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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Verlobte - sie konnte sich schon vorstellen, was er auf ihr Geständnis hin vorbringen würde. Aber bestimmt würde am Ende doch sein Ehrgefühl siegen, und er würde ihr einen Heiratsantrag machen,
pflichtbewusst, wie er war, beruhigte sie sich dann. Ja, er musste sie heiraten, es gab gar keine andere Möglichkeit! Als ledige Mutter wäre sie geliefert, man würde sie ächten und verdammen, sowohl in Meißen als auch in Höchst. Und in Vincennes könnte sie sicher auch nicht bleiben. Geschweige denn, dass Boileau sie zu seinem neuen Obermaler küren würde! Ob sie ihren Aufenthalt in Frankreich abbrechen sollte, um zu Carl nach Frankfurt zu fahren und ihm die Neuigkeit zu überbringen? Je eher er es erfuhr, desto besser wahrscheinlich. Sonst war er womöglich schon mit seinem Püppchen verheiratet, wenn sie zurückkam.
    Friederike straffte den Oberkörper und richtete sich auf. Für einen Moment öffnete sie die Augen und riskierte einen Blick nach draußen. Das musste Notre-Dame sein! Monsieur Panier hatte ihr von der majestätischen Kirche erzählt, die sich von einer der beiden Seine-Inseln erhob. Und das war die ehemalige Königsresidenz! Ihre Gedanken schweiften zu dem bevorstehenden Ball bei der Mätresse des derzeitigen Königs. Sobald sie aus Meudon zurück war, würde sie zu Boileau gehen und sich verabschieden. Sie würde irgendetwas von einer kranken Mutter erfinden, als Begründung, warum sie so eilig aus Vincennes abreisen müsste. In Frankfurt angekommen, würde sie sofort Carl aufsuchen und ihm von ihrer Schwangerschaft berichten. Er mochte zwar in Straßburg noch davon gesprochen haben, dass er Mathilde gegenüber zur Heirat verpflichtet sei und sie, Friederike, doch ruhig seine Geliebte werden könne, aber ein Kind stellte die Verhältnisse ja wohl auf den Kopf. So eine natürliche Verbindung war viel stärker, als es die bloß auf dem Papier geschlossene Verlobung mit der Holzhändlertochter sein konnte. Hoffte sie zumindest.
    Wieder tastete sie unauffällig über ihren Bauch. Ihre Zukunft war zwar ungewiss, aber nicht aussichtslos. Carl Bogenhausen würde sie schon nicht hängen lassen, er nicht. Bei Giovanni hätte sie da eher ihre Zweifel gehabt. Obwohl es schön sein musste,
ein Kind mit ihm zu haben. Er wäre bestimmt ein wunderbarer Vater - wenn er sich einmal auf ein Kind eingelassen hätte. Aber warum dachte sie jetzt schon wieder an Giovanni? Carl war ihr ja bereits fern, wie aus einer anderen Zeit, aber der Italiener doch erst recht! Sie wusste ja nicht einmal, ob er noch lebte. Und wenn doch? Wenn ihn irgendetwas anderes daran gehindert hatte, nach ihr zu suchen? Vielleicht hatte er sich längst in Höchst gemeldet und nach ihr gefragt, aber Benckgraff und die Kollegen hatten ihm nicht sagen wollen, dass sie sich in Vincennes aufhielt. Bestimmt sogar, sie kannten ihn ja nicht und hielten ihn mit seinem selbstsicheren Auftreten und seiner spöttischen Art garantiert für äußerst zwielichtig. Schließlich hätte er ja seinerseits ein Spion sein können, der Erkundigungen über andere potenzielle Spione einholte. Wenn Giovanni also doch noch an sie dachte und nach ihr suchte - wie konnte sie dann Carls Frau werden? Was für eine Zwickmühle, in die sie da hineingeraten war!
    Sie hatten eine Brücke überquert und fuhren jetzt am rechten Seine-Ufer entlang. Über die Köpfe der beiden Brüsseler Damen hinweg konnte Friederike einen flüchtigen Blick auf das imposante Stadtschloss werfen. Aber sie sah lieber zum anderen Fenster hinaus, zum Fluss, auf das schillernde Grün des ruhig dahinfließenden Gewässers. Und wenn sie gar nicht schwanger war? Wie ein Lichtblick erschien ihr plötzlich diese Möglichkeit, die sie vor lauter Angst völlig außer Acht gelassen hatte. Natürlich, es konnte ja immer noch sein, dass sie sich ihre Schwangerschaft nur einbildete! Jeden Moment konnten ihre Blutungen einsetzen. Wie damals in Höchst, als Josefine an dem riesigen roten Fleck auf ihrem Bettlaken erkannt hatte, dass sie eine Frau war. Damals hatte eine ähnlich strapaziöse Zeit hinter ihr gelegen wie jetzt, sodass vielleicht auch diesmal die ganze Aufregung und der Druck, der auf ihr lastete, ihren Körper verrückt spielen ließen. Ja, sie würde schon sehen: Wenn sie sich bei Monsieur Panier und seinem Freund ein wenig von den Anstrengungen
in der Manufaktur erholt hatte, würden ihre Blutungen auch wieder einsetzen, wahrscheinlich sogar schneller und heftiger, als ihr lieb war.

    Die beiden

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