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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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zu haben. Es bedrückt und lähmt den höheren Flug.«
    »Nicht immer. Wer fliegen kann, fliegt doch.«
    »Ich freue mich, das aus Ihrem Munde zu hören...«
    Und bei diesen Worten hatte man die Ecke der Leipziger und Friedrichstraße erreicht, und Herr von Klessentin empfahl sich; die Poggenpuhls aber gingen weiter auf das Potsdamer Tor zu, wo man sich am »Fürstenhofe« – nachdem Leo nicht bloß eine exakte Rechnungsablegung, sondern zu des Onkels großer Erheiterung auch eine Behändigung des verbliebenen Restes versucht hatte – mit einem »Bis auf morgen« voneinander verabschiedete.
     
Achtes Kapitel
     
    Mitternacht war dicht heran, als die Geschwister vor ihrer Wohnung eintrafen. Sophie hatte den Schlüssel und schloß auf. In einer gewissen Erregung, in der sie sich mehr oder weniger befanden, sprachen sie ziemlich laut auf der Treppe, was das Gute hatte, daß ihnen die über das lange Ausbleiben schon etwas unruhig gewordene Friederike bis in den zweiten Stock entgegenkam und leuchtete.
    »Mama noch auf?« fragte Leo.
    »Nein, junger Herr. Die gnädige Frau hat sich schon gleich nach neun zu Bett gelegt; es war ihr so kalt. Aber sie liegt bloß; sie schläft noch nicht.«
    Unter diesem kurzen Gespräche hatten die jungen Damen ihre Mäntel, Leo seinen Paletot abgelegt, und alle traten gemeinschaftlich in das große Schlafzimmer, um die Mama noch zu begrüßen, während sich Friederike in ihre Küche zurückzog.
    Die Majorin saß mehr im Bett, als sie lag, und schien in besserer Stimmung als gewöhnlich. »Aber, Kinder, so spät; nachtschlafende Zeit; ich dachte schon, es wäre was passiert...«
    »Ist auch, Mutter.«
    »Na, das mag was Schönes sein. Vielleicht hast du dein Vermögen verloren. Aber davon hör ich noch immer früh genug. Komm, Manon, gib mir deine Hand und sich mich an. Und nun rückt euch Stühle ran und erzählt. Und du, Leo, kannst dich unten auf die Bettkante setzen. Es ist immer noch nicht so hart wie Lattenstrafe; die gab es noch, als ich jung war. Ihr seid ja runde sechs Stunden weg gewesen, und ein wahres Glück, daß ich Friederike habe, mit der ich mich aussprechen kann.«
    »Was du wohl auch redlich getan hast«, sagte Therese. »Du machst dich immer so vertraulich mit ihr, mehr als eine Herrschaft wohl eigentlich sollte.«
    »Meinst du?« sagte die Majorin, während sie sich in ihrem Bett noch etwas höher hinaufrückte. »Was meine vornehme Therese nicht alles weiß und meint. Aber nun will ich dir auch sagen, was
ich
meine.
Ich
meine, daß solche schlichte Treue das Allerschönste ist, das Schönste für den, der sie gibt, und das Schönste für den, der sie empfängt. Die Liebe der Kinder, auch wenn es gute Kinder sind, die hat keine Dauer; die denken an sich, und ich will's auch nicht tadeln und nicht anders haben; aber solch altes Hausinventar wie die Friederike, die will nichts als helfen und beistehn und fordert weiter nichts, als daß man mal ›danke‹ sagt. Und ich sage dir, Therese, da steckt ein gut Teil Christentum drin.«
    »Ja, das glaubst du immer, Mutter.«
    »Nein, das glaube ich nicht, das weiß ich. Aber wir wollen das lassen; Leo soll lieber erzählen, wie alles war.«
    »Ja, Mama, wenn ich davon erzählen soll, so kann ich es nur nach einer Disposition, dreigeteilt, also wie 'ne Predigt.«
    »Bitte, Leo...«
    »Dreigeteilt also schlechtweg, ohne Zubemerkung oder Vergleich. Erster Teil: Onkel und die Quitzows; zweiter Teil: Onkel und Herr Manfred (Manfred ist nämlich mein Kadettenfreund Klessentin) und dritter Teil: Onkel und... Aber davon erst nachher; ich will meinen besten Trumpf nicht gleich in einer großen Überschrift ausspielen.«
    »Ach, Leo, das sind ja wieder Flausen; hinterher ist es gar nichts.«
    »Fehlgeschossen, wie du gleich sehen wirst. Aber jetzt aufgepaßt. Erst also: Onkel und die
Quitzows

    »Der gute Onkel! Er wird natürlich über all die Rodomontaden entzückt gewesen sein.«
    »Mitnichten, Mutter. Ich möchte vielmehr umgekehrt annehmen, daß er, trotzdem er den Dietrich von Quitzow bewunderte, nicht so recht auf seine Kosten gekommen ist. Aber es stehe dahin. Nur soviel, als die Straußberger mit Sack und Pack anrückten, sprach er ziemlich laut (und jedenfalls so, daß es einen genieren konnte) von Mühlendamm und Trödelmarkt. Am meisten gefallen hat ihm offenbar eine hübsche Gräfin, eine gewisse Barbara, die bei den Pommernherzögen, das mindeste zu sagen, gut angeschrieben stand und es nun auch mit unserm Dietrich

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