Die Pilgerin von Montserrat
Festung Crac des Chevaliers und schauen, ob sich dort Hinweise ergeben. Den Stammsitz des Alten vom Berge, Masyaf in Syrien, habe ich schon eingehend untersucht. Möglich wäre auch die Burg Alamut am Kaspischen Meer, ebenfalls eine wichtige Bastion des Alten vom Berge. Zumindest vermutet Gabriel de Montaña, einer Eintragung in einer alten Schrift nach zu schließen, dass an einem dieser Orte eine Papyrusrolle mit Angaben zum Verbleib des Schatzes versteckt ist.«
Kerak, Masyaf, Alamut – Namen, die Teresa das Blut in den Adern rauschen ließen.
»Warum hat er uns nichts davon erzählt?«, fragte sie.
»Er hätte es sicher getan, wenn Ihr es nicht so eilig gehabt hättet«, war Salomans Antwort. »Übermorgen will ich aufbrechen«, fuhr er fort. »Ich reise mit einer Karawane, die Waren durch die syrische Wüste nach Persien und von anderen Händlern über die Seidenstraße nach China bringen will, und würde mich glücklich schätzen, wenn Ihr mich begleitet.«
30.
Hoch über ihnen flirrte der weißblaue Himmel, die Sonne brannte unbarmherzig herab. Weit und breit nur Wüste, gelbgraue Sandflächen, die der Wind zu Dünen aufgetürmt hatte. In der Ferne schwammen bizarre Bergketten, wogten auf und ab in der spiegelnden Luft. Die mehr als hundert Tiere der Karawane waren mit Säcken voller Datteln, Orangen und kleineren Edelsteinbeuteln beladen, mit Wasserschläuchen und getrocknetem Fleisch als Wegzehrung für die Menschen. Es roch nach Schweiß und Kamelmist. Teresas Augen waren von Sand verklebt, das Atmen fiel ihr schwer. Der vorderste Reiter sang eintönige Melodien.
Vier Tage und Nächte währte die Reise. Nachts schliefen sie in Zelten, und Teresa musste Unmengen von Decken und Fellen über sich häufen, um nicht zu frieren. Dann gelangten sie zum Scheideweg. Die Karawane zog weiter Richtung Tripolis, Teresa, Saloman und Markus wandten sich nach Westen, der Burg Kerak zu. Vier Beduinen begleiteten sie zu ihrem Schutz. Sie verbrachten einen Tag mit Nachforschungen und Grabungen auf der Burg, die nur noch eine Ruine war, fanden aber nichts.
Weiter ging es in endlosen, kräftezehrenden Tagesmärschen. Die Festung Crac des Chevaliers lag auf etwa 3000 Fuß Höhe oberhalb einer kleinen Stadt. Als sie sich mühselig hinaufgearbeitet hatten, fanden sie eine grandiose Ruine. Hier würde gewiss keine Schriftrolle verborgen sein. Trotzdem untersuchten sie jedes Fleckchen Erde und jeden Fels und drehten so gut wie alle Steine um. Teresa begann zu verzweifeln. War alles umsonst gewesen, sollten sie umkehren? Dazu waren aber weder Saloman noch Markus zu bewegen. Und sie selbst hatte sich viel zu sehr da hinein verrannt, um jetzt einfach aufzugeben. Ihre Route führte sie nach Persien. Bis siealle Wüsten durchquert, alle Gebirgszüge überwunden hatten, vergingen vierzig Tage. Es war jetzt Mitte Januar.
Teresa fühlte sich zu Tode erschöpft. Sie war abgemagert, fühlte sich krank und völlig leer. Nur der Gedanke an die Menora hielt sie noch aufrecht. Sie bemerkte die besorgten Blicke der beiden Männer, doch sie versperrte sich nur immer mehr dagegen, umzukehren oder auch nur auf ihren Rat zu hören, eine längere Rast einzulegen. Von Überfällen waren sie Gott sei Dank verschont geblieben. An einem der nächsten Tage ritt Teresa vor den beiden Männern her. Vor ihr bewegten sich die Beduinen. Was für ein sinnloses Unterfangen das doch war! Sie durchquerten endlose Wüsten, bewegten sich um die halbe bekannte Welt herum und wussten nicht einmal, was genau sie suchten, noch wo sie es finden könnten. Teresa war am Ende ihrer Kräfte. Wäre sie doch zu Hause geblieben und hätte mit ihrem Vater friedlich an der Chronik weitergeschrieben! Weder die Menora noch Markus, weder die Assassinen noch die Tempelritter noch Gabriel de Montaña wären in ihr Leben getreten. Diese Reise war verflucht, sie selbst war verflucht, alles, was sie tat, konnte nur weiteres Böses hervorbringen. Wenn es einen Gott gab, warum half er ihr nicht aus dieser Hölle heraus? Ihr war übel, alle Knochen taten ihr von dem wochenlangen Ritt weh. Gott würde ihr niemals verzeihen, was sie angerichtet hatte in ihrer Besessenheit.
Im nächsten Augenblick wurde es still um sie herum, ihre Begleiter verschwanden. Über dem Wüstensand, über den kargen Felsen schimmerte es, als wenn sich dort ein herrlich klarer See ausbreitete. Seit mehr als einem Tag war ihnen das Wasser ausgegangen. Sie trieb ihr Tier darauf zu, um abzusteigen, sich das
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