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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryrose Wood
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hier.«
    Ein junger Mann erhebt sich von der Erde. Man könnte ihn als schön bezeichnen. Sein Haar ist so silbern wie Wermut, seine Lippen sind rot wie Eibenfrüchte. Zwei dunkle Umrisse – sind das Flügel? – liegen eng an seinem Rücken. Mit ausgestreckten Armen kommt er auf mich zu.
    »Willkommen daheim, Weed«, sagt er.
    Ich bin der Spielchen und der Täuschungen müde. Immer noch fließt Mordlust durch meine Adern. Ich muss gewaltsam an mich halten, um diese selbstgefällige Kreatur nicht zu Boden zu schlagen, auf dass sein rotes Blut die Erde zu meinen Füßen tränkt.
    »Wer bist du?«, zische ich ihn an.
    Die dunklen Schatten auf seinem Rücken breiten sich aus und falten sich wieder zusammen. Es sind riesige Flügel aus dunklen, ledrigen Blättern über einem Skelett aus Zweigen, das so knorrig und verästelt ist wie ein Zaubernussbaum. Jetzt erst hebt er die Augen. Sie sind groß und strahlend grün, wie meine eigenen.
    »Erkennst du mich nicht, Weed? Wir sind uns schon früher begegnet. Du erinnerst dich bestimmt – obwohl das erste Mal schon lange zurückliegt …«
    Dem hypnotischen Sog seiner Stimme kann ich mich nicht entziehen. Ich schließe die Augen. Salzige Meeresluft dringt mir in die Nase.
    »Ich erinnere mich«, sage ich schleppend, während vergessen geglaubte Bilder vor mir auftauchen. »Als kleiner Junge bin ich oft weggerannt; einmal kam ich bis zum Hafen und versteckte mich auf einem Handelsschiff, das zu den Niederlanden unterwegs war. Nach etwa vierzehn Tagen auf See wurden wir von Piraten überfallen. Die Mannschaft versuchte zu verhandeln. Sie boten mich als Sklaven an, im Tausch gegen ihre eigene Freiheit. Ich hatte Todesangst. Ich betete um einen Ausweg, eine Möglichkeit, mich zu verteidigen.«
    »Und deine Gebete wurden erhört. Weißt du noch?«
    Die Schrecken der Vergangenheit überfluten meine Sinne:
die plötzliche und heftige Krankheit, die unsere Kerkermeister dahinraffte, uns aber nicht behelligte – das Erbrechen, der Gestank nach Fäulnis, die Leichen der Piraten, die einer nach dem anderen starben und über Bord geworfen wurden …
    »Unsere Angreifer wurden krank und schwach«, antwortete ich. »Ihre Zahl schwand, und es dauerte nicht lange, da konnten wir sie unterwerfen.«
    »Das ist noch nicht alles, Weed. Erinnerst du dich?« Seine Stimme lockt weitere Bilder in meine Gedanken. »Die Piraten waren am Verhungern; sie hatten sich seit Wochen von nichts anderem als Zwieback und Whiskey ernährt. Nachdem sie euer Schiff geentert und die Mannschaft gefesselt hatten, schickten sie dich, den sie für den Schiffsjungen hielten, in die Kombüse, um ihnen etwas zu essen zu kochen.«
    »Ich weiß«, flüstere ich rau.
    »Du hast ihnen einen Eintopf zubereitet und ihn mit seltenen Kräutern gewürzt, die du im Lagerraum gefunden hast – in derselben kostbaren Fracht, die die Piraten rauben wollten. Ich war es, der an jenem Tag deine Hand lenkte.«
    »Dann ist mein Dank wohl überfällig.« Ich neige den Kopf, doch eher aus Scham denn aus Dankbarkeit.
    »Gern geschehen. Und nun, da deine Erinnerung zurückgekehrt ist, kannst du dich gewiss auch an meinen Namen erinnern, nicht wahr?«
    Noch einmal schließe ich die Augen und beschwöre den Geruch des Meeres herauf. »Oleander«, flüstere ich. »Jetzt weiß ich es wieder. Aber ich habe dich Engel genannt, wegen der Flügel.«
    »Und ich nannte dich Weed.« Seine Flügel breiten sich aus. »Armer, heimatloser Weed. Denn niemand hat dich je gewollt, egal, wo du hinkamst oder welche
Wunder
du vollbrachtest. Woher hätte ich wissen sollen, dass dir der Name erhalten bleibt?«
    »Kommst du mir jetzt wieder zu Hilfe?« Mein Herz verkrampft sich in einer letzten, peinigenden Welle aus Hoffnung. »Ich brauche ein Heilmittel für Jessamine Luxton. Ich habe alles getan, was von mir verlangt wurde. Die Zeit wird knapp – ich flehe dich an …«
    Er beachtet mein Flehen nicht. Er schaut mich an, und wieder bin ich sprachlos angesichts dieser smaragdfarbenen Augen, die meinen eigenen so sehr ähneln. »Arme Jessamine«, murmelt er. »Sie war wirklich sehr schön.«
    »Was meinst du damit?«, schreie ich auf und trete auf ihn zu. »Ist es schon zu spät?«
    »Noch nicht. Noch nicht ganz. Tapferes Mädchen! Sie ist dem Tod so nah, steht schon am Abgrund. Und – oh! – wie sie leidet. Anders als viele deiner Opfer trägt Jessamine noch die ganze Last des Lebens in ihrem Körper. Es ist schrecklich, wirklich schrecklich. Die

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