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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihm Jauche gegeben. Auch Rigobert ließ sich einen weiteren Becher kredenzen, und die drei anderen Männer leerten ebenfalls einen zweiten Becher.
    »Sollen wir die Pferde ein wenig verschnaufen lassen?«, fragte Rigobert seinen Begleiter.
    Tilla erstarrte, denn wenn die Männer abstiegen und sich umsahen, bestand die Gefahr, dass sie entdeckt wurde. Zu ihrer Erleichterung lehnte Schrimpp jedoch ab. »Dafür ist es noch zu früh. Ich will heute noch die eine oder andere Meile zurücklegen. Weiter oben soll es mehrere Klöster geben, in denen wir sicher besser untergebracht werden als bei diesem Bauerngesindel. Außerdem will ich richtigen Wein trinken, sozusagen auf Tillas Wohl!«
    Er lachte dabei meckernd und Tilla fragte sich, was es damit auf sich haben mochte. Immerhin suchten die beiden schon mehrere Monate nach ihr, und sie mussten es doch allmählich leid sein.
    »Erinnere mich nicht an dieses Miststück!« Rigobert bellte wie ein gereizter Hund. »Wenn ich daran denke, wie lange wir ihr gefolgt sind, und nun das!«
    Anton Schrimpp lachte meckernd. »Seien wir doch froh, dass wirden Tölpel dort hinten aufgegriffen haben. Sonst hätten wir wohl nie von ihrem Schicksal erfahren und würden das Land noch bis Santiago durchkämmen. So aber können wir endlich nach Hause zurückkehren und Otfried berichten, dass seine Schwester in diesem fremden Land elendiglich umgekommen ist.«
    »Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten sie erwischt und nicht die Marodeure. Ich kenne nämlich die Schatulle, die Otfried zurückhaben will. Mein Onkel hatte seine wichtigsten Papiere darin geborgen, und ich hätte gar zu gerne einen Blick hineingeworfen. So wie mein Schwager sich angestellt hat, muss etwas darin sein, was für ihn lebenswichtig ist oder ihn zutiefst beunruhigt. Mit den Dokumenten hätte ich ihm höchstwahrscheinlich einen großen Teil des Vermögens aus den Zähnen ziehen können, das er mir und meiner Familie abgenommen hat. Sonst wäre ich dem Miststück doch nicht so weit gefolgt.« Rigobert Böhdinger stieß noch ein paar Flüche aus, die Tilla und Otfried gleichermaßen galten.
    Damit reizte er Anton zu einem weiteren Lachen. »Wenn du so hinter dem Kasten her bist, dann musst du den Söldnern folgen und zusehen, ob du ihn bekommst. Aber glaube nicht, dass Otfried oder ich besonders um dich trauern werden, wenn die Kerle dir deine eigenen Eingeweide zeigen.«
    »Es hätte wohl kaum Sinn, nach den Söldnern zu suchen, denn Tillas Mörder dürften die Schatulle aufgebrochen und alles, was sie nicht brauchen konnten, weggeworfen haben. Die Papiere liegen jetzt wohl verstreut im Wald oder werden vom Wind über die Berge getrieben, bis sie verfaulen. Das ärgert mich maßlos, denn ich hätte allzu gerne gewusst, was meinem Schwager solch große Sorgen bereitet hat.« Rigobert trauerte sichtlich den Möglichkeiten nach, die ihm die Papiere hätten verschaffen können.
    Schrimpp hingegen zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, du unterschätzt den guten Otfried. Ihn würde ich mir an deiner Stelle nicht zum Feind machen. Der hat Ehrgeiz, sage ich dir! Wenn wir nach Hause kommen, nimmt er bestimmt schon eine hohe Stellung in der Stadt ein oder hat gar schon selbst das Amt des Bürgermeisters übernommen.«
    Das wird Koloman Laux nicht zulassen, dachte Tilla und hätte es beinahe laut gesagt, konnte die Worte jedoch noch im letzten Moment zurückhalten. Auch sie beschäftigte nun die Frage, was außer dem Testament ihres verstorbenen Mannes und ihrem Heiratskontrakt noch in der Schatulle sein mochte, und plötzlich bekam sie Angst um ihre mütterliche Freundin Elsa Heisler. Was war, wenn Otfried Verdacht schöpfte und ihre einstige Kinderfrau so lange quälte, bis sie ihm die Kassette übergab? Würde er sie dann auch umbringen, so wie er es bei ihrem Vater getan hatte? Jemand, der einmal gemordet hatte, konnte es jederzeit wieder tun.
    Ganz in ihre Sorgen verstrickt, übersah sie, dass Rigobert Böhdinger und Anton Schrimpp die Becher zurückreichten und ihre Pferde antrieben. Dank oder gar Lohn für die Labe erhielten Olivia und ihre Frauen nicht.
    Die weise Frau des Dorfes blickte den Reitern nach, bis diese jenseits des Bergkamms verschwunden waren, und trat dann zu Tilla. »Diese Männer waren nicht gut«, sagte sie, obwohl sie wusste, dass ihr Gast sie nicht verstehen konnte.
    Sie zog Tilla kurz an sich und umarmte sie, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit nach draußen: Dort taumelte der Mann, der Böhdinger

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