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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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mit, den Mönch aus diesem Kloster, der mich auf meiner Reise begleitet hat.«
    Teresa verabschiedete sich. Im Klosterhof traf sie eine Gruppe von Mönchen, die grußlos, den Blick starr vor sich auf den Boden gerichtet, vorübergingen. Eine unbestimmte Angst ergriff sie, machte ihre Knie weich und ihre Hände feucht. Sie kehrte auf demselben Weg zum Bauernhof der Schenks zurück, auf dem sie in der Frühe gekommen war. Obwohl die Sonne weiterhin von einem blauen Himmel lachte, schien sich die Gegend verdüstert zu haben.
    Am Abend, als das Licht des Tages allmählich verschwand, verließen Teresa und Markus das Haus seiner Eltern. Sie hatte das Bauernkleid mit einem ihrer eigenen Kleider vertauscht. Auf einem hölzernen Steg überquerten sie die Kinzig. Damit sie von niemandem gesehen wurden, hatte Markus vorgeschlagen, einen Pfad durch den Wald zu nehmen, den er aus seiner Jugend kannte. Es ging steil bergauf, so dass Teresa heftig atmen musste. Hier im Wald war es schon dämmerig. Teresa konnte die Umrisse der Bäume nur schattenhaft erkennen. Nach etwa dem Viertel einer Stunde schlängelte sich der Weg wieder bergab. Unten in dem engen Tal tauchte die Mühle auf, von der Matthias gesprochen hatte. Die letzten Sonnenstrahlen fielen auf das bemooste, schon etwas schiefe Gebäude, an dessen Seite sich ein Wasserrad drehte. Platschend ergoss sich das Aufschlagwasser in die Rinne, das Rad polterte wie der Schlag eines Herzens. Ansonsten herrschte absolute Stille, kein Blatt raschelte im Wind. Teresa sah etwas aufleuchten. Matthias war umdie Ecke der Mühle gekommen, sein blondes Haar hing ihm seidig in Stirn und Nacken. Er zog sie hinter das Haus, wo ein Ablaufgraben das Wasser weiterleitete. Sie setzten sich ins Gras, das noch warm vom vergangenen Tag war.
    »Ich will keine großen Umstände machen«, sagte Matthias. »Die Dinge, die ich Euch jetzt erzählen werde, sind von außerordentlicher Wichtigkeit.«
    Teresa hatte keine Vorstellung davon, um was es sich handeln könnte. Sie blickte – ebenso wie Markus – dem Jungen gespannt ins Gesicht. Er wandte seinen Kopf in Richtung des Klosters, atmete tief ein und aus und begann mit seinem Bericht.
    »Ich habe mir oft Gedanken über meine Herkunft gemacht«, sagte er und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine dunkelblauen Augen schimmerten in der aufkommenden Dunkelheit. »Wann immer ich fragte und wen ich auch fragte – ich bekam stets zur Antwort, ich sei ein Findelkind gewesen, das von einem Kräuterweib vor nunmehr zehn Jahren an der Klosterpforte abgegeben worden sei. Nachdem ihr im letzten Herbst abgereist ward, kam eines Tages ein alter Hakenschütze ins Kloster und wünschte mich zu sprechen. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit vertraute er mir etwas an.«
    Matthias schluckte. Vor lauter Aufregung krallte Teresa die Hände in ihr Kleid.
    »Dieser Schütze sagte mir«, fuhr Matthias fort, »dass er alt und sehr krank sei, er leide an der Schwindsucht. Er habe in seinem Leben eine Tat begangen, die er nie bereut habe, aber die er mir nun offenbaren müsse, um in Frieden sterben zu können. Was sollte ich mit ihm zu tun haben, drängte ich ihn, begierig, sein Geheimnis zu erfahren. Vor etwa zehn Jahren, sagte er, habe der Besitzer der Burg Wildenberg eine Reise gemacht, die ihn ein halbes Jahr von seiner Heimat wegführte. Er war öfter unterwegs, vor allem, um seiner Raritätensammlung neue Schätze hinzuzufügen.«
    »Mein Vater!«, entfuhr es Teresa. Ihr Körper war so angespannt, dass es fast wehtat.
    »Die Gattin des Froben von Wildenberg wurde bald darauf schwanger, ohne dass die Eheleute es bei seiner Abreise gewusst hätten. Sie brachte ein Kind zur Welt, einen Jungen. Einige Jahre davor hatte sie zwei Mädchen das Leben geschenkt. Kurz nach der Geburt starb sie an Cholera, wie es hieß. Das war jedoch eine Lüge. Der Schwager von Frobens Frau hatte diese Lüge in die Welt gesetzt, um sein schändliches Verbrechen zu verbergen. Weil die Krämpfe und Hautverfärbungen bei einer Arsenikvergiftung ganz ähnlich sind wie bei der Cholera, hatte er ihr dieses Gift verabreicht, um sich in den Besitz der Burg und der Ländereien seines Bruders zu bringen. Mir, so sagte dieser Alte, gab er den Auftrag, das Kind in den Wald zu bringen und zu töten. Dafür wollte er mich reichlich entlohnen. Ich wehrte mich dagegen, doch er drohte, mich zu entlassen und dafür zu sorgen, dass ich nie wieder eine Anstellung bekommen würde. So ging ich schweren

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