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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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zuwenig auf unsern alten Namen zu geben oder, was dasselbe sagen will, auf den
Ruhm
unsres alten Namens. Ruhm und Name sind aber viel.«
    »Kann ich zugeben, Manon; aber wer hat heutzutage
nicht
einen Namen? Und was
macht
nicht alles einen Namen! Pears Soap, Blookers Cacao, Malzextrakt von Johann Hoff. Rittertum und Heldenschaft stehen daneben weit zurück. Nimm da beispielsweise den Marschall Niel! Er hat, glaub ich, Sebastopol erobert und war, wenn ich nicht irre, verzeih den Kalauer, ein Genie im ›Genie‹; jedenfalls eine militärische Berühmtheit. Und doch, wenn nicht die Rose nach ihm hieße, wüßte kein Mensch mehr, daß er gelebt hat. Indessen lassen wir Niel; was geht uns am Ende Niel an? Nehmen wir lieber etwas, was uns viel, viel näher liegt, nehmen wir da beispielsweise den großen Namen Hildebrand. Es gibt, glaub ich, drei berühmte Maler dieses Namens, der dritte kann übrigens auch ein Bildhauer gewesen sein, es tut nichts. Aber wenn irgendwo von Hildebrand gesprochen wird, wohl gar in der Weihnachtszeit, so denkt doch kein Mensch an Bilder und Büsten, sondern bloß an kleine dunkelblaue Pakete mit einem Pfefferkuchen obenauf und einer Strippe drum herum. Ich sage dir, Manon, ich habe mein Poggenpuhlhochgefühl geradesogut wie du und fast so gut wie Therese; wenn ich dieses Hochgefühls aber froh werden soll, so brauche ich zu meinem Poggenpuhlnamen, der, trotz aller Berühmtheit, doch leider nur eine einstellige Zahl ist, noch wenigstens vier Nullen. Eigentlich wohl fünf.«
    »Ich habe nichts dagegen, Leo, daß du so rechnest; ganz im Gegenteil. Bin ich doch selber nicht ängstlich in diesem Punkte. Ja, ich gehe zu, du mußt so rechnen. Aber ich fürchte, du rechnest nicht an der richtigen Stelle. Da sind Bartensteins, da ist Flora... Ja, das wäre was. Flora Bartenstein ist ein kluges und schönes Mädchen und dazu meine Freundin. Und reich ist sie nun schon ganz gewiß. Also darüber ließe sich reden. Aber in Thorn, wovon du beständig schreibst und sprichst... freilich immer nur so dunkel und bloß in Andeutungen. Ich bitte dich, Leo, was soll das? In Thorn ...! Wie heißt sie denn eigentlich?«
    »Esther.«
    »Nun, das ginge. Viele Engländerinnen heißen so. Und ihr Vatersname?«
    »Blumenthal.«
    »Das ist freilich schon schlimmer. Aber am Ende mag auch das hingehen, weil es ein zweilebiger Name ist, sozusagen à deux mains zu gebrauchen, und wenn du Stabsoffizier bist (leider noch weitab), und es heißt dann bei Hofe, wo du doch wohl verkehren wirst: ›die Frau Majorin oder die Frau Oberst von Poggenpuhl ist eine Blumenthal‹, so hält sie jeder für eine Enkelin des Feldmarschalls. Ein Poggenpuhl, der eine Blumenthal heiratet, soviel Vorteil muß man am Ende von einem alten Namen haben, rückt sofort auf den rechten Flügel der Möglichkeiten.«
    »Bravo, Manon. Also deine Bedenken zerrinnen.«
    »Doch nicht ganz; soviel kann ich nicht zugehen. Ich mühe mich nur einfach, aus Esther und Blumenthal das Beste zu machen. Außerdem, ich begreife deine Lage, fühle den Druck mit und freue mich, daß du heraus willst. Aber wenn es irgend sein kann, bleibe im Lande und nähre dich redlich; laß es nicht an der Weichsel sein, nicht Esther; sie kann, wie sie auch sei, an Flora nicht heranreichen. Zudem, die ganze Bartensteinsche Familie – es sind drei Brüder, zwei in der Voßstraße – hat ein besonderes Ansehen; der, in dessen Hause ich verkehre, ist ein Ehrenmann, beiläufig auch noch ein Humorist, und ich bin sicher, daß er bei der nächsten Anleihe geadelt wird. In meinen Augen ist das nichts von Bedeutung, ja, beinahe störend, denn ich hasse alles Halbe, was es doch am Ende bleibt. Aber vor der Welt...«
    »Ich will es mir überlegen, Manon. Vorläufig find ich es entzückend, so gleichsam die Wahl zu haben; wenigstens kann ich mir so was einbilden. Am liebsten freilich blieb ich noch eine Weile, was ich bin; ein Junggeselle steht doch obenan. Nur der ›Witwer‹ mit seinem Blick in Vergangenheit und Zukunft steht vielleicht noch höher. Aber das kann man nicht gleich so haben. Und nun gehab dich wohl. Mama wird sich schon wundern, was wir noch alles wieder miteinander gehabt haben.«
    Und bei diesen Worten trennten sie sich.
    Manon aber trat noch an das Bett der Mutter, um zu sehen, ob sie schliefe.
    »Du hast geweint, Mama.«
    »Ja, Kind. Aber gute Tränen; die tun wohl.«
     

Neuntes Kapitel
     
    Manon war früh auf, um dem Bruder noch bei der Abreise behilflich zu sein, die

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