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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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haben Ihre Sklaven freigelassen. Warum?«
    »Weil der Wohlstand Amerikas nicht durch Ausbeutung und Sklaverei erkauft sein darf !« Sie bemerkte, wie hochtrabend das klang, und biss sich auf die Lippen.
    »Soso, der Wohlstand Amerikas!« Tyler lächelte nachsichtig. »Verehrte Mrs. Lorimer, falls es Ihrer Aufmerksamkeit bisher entgangen sein sollte: Dieser Wohlstand, von dem Sie sprechen, wird von einer Anzahl industrialisierter Staaten im Norden geschaffen, und zwar von freien Männern aller Stände, die sich harter Arbeit nicht schämen. Während sich der Süden in feudaler Großmannssucht gefällt, werden diese Männer der Nordstaaten die Welt verändern … Aber zurück zu Ihrem Problem. Sie haben Ihre Sklaven, wohlgemerkt wertvolle Wirtschaftsgüter, ersatzlos aufgegeben. Freie Landarbeiter können Sie nicht bezahlen, also werden Sie weder in einem Jahr noch sonst irgendwann wieder Ihre Plantage bewirtschaften können.«
    Er wollte ihre Kreditakte endgültig beiseiteschieben, da legte Antonia ihre Hand darauf. »Warten Sie! Meine Leute werden ohne Bezahlung arbeiten.«
    Tyler hob ungläubig die Brauen. »Wieso glauben Sie, die Schwarzen würden das für Sie tun?«
    »Legacy ist ihr Zuhause, genauso wie meines. Darum werden sie keinen Lohn verlangen. Aber um die Leute und ihre Familien zu ernähren, benötige ich Ihren Kredit.«
    »Und welche Sicherheit können Sie mir geben?«
    »Nun, Mr. Tyler, ich gebe Ihnen mein Wort.«
    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme. »Das Ehrenwort einer Südstaatenlady und der gute Wille einer Handvoll freigelassener Schwarzer?« Er nickte langsam. »Ich werde darüber nachdenken.«

3.
    Antonia wusste nicht, wie lange sie schon auf dem kalten Boden kauerte, neben dem Mann in seinen blutstarrenden Kleidern. Er war schwer verwundet und bewusstlos. Das ganze Ausmaß seiner Verletzungen mochte sie sich gar nicht vorstellen. Sie erinnerte sich, dass bei dem Dinner auf Prospero Hill von einem Gefecht mit britischen Nachschubtruppen am Santee River die Rede gewesen war. Captain Reed hatte erwähnt, die englische Vorhut sei bei dem Zwischenfall vollständig vernichtet worden. Sollte der Verletzte etwa die lange Strecke vom Santee bis hierher geritten sein?
    Sie fror. Vielleicht sollte sie einfach zurück ins Haus gehen, sie konnte ohnehin nichts für ihn tun. Er würde die Nacht wahrscheinlich nicht überleben. Morgen würde sie dann bei der Kommandantur den toten Soldaten melden. Sie nahm die Laterne, um sein Gesicht anzusehen. Er lag wie leblos da, angetrocknete Blutrinnsale im Mundwinkel und an der Schläfe, wo ihn der Steigbügel getroffen hatte. Er war so still, sein Brustkorb hob und senkte sich kaum wahrnehmbar. Sie wollte nach seinem Handgelenk greifen, um den Puls zu fühlen, tat es dann doch nicht. Vielleicht würde er wach, wenn sie ihn anfasste, und was dann? Selbst jetzt, da er ohnmächtig vor ihr lag, fürchtete sie sich vor ihm.
    Sie wünschte, Henry wäre jetzt hier. Aber ihr Mann war tot, einer von Tausenden, die im Krieg umgekommen waren. Und dieser Soldat würde auch sterben, wenn sie nichts unternähme. Was für ein sinnloser Tod, nachdem er sich bis hierher geschleppt hatte. Nein, sie durfte ihn nicht so sterben lassen. Sie musste etwas tun. Und sie musste sich beeilen.
    Die Bodendielen knarrten, während sich die Indianerin langsam in ihrem Schaukelstuhl wiegte. Die Tabakpfeife im Mund betrachtete sie unter halb geschlossenen Lidern die junge Frauin Männerkleidern, die durch den Wald und die Dunkelheit zu ihr gekommen war und sie anflehte: »Bitte, Vier Federn, du musst ihm helfen!«
    »Muss ich das?«
    »Um Himmels willen, er stirbt!«
    »Dann stirbt er.«
    Antonia presste die Lippen zusammen, um sich zu beherrschen. Vier Federn war der einzige Mensch, der ihr helfen konnte, aber es wäre zwecklos, ihre Hilfe erzwingen zu wollen. Die Indianerin vom Stamm der Secotan war in der Gegend als Heilerin bekannt. Mit ihren Kenntnissen der Naturmedizin behandelte sie Malaria und Gelbfieber, Brandwunden und Knochenbrüche. Sie half den Kindern, gesund zur Welt zu kommen, und den Alten, sie ohne Schmerzen wieder zu verlassen. Auch zu Antonias Geburt hatte man sie gerufen. Doch sie hatte nicht verhindern können, dass deren junge Mutter im Kindbett starb. Seither wachte sie über Antonias Leben, wie sie es der Sterbenden versprochen hatte.
    »Ein Engländer also«, brummte sie durch den blauen Rauch, der von ihrer Pfeife aufstieg. »Haben nicht die

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