Die Pilgerin von Montserrat
katholische Rom.«
»Das Zentrum der Gegenreformation, könnte man auch sagen.«
Teresa schaute Markus an. »Und was willst du machen?«
»Ich werde in die Kirche gehen, für unsere weitere Reise beten und später das Badehaus aufsuchen.«
Täuschte sie sich, oder zwinkerte er ihr zu? Auf dem Weg kaufte Teresa bei einem Händler ein Kleid, aus hellem Atlas, mit Puffärmeln, tiefem Ausschnitt und geschlitztem Rock. Beim Betreten des Badehauses, einem weißlichen gotischen Bau, empfing sie der Geruch nach Feuchtigkeit und Seife. Ein leicht bekleidetes Bademädchen nahm ihr den Mantel ab. Teresa entkleidete sich und stieg ins Wasser. Bald breitete sich ein wohliges Gefühl in ihrem Körper aus. Über ihr spannte sich eine Gewölbedecke. Durch das Fenster fiel goldenes Licht, und das Wasser eines Kanals gluckerte an dem Badehaus vorbei. Ein anderes Bademädchen, blondlockig und rotwangig, brachte ein Brett und stellte es vor ihr auf die Wanne; darauf legte sie Pflaumenkuchen und Konfekt. Wie schön, einmal wieder etwas Süßes zu essen! Ein Lautenspieler schlug sein Instrument an und sang ein Liebeslied. Der Badegeselle heizte den Ofen an und schüttete einen Aufguss aus Thymian und Salbei darüber, so dass sich duftende Schwaden im Raum verbreiteten. Teresa schaute sich um. Es waren andere Badende anwesend, auch Männer. Glücklicherweise verhüllte ein Vorhang aus weißem Nesselstoff sie vor den Blicken der anderen. An den Rufen, den Bemerkungen und dem Klopfen merkte sie jedoch, dass einige zechten oder Karten spielten. Sicher verschwanden die Männer ab und zu mit einem der Mädchen in einem Hinterzimmer.
Teresa strich mit der Hand über die zart gerötete Haut ihres Bauches. Sie setzte sich auf, als das Bademädchen kam. Die junge Frau rieb ihren Rücken mit einem Schwamm ab und wusch ihr Haar mitSeife. Sie reichte ihr ein Handtuch. Teresa trocknete sich ab und schlüpfte in die frischen Kleider. Die Pilgergewänder waren gereinigt worden und noch etwas feucht. Teresa ließ sich die Fingernägel maniküren, zahlte und trat hinaus ins Freie. Sie fühlte sich wie neugeboren.
Die Sonne schien ihr ins Gesicht, und das neue Kleid fühlte sich gut an. Allzu lange hatte sie ihre Formen unter den Pilgerkleidern versteckt. Auf einer Mauer saß Markus und schaute ihr entgegen. Sie fuhr zusammen. Hatte er gespürt, dass sie während des Bades an ihn gedacht hatte? Sie ging zögernd auf ihn zu. Er stand auf und kam ihr entgegen.
»Ich bin hier, um auf dich aufzupassen«, sagte er. »Aber niemals hätte ich gewagt, zusammen mit dir ins Badehaus zu gehen. Ich weiß, was mir dann blüht.«
»Ach ja? Was blüht dir denn?«
»Zumindest eine schwere Rüge deines Vaters. Von dir wahrscheinlich eine Abfuhr.«
»Darfst du überhaupt ins Badehaus, mit deinem Gelübde?«
Er lachte. »Der Arm meines Abtes ist weit«, meinte er. »Komm, lass uns ein wenig spazierengehen.«
Sie überquerten eine Holzbrücke, die sich zierlich über einen der Kanäle schwang.
»Ich bin froh, endlich einmal allein mit dir sprechen zu können«, sagte er im Weitergehen. »Sonst ist ja immer dein Vater dabei. Ich wollte dich etwas fragen. Misstraust du mir?«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Dein Benehmen gegen mich ist so … abweisend. Manchmal liege ich nachts wach und grüble darüber nach, was ich getan haben könnte.«
Sie legte ihre Hand auf seine. Wie kräftig und warm sie war!
»Markus, es ist … ich bin einfach unsicher. Ich weiß nicht, was hinter alldem steckt. Und mir ist auch nicht klar, warum du diese Reise mit uns angetreten hast. Du hast doch keinerlei Vorteil davon!«
»Muss man bei dem, was man tut, immer einen Vorteil haben?«
»Es muss zumindest einen Sinn ergeben. Mein Vater und ich machen diese Pilgerreise, weil wir der Wahrheit näherkommen wollen.«
»Vor allem der Wahrheit über den Kandelaber, nicht wahr?«, fragte er.
»Ja, vor allem auch dieser Wahrheit. Und was sind deine Beweggründe?«
»Erst einmal finde ich es aufregend, in die Welt hinauszuziehen, anstatt hinter verstaubten Büchern zu sitzen. Und dann … es hat auch mit dir zu tun.«
Also doch, da war von Anfang an etwas zwischen ihnen gewesen.
Teresa errötete.
»Wenn du noch ins Badehaus willst, sollten wir umkehren.«
»Du versuchst abzulenken«, meinte er lächelnd.
Er blieb stehen und fasste sie an beiden Armen. Der Ausschnitt ist viel zu tief, dachte Teresa. Welcher Teufel hatte sie geritten, als sie dieses Kleid kaufte? Ihre Knie wurden
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