Die Poison Diaries
Boden.
»Du weißt, warum. Du bist verloren, Weed. Du bist ein Mörder, ein Monster. Du bist es nicht länger wert, Jessamine Luxton zu ehelichen – falls du es jemals wert warst. Und was sonst bliebe dir? Du liebst sie zu sehr, um als einfacher Diener zu bleiben oder als Freund …«
»Aber sie liebt mich auch«, sage ich beharrlich.
»Vorher liebte sie dich. Aber jetzt? Jetzt klebt Blut an deinen Händen, Weed. Sie verdient etwas Besseres, etwas so viel Besseres als dich – wenn du sie wahrhaftig liebst, wirst du das einsehen.«
Das Gegenmittel tanzt in der Luft.
Ich sitze in der Falle. Oleander hat mich in die Schlangengrube gestoßen, wo jeder Weg heraus geradewegs ins Unheil führt. Und doch muss ich etwas tun. Wieder stehe ich an der Kreuzung, aber in allen vier Himmelsrichtungen erwarten mich nur Verderben, Elend, Einsamkeit, Tod …
»Also gut!«, schreie ich, und mein Herz bricht, noch während ich die Worte ausspreche. »Ich werde gehen. Ich werde fortgehen.«
In einem graziösen Bogen fliegt Oleander näher und lässt das Gegenmittel in meine ausgestreckten Hände fallen. Er erhebt sich wieder, kreist höher und höher, bis er nur noch ein schwarzer Punkt ist, der im Höllenfeuer der Sonne verschwindet.
Luxton starrt mich an, dann an mir vorbei. Seine Augen suchen den Himmel ab, aber sie finden nichts. Er wirkt noch verängstigter als vorhin, als ich seine Kehle umklammert hielt.
»Geben Sie ihr diese Kräuter, sofort. Beeilen Sie sich!« Grob schiebe ich ihm das Bündel in die Hände. »Das ist das Gegenmittel für das verdammte Gift, das Sie Jessamine verabreicht haben. Sie muss diese Kräuter sofort bekommen, sonst bringe ich Sie um. Und denken Sie immer daran, Luxton«, füge ich mit vor Bosheit berstenden Stimme hinzu, »es gibt keinen Ort auf dieser grünen Erde, von dem mir nicht die Botschaften Ihrer Missetaten mitgeteilt werden würden. Jedes Fleckchen Moos, jeder Grashalm, jede Flechte, die in den Steinmauern Ihres Hauses wächst, ist mein Spion und Verbündeter. Wenn Sie Jessamine auch nur ein Haar krümmen, werden Sie eines Todes sterben, der schrecklicher ist als alles, was Sie sich in Ihren schlimmsten Albträumen vorstellen können.«
Die Zeit wird knapp, Weed …
»Gehen Sie!«, schreie ich und wende das Gesicht dem Himmel zu. »Gehen Sie, denn wenn Sie mir das nächste Mal unter die Augen treten, dann bringe ich Sie um, das schwöre ich!«
Ich versetze Luxton einen heftigen Stoß. Er keucht und würgt und rappelt sich dabei auf die Füße. Sein Blick zuckt entsetzt nach oben, aber er kann Oleander nicht sehen.
Wo der Giftprinz war, ist jetzt nur noch Leere, eine Stelle ohne Licht oder Schatten. Es ist eine Art von Leere, die es seit der Erschaffung der Erde nicht mehr gegeben hat.
Nur einen einzigen Blick über die Schulter zurück werfend, läuft Luxton, halb taumelnd, halb rennend über den Pfad zu den Ruinen, die er sein Zuhause nennt. Das Gegenmittel hält er fest umklammert. Ich schaue ihm nach, bis er über den Hügelkamm verschwindet.
Lebe, Jessamine.
Ich lege meine ganze Willenskraft in diesen Gedanken, alle Stärke, die ich besitze.
Lebe, und vergiss mich nicht. Ich werde niemals weit weg sein, und meine Freunde – die Blumen, die Bäume, die zarten Ranken, die sich um dein Fenster winden und deinen Schlaf bewachen – werden immer für dich da sein. Genauso wie ich.
Während ich so dastehe, halb ertrunken in Zorn und Verzweiflung, bietet mir ein dumpfes, trauriges Grollen aus Richtung des Waldes eine Zuflucht an. Ich werde gehen, denn auch ich muss leben. Zu wachen und zu beschützen ist von nun an der Sinn meines Lebens. Und, wenn nötig, zu rächen.
Ich betrete den Pfad und drehe Hulne Park den Rücken zu, dem Haus, Jessamine und dem einzigen Glück, das ich je gekannt habe.
Vor mir auf der Erde liegt Luxtons Tasche. Ich hebe sie auf. Das Gewicht und die Form, die sich unter dem Stoff abzeichnet, verraten mir, was sich darin befindet: sein Buch mit den Heilmitteln. Thomas Luxtons Gifttagebuch. Mit den Rezepten und Zutaten, die er sich von mir erschlichen hat, was seine Tochter fast das Leben gekostet hätte.
Es war sein kostbarster Besitz.
Jetzt gehört es mir.
***
Nun denn, meine Jessamine, uns bleibt nicht mehr viel Zeit.
Was soll das heißen, Oleander? Werde ich sterben?
Ich will nicht, dass du mich verlässt, Jessamine. Es gibt noch so vieles, was ich dir sagen will.
Sie haben mir schon mehr gesagt, als ich ertragen kann.
Das war erst der
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