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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Wettstreit treten zu sehen, gänzlich fernliegt. Und damit hängt es auch wohl zusammen, daß die Wappentellerfrage ruht. Onkel Eberhard war wohl von Anfang an dagegen und hat nur schließlich, ich will nicht sagen gern, aber doch ohne lange Kämpfe nachgegeben. All das hat sich aber geändert. Eine ganz andere Aufgabe harrt jetzt meiner, die mich stolz und glücklich macht. Was dies andre nun ist, davon das nächste Mal. – Wenn Briefe von Wendelin oder Leo bei Euch eintreffen, so schickt sie mir, zunächst natürlich meinetwegen, aber doch auch des Onkels halber, der sich für beide ganz aufrichtig interessiert und von jedem was erwartet, von Wendelin gewiß, aber auch von Leo. Leo, sagte er noch heut, ist ein Glückskind, und das Beste, was man haben kann, ist doch immer das Glück. Die Tante wurde dabei ganz ernsthaft und bestritt es, beruhigte sich aber, als er verbindlich und mit einer chevaleresken Handbewegung sagte: »Hab ich dich verdient oder war es Glück?« Sie gab ihm einen Kuß, was mich rührte, denn es war kein Zärtlichkeitskuß, den ich bei alten Leuten nicht sehen mag, sondern nur echte Zuneigung und Dankbarkeit. Und mit Recht. Denn so gewiß diese Verheiratung
ihn
glücklich gemacht hat, so gewiß auch
sie
. – Du siehst aus diesem allem, wie glücklich ich hier bin, aber mitunter sehne ich mich doch nach Dir und möchte Dir die Hände streicheln. Ängstige Dich nur nicht zu viel. Es wird noch alles gut. Das läßt Dir der Onkel noch eigens durch mich vermelden. Er sagte mir heut, es gäbe einen Wappenspruch, der laute: »Sorg, aber sorge nicht zu viel, es kommt doch, wie's Gott haben will.« Und gegen diesen Spruch, so schloß er, verstießest Du mehr, als recht sei. Ich hab übrigens nicht, wie Du vielleicht glaubst, mit eingestimmt, hab ihm vielmehr gesagt: »Wie weh etwas tut, weiß nur der, der das Weh gerade hat.« Da hat er mir auch einen Kuß gegeben. Es ist ein herrlicher Mann, und ich kann nicht herauskriegen, wer besser ist, er oder sie. Nun aber lebe wohl.
    Deine Sophie
     
    Schloß Adamsdorf, 19 Januar
     
    Heut, meine liebe Mama, nur eine Karte. Vorgestern ist Schnee gefallen; er liegt um das Schloß her wie eine Mauer. Seit heute früh aber klarer blauer Himmel, milde Kälte, himmlisches Wetter. Wir wollen nun in den nächsten Tagen zu Fuß und zu Wagen bis auf den Kamm des Gebirges und dann in Hörnerschlitten zu Tal. Der Pastor und ein Assessor aus der Stadt wollen teilnehmen. Ich freue mich unendlich darauf. Ergeh es Euch gut.
    Deine Sophie
     
    Heinrichsbaude, 22. Januar
     
    Wieder nur eine Karte. Diesmal aber mit einem Bilde drauf (Heinrichsbaude). Wir sind nämlich hier oben und werden wenigstens noch bis morgen bleiben, bleiben
müssen
. Und daran bin ich schuld. Ich verfehlte, gleich als ich den Schlitten bestiegen und das Niedersausen begonnen hatte, den rechten Weg und wäre, rettungslos verloren, in den Krater gestürzt – den sie, weil er unten Wasser hat, den »kleinen Teich« nennen –, wenn nicht ein in der richtigen Richtung fahrender Schlitten, der dies sah, mit allem Vorbedacht von der Seite her in meinen Hörnerschlitten hineingefahren wäre. Bei diesem, ich muß sagen glücklichen, weil mich rettenden Zusammenstoß wurde ich herausgeschleudert und mußte, weil ich, etwas verletzt, nicht gehen konnte, hierher zurückgetragen werden. Wir erwarten in ein paar Stunden den Arzt aus Krummhübel. Das ist das nächste große Dorf. Ängstigt Euch nicht. Auf Hörnerschlittenfahrten aber laß ich mich nicht wieder ein. Mein Retter war ein junger Assessor (adlig) und schon verlobt. Wie immer
    Deine Sophie
     
    Schloß Adamsdorf, 25. Januar
     
    Zwei Telegramme des guten Onkels werden Dich über mein Befinden beruhigt haben. Von Gefahr keine Rede mehr; Oberschenkelbruch; in vier Wochen, spätestens in sechs, kann ich wieder tanzen. Der Arzt ist vorzüglich und sehr dezent; Sohn eines Webers hier aus der Nähe (Notiz für Therese). Meine Rettung, wie ich Dir, glaub ich, schon schrieb, verdanke ich allein dem Assessor; er ist natürlich Reserveleutnant und will, wenn es zum Kriege kommt, dabeibleiben. Akten sind ihm zuwider, was der Amtsgerichtsrat, sein Vorgesetzter, lächelnd bestätigt. Daß ich so viele Wochen ruhig liegen muß, würde mir hart ankommen, wenn mir der Doktor nicht freie Bewegung meiner Arme gestattet hätte. Die Tante ließ mir denn auch sofort eine Stellage herrichten, so daß ich ohne Mühe schreiben und zeichnen kann. Ich mache davon den

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