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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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so gelassen reagiert hatte! Friederike atmete erleichtert auf. Henri Panier und sein Gefährte Serge Lirac waren natürlich selbst nicht gerade bürgerlich, sicher hatten die beiden Homosexuellen vor allem in jungen Jahren oft genug unter der Häme und Ablehnung ihrer Umgebung zu leiden gehabt. Trotzdem - jetzt hatte sie ihr Geheimnis gelüftet, und das gleich in zweifacher Hinsicht. Wenn nur alle anderen auch so gelassen auf ihre Schwangerschaft und ihr Frausein reagieren würden! Boileau, die Gravants, Benckgraff, Simon Feilner … Bei Josefine und Anna machte sie sich keine Sorgen, im Gegenteil, sie würden sich sicher beide auf das Kind freuen. Aber Caspar, was würde ihm wohl dazu einfallen? Und Carl nicht zu vergessen! Ja, Carl …

    Sie stöhnte so laut auf, dass Henri Panier verwundert von seinen Notizen aufblickte. Nun, sie würde es bald wissen. Spätestens in zehn Tagen würde sie den jungen Vater mit der Neuigkeit überraschen. Und wenn er sie dann doch im Stich ließ, um seine Mathilde zu heiraten, dann würde sie bis zur Geburt des Kindes noch immer genug Zeit haben, sich eine andere Lösung zu überlegen, wie sie ihr Leben als ledige Mutter gestalten konnte.
     
    F riederike und Monsieur Panier hatten lange hin und her überlegt, welches Kostüm sie am besten auswählen sollte, um ihren schwangeren Zustand zu kaschieren. Etwas eng Anliegendes - etwa ein schickes Pagenkostüm, das ihr gut gefallen hätte - kam überhaupt nicht in Frage. Auch eine Ritterrüstung oder etwas ähnlich Gepanzertes konnte sie sich nicht vorstellen. Zu beengt hätte sie sich darin gefühlt.
    »Ich hab’s!«, hatte der Schneider schließlich seinen genialen Einfall heraustrompetet. »Wir machen aus der Not einfach eine Tugend.«
    »Aus der Not eine Tugend?« Sie hatte ihn verständnislos angeblickt.
    Doch er hatte sich um ihre verwunderte Miene keinen Deut geschert, sondern war geschäftig in der großen Mansarde hin und her gelaufen, bis er nach ein paar Minuten über und über mit Kleidern und Accessoires beladen wieder vor ihr gestanden hatte.
    »Und jetzt, Verehrteste, werden Sie in eine Zauberin verwandelt. Eine geheimnisvolle Magierin, aus einer fremden exotischen Welt.«
    »Aber …«, stammelte Friederike, »ich kann doch nicht als Frau gehen! Der König hat einen Mann eingeladen, Friedrich Christian Rütgers, Porzellanmaler aus Meißen. Wie soll das funktionieren?«
    »Niemand wird Sie erkennen, liebe Friederike«, schnitt Henri Panier ihr mit einem spitzbübischen Grinsen das Wort ab. »Erstens tragen Sie eine Maske über den Augen, und zweitens
noch darüber einen Schleier, der Ihr Gesicht fast vollständig verdeckt. Außerdem kennt Sie doch keiner als Frau! Man wird sich höchstens wundern, wo denn der Meißener Maler abgeblieben ist, der sein Kommen doch angekündigt hatte. Aber niemand wird die schöne unbekannte Magierin mit ihm in Verbindung bringen. Sie werden sehen, man wird Sie ganz bezaubernd finden. Allen voran Seine Majestät!«. Er rieb sich vergnügt die Hände.
    Eine halbe Stunde später stieg Friederike in einem nachtblauen, tief ausgeschnittenen Gewand, das unter ihren deutlich üppiger gewordenen Brüsten eng zusammengerafft war und in weichen Falten locker zu Boden fiel, gemessenen Schrittes die Treppe hinab. Auf dem Kopf trug sie einen hohen, spitzen Hut, von dem ein dunkler Schleier mit eingewirkten Diamanten über ihr Gesicht herabfiel. Schultern und Dekolleté blieben frei. Ihre Augen hatte sie unter einer an den Seiten spitz zulaufenden goldenen Maske verborgen, ihre Arme steckten bis zu den Ellbogen in Seidenhandschuhen in demselben Goldton.
    Monsieur Lirac, der ihre Schritte gehört hatte und aus der Küche herbeigeeilt war, stand mit offenem Mund am Fuß der Treppe.
    »Meine Liebe …«, flüsterte er ehrfürchtig, als sie den untersten Absatz erreicht hatte, und versank in einen tiefen Kniefall.
    »Ich habe also recht gehabt: Frédéric ist eine Frau! Eine schöne junge Frau, die ein Kind erwartet.«
    In seinen Augen standen Tränen, während er sie sanft in die Arme nahm, um schließlich vorsichtig ihren Schleier zu heben und sie auf beide Wangen zu küssen.
    »Meine Liebe, ich beglückwünsche Sie zu Ihrer Schönheit, Ihrem Mut und ganz besonders zu dem heranwachsenden Glück unter Ihrem Königinnenkleid. Sämtliche Herzen werden Ihnen zufliegen, da bin ich ganz sicher. Dass es Ihnen gut ergehen möge, bei allem, was Sie tun werden!«
    Seine Stimme war bei seinen letzten Worten so leise

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