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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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bekommen. Außerdem wusste sie nicht, wie sie sich am besten verhalten, an welchen Tisch sie sich setzen sollte. Warum war Giovanni jetzt nicht hier, um ihr zur Seite zu stehen?, fragte sie sich zunehmend aufgebrachter. Was hatte er vor? Sie wurde einfach nicht schlau aus diesem Mann. Hatte die Contessa noch immer eine solche Macht über ihn wie damals in Köstritz, oder wie sollte sie sich seinen urplötzlich erfolgten Sinneswandel erklären? Seine Wiedersehensfreude, die Zärtlichkeit und Leidenschaft, die sie noch vor wenigen Minuten auf der Terrasse in seinem Blick gelesen und in seiner Stimme gehört hatte, all das konnte sie sich doch nicht eingebildet
haben! Und dann hatte Giovanni sie wie bei ihrer ersten Begegnung auch jetzt wieder ohne ein Wort der Erklärung fortgeschickt, kaum dass er Emilias Stimme gehört hatte …
    Aber, fiel ihr ein, war die Contessa überhaupt darüber im Bilde, dass Giovanni sich auf dem Fest befand, waren sie gemeinsam zu dem Ball gekommen? Immerhin konnte man ihn unter seiner Maske nicht erkennen. Und Emilias offizieller Begleiter war auf jeden Fall der Mann im Hahnenkostüm, jener geheimnisvolle Fremde, den sie auf dem Weg nach Köstritz kennengelernt hatte. Für die Verhältnisse der Contessa gewiss eine außergewöhnlich lange währende Verbindung. Aber der Mann war reich, jedenfalls hatte seine Prachtkutsche darauf schließen lassen. Und wahrscheinlich war er auch mächtig und bedeutend - wie sonst wäre er von der Pompadour oder sogar vom König selbst auf den Ball eingeladen worden? Dann brauchte Giovanni vielleicht Geld, dachte Friederike, erleichtert über ihren Geistesblitz. Ja, bestimmt hoffte er, seine Beziehungen zu Emilia spielen lassen zu können, um über ihren wohlhabenden Freund an Geld zu kommen. Doch wozu sollte Giovanni Geld brauchen? Hing das möglicherweise mit seiner Haft im Donjon zusammen? Warum war er überhaupt im Kerker gewesen?
    Sie war schon fast bis zu den Vorspeisen vorgerückt, als sich von hinten eine Hand schwer auf ihre Schulter legte.
    »Madame, darf ich bitten? Seine Majestät hat mir befohlen, Sie an seinen Tisch zu führen.«
    Friederike zuckte zusammen. Der König verlangte nach ihr!
    Der Kammerdiener machte eine galante Verbeugung und hielt ihr auffordernd den Arm hin.
    »Wenn Sie mir bitte folgen möchten?«
    Giovanni hatte recht behalten, durchfuhr es sie: Louis XV. schien die unbekannte Dame, mit der er so wild getanzt hatte, tatsächlich näher kennenlernen zu wollen. Mechanisch tastete sie nach der Maske über ihren Augen. Ja, sie saß noch fest an ihrem Platz. Den Schleier würde sie beim Essen heben müssen, das
war auch klar. Was, wenn der König sie erkannte? Zum x-ten Mal an diesem Abend verfluchte sie in Gedanken Henri Panier und seine Idee mit dem Kleid. Warum war sie nicht als Mann gekommen? Das hätte alles viel einfacher gemacht.
    »Madame …«
    Noch immer hielt der Kammerdiener ihr seinen Arm hin. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich einzuhängen und mit ihm den Ballsaal zu durchqueren.
    Während sie auf den Tisch des Königs zusteuerten, fühlte sie, wie sich die Blicke auf sie richteten. Ungeniert starrten die Leute ihr hinterher. In was für eine Situation war sie da bloß geraten? Fieberhaft überlegte sie, welche Identität sie sich zulegen sollte, falls der König mehr über sie wissen wollte. Über kurz oder lang würde er an ihrem Akzent hören, dass sie keine Französin war, und nachfragen, was sie auf das Fest der Marquise geführt hatte, zumal sie offenkundig ohne Begleitung war.
    Die acht Plätze an der Tafel Seiner Majestät waren nur teilweise besetzt. Flüchtig registrierte sie, dass die Pompadour nicht an dem Tisch saß. Dafür ein Paar, das sich als Harlekin und Columbine kostümiert hatte, und die Katzendame mit dem Hofnarren, die ihr ganz am Anfang schon aufgefallen waren.
    Als der König sie kommen sah, sprang er auf, um ihr eigenhändig den Stuhl zu seiner Linken zurechtzurücken. Er hatte das turmartige Oberteil seines Eibenkostüms abgelegt und trug über den grünen Beinkleidern nur einen leichten kurzen Rock aus braunem Samt. Seine Haare waren ein wenig zerzaust; er sah jünger und weniger gediegen aus als bei ihrer ersten Begegnung in der Manufaktur.
    »Meine Liebe, geht es Ihnen wieder besser? Sie tanzen wunderbar! Wo haben Sie gelernt, sich so anmutig zu bewegen?«, eröffnete er die Konversation, kaum dass sie beide auf ihren Stühlen saßen.
    Ein Teller mit Meeresfrüchten, geröstetem

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