman fort, »an der Gisèle, Friedrichs Braut, begraben sein sollte. Es gab Hinweise auf ein Grab, doch es war leer.«
»Wahrscheinlich hat Friedrich die Gebeine später doch noch überführt«, meinte Teresa.
»Das ist auch nicht so wichtig. Außerdem habe ich mir die Genehmigung geholt, Grabungen unter dem Felsendom vorzunehmen, dem Platz, an dem der zweite Tempel Salomons stand. Dashatten auch die ersten Templer schon getan. Da sie aber nichts fanden, auch die Bundeslade nicht, die sie dort vermuteten, gibt es wiederum nur zwei Möglichkeiten: Euer Vorfahr Friedrich hat die Menora wirklich im Felsendom gefunden und sie irgendwo hingebracht, oder er hat sich das alles nur ausgedacht, und sie ist von den Templern auf eine ihrer Burgen in Syrien gebracht worden. Die Assassinen hatten einen Pakt mit ihnen und waren den Tempelrittern tributpflichtig. Ihr größter gemeinsamer Schatz, die Menora, muss von irgendjemandem gestohlen worden sein, nach Meinung Eurer Verfolger von Eurem Vorfahren.«
»Könnte es sein, dass Friedrich selber ein Templer und Assassine war?«, gab Markus zu bedenken. »Und er hat den Schatz für sich selbst beansprucht?«
»Das wissen wir nicht und werden wir vielleicht auch nie erfahren. Gabriel de Montaña hat in seinem Brief eine Andeutung fallen lassen. Er schrieb, ich solle doch einmal die Templerburg Kerak in Syrien aufsuchen oder die
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