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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Rechten ihrem Begleiter zuraunen, der als Hofnarr ging.
    »Ja, erstaunlich, dass sie an den Beginn ihrer Liebschaft erinnern, obwohl diese bekanntlich längst vorbei ist«, lästerte der Mann. »Ich weiß es noch wie heute, sieben Jahre ist es her, dass der Dauphin die spanische Infantin geheiratet und der König mit diesem dahergelaufenen Fischweib angebandelt hat.«
    »Etienne«, wies ihn die Katzendame zurecht, »sie ist kein ›Fischweib‹! Auch wenn ihr Mädchenname sehr wohl eine fischige Anmutung hat, das gebe ich gern zu.« Ihr hübsches Schnäuzchen hatte sich zu einem mitleidig-verächtlichen Lächeln verzogen. »Poisson - so möchte ich bei Gott auch nicht heißen! Aber wir sollten dennoch nicht vergessen, was sie für uns getan hat. Sie ist eine gute Frau, trotz allem.«
    Und eine gute Tänzerin, dachte Friederike, deren Herz noch
immer bis zum Halse klopfte. Der Vogelmann hatte seinen Griff um ihren Oberarm zwar etwas gelockert, aber nach wie vor war kein Wort über seine Lippen gedrungen. Sie hatte gemerkt, wie er sie fast die ganze Zeit während des Eröffnungstanzes aus den Augenschlitzen seiner Maske beobachtet hatte. Der krumme Schnabel und die dunklen blau-grün changierenden Federn auf seiner Stirn verliehen ihm etwas Dämonisches, das durch sein Schweigen noch unterstrichen wurde.
    Unter heftigem Applaus beendeten der König und die Marquise ihre Courante. Während das Paar die Tanzfläche verließ und die Musiker eine langsamere Sarabande anstimmten, ließ Friederike ihre Blicke durch den Raum schweifen. Die Mehrzahl der Gäste war in der Tat so verkleidet, dass man kaum ein Gesicht erkennen konnte. Viele Damen hatten die Gunst der Stunde genutzt, um inkognito mit ihren Reizen zu prunken, wo sie nur konnten - noch nie hatte sie so viele mehr oder weniger blanke Brüste gesehen und auch nicht so viel nacktes Bein. Eine Frau, die sich als Pavian verkleidet hatte, war sogar so weit gegangen, ihr wohlgeformtes Hinterteil unter dem beinah durchsichtigen Seidenumhang zu entblößen. Auch ihr Verhalten deutete daraufhin, dass sie von exzentrischem Naturell war. Immer wieder fuhr sie mit ihren langen Fingern, die in pelzigen braunen Handschuhen steckten, über Brust und Geschlecht ihres Begleiters, der in ein Hahnenkostüm gewandet war und ihre Berührungen sichtlich genoss. Friederike konnte sehen, dass die Frau sich ausschüttete vor Lachen, aber das Paar war zu weit weg, als dass sie Einzelheiten hätte erkennen können.
    »Et maintenant le Menuet en huit!« , ertönte in dem Augenblick das Kommando des Tanzmeisters.
    Sie fühlte sich mitgezogen von ihrem stummen Begleiter, der ihre Hand umfasst hatte und sich mit ihr im Schlepptau einen Weg auf die Tanzfläche bahnte. Durch den Stoff ihrer Handschuhe fühlte sie die Hitze, die von seinen Fingern ausging. Die anderen drei Paare hatten sich ebenfalls in Aufstellung begeben.
Als sie sich umdrehte, erhaschte sie einen Blick auf das letzte Paar, die Pavianin und den Hahn. Schon erklangen die ersten Takte des Menuetts. Sie war froh, dass Serge Lirac ihr Nachhilfeunterricht im Tanzen erteilt hatte. Insbesondere bei der komplizierten Abfolge dieses Contredanse hätte sie sonst völlig versagt. Was der alte Ballettmeister jedoch versäumt hatte ihr zu erzählen, waren die besonderen Regeln beim Tanz im Kostüm: Nicht nur ein Handkuss gehörte offenbar zum Repertoire, sondern auch das Lüften des Hutes, wie sie mit Schrecken bei den beiden Paaren vor sich beobachten konnte. Der Vogelmann schien jedoch keine Neigung zu verspüren, seine Maske abzunehmen und damit seine Identität zu offenbaren. Er gab ihr einen formvollendeten Handkuss und vollführte weiterhin seine eleganten Reverenzen und Schritte.
    Mit einem Mal veränderte sich der Rhythmus der Musik. Immer schneller folgten die Töne aufeinander. Ratlos blickte sie ihren Partner an, der ungerührt weitertanzte, sein Tempo aber beschleunigt hatte. Ihr blieb nichts anderes übrig, als es ihm gleichzutun und an seinem Arm eine möglichst gute Figur zu machen. Wie dankbar sie ihm war, diesem schweigsamen Unbekannten, dass er sie aus der unangenehmen Situation im Entree befreit hatte! Sie mochte sich gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn er sie nicht hineingelotst und sie den Kammerdienern der Marquise Rede und Antwort hätte stehen müssen. Aber warum sagte er nichts, warum blieb er so verstockt und zugeknöpft?
    Bei einer ihrer unfreiwillig rasanten Drehungen konnte sie sehen, wie sich aus dem

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