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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Gott… das Imperium zu erhalten.«
    Seine Augen fielen zu, aber er war offenbar noch bei Bewusstsein. Er kämpfte. Die Fenster waren geschlossen, da spürte ich eine Veränderung in der Luft. Ich bedeutete einem Arzt, sie zu öffnen.
    Sobald die Fensterläden aufgeklappt wurden, fiel fahles Licht in den Raum, das von Minute zu Minute heller wurde. Die Sonne ging auf; Tränenspuren glitzerten auf den Wangen tapferer Männer. Konstantius' Gesicht wurde allmählich immer strahlender. Ich beugte mich vor und legte seine Hände auf der Brust zusammen.
    »Die Welt um dich herum verblasst…«, flüsterte ich, »es wird Zeit, zum Licht zu gehen…«
    Er richtete den Blick auf mich, doch war ich mir nicht sicher, worauf er schaute, denn in diesem Augenblick nahmen seine Gesichtszüge einen Ausdruck erstaunter Freude an. »Göttin…« Das Wort schwebte kaum vernehmbar im Raum. Dann weiteten sich seine blicklosen Augen, der Körper rang um einen letzten Atemzug und scheiterte, dann lag er still.

    In den acht Tagen, die zwischen Konstantius' Tod und seiner Einäscherung lagen, hatte Konstantin sein Zimmer nicht verlassen, nur wenig gegessen und mit niemandem geredet. Für mich waren diese Tage wie ein Albtraum, und die Erinnerungen, die mir im Wachzustand kamen, waren schlimmer als meine Träume. Doch als der achte Tag zu Ende ging, legte ich die weiße Trauerkleidung an und ging hinaus, um der Leiche meines Gemahls zum Scheiterhaufen zu folgen. Dort wartete Konstantin bereits, gewaschen, rasiert und in schneeweißer Toga, und obwohl tiefe Schatten unter den Augen lagen, war deutlich, dass er seine Selbstbeherrschung wieder gefunden hatte.
    Wenn ich heute an diesen Abend denke, kommen mir eine ganze Reihe von Bildern in den Sinn - Fackeln, die im Wind flackerten und vor der zunehmenden Dunkelheit blass wirkten, der weiße Marmor des neu errichteten Grabmals, das schwach in ihrem Schein schimmerte. Für Konstantius kam kein Begräbnis an der Straße vor der Stadt in Frage - der Magistrat von Eburacum hatte Anspruch auf ihn erhoben; wenn Konstantius sie lebend schon nicht mehr zu beschützen vermochte, so könnten die Ehren, die einem Grabmal auf dem Forum zuteil wurden, seine schwebende Seele vielleicht überreden, ihren Segen zu spenden.
    Ein anderes Bild taucht vor mir auf - Konstantius' Leiche, eingehüllt in Purpur und gekrönt mit dem Goldreif, liegt auf einem hoch aufgeschichteten Scheiterhaufen aus guter britannischer Eiche, übersät mit Kräutern. Ich erinnere mich an Fackelschein auf den finsteren Mienen von Asclepiodotus und Crocus, die uns begleitet hatten, und an das Glitzern ihrer Rüstungen. Und an Konstantins Schweigen, als wäre er aus demselben Marmor gemeißelt wie das Grabmal.
    Ich höre ein Geräusch, ein Aufheulen geht durch das Volk, als Konstantin eine Fackel zwischen die Holzscheite steckt. Die Soldaten, die eine ganze Seite des Platzes eingenommen haben, raunen, doch ihre Disziplin siegt, und als der Rauch gen Himmel steigt und die stille Gestalt des Kaisers verhüllt, wird es wieder ruhig, bis auf das Schluchzen der Frauen. Die Szene habe ich schon einmal gesehen, in der Vision, als ich in den Kreis der Frauen aufgenommen wurde, da aber hatte ich mich im kaiserlichen Purpur gesehen, und das war nie der Fall, wie also kann das hier wahr sein?
    Der Scheiterhaufen fiel bis auf glühende Kohlen zusammen, als die ersten Sterne am samtenen Leichentuch des Himmels auftauchten. Asclepiodotus mahnt Konstantin mit tiefer Stimme, er müsse jetzt zum Volk sprechen. Schlafwandlerisch dreht Konstantin sich um, seine Augen brennen. Er hebt die Arme, und es wird ganz still.
    »Meine Brüder und Schwestern, Waffenbrüder und Geschwisterkinder des Imperiums. Mein Vater und euer Vater ist tot, und seine Seele steigt zum Himmel auf. Wir sind verwaist und haben keinen Beschützer mehr. Wer wird über uns wachen?«
    Frauenstimmen heulen auf und werden sogleich von einem tiefen Schrei aus Männerkehlen überlagert.
    »Konstantin! Konstantin wird uns beschützen! Konstantinus, Imperator!«
    Konstantin hebt die Arme erneut, um der Menge Schweigen zu gebieten, doch die Rufe werden nur noch lauter, und nun wogen die Soldaten in Reihen nach vorn, Crocus in vorderster Front, einer von ihnen trägt ein Purpurgewand, und Asclepiodotus packt mich am Arm und zieht mich fort.
    Ich weiß nicht mehr, wie wir wieder in den Amtssitz des Statthalters gelangt sind. Doch in jener Nacht schien mir, als hallte vom Himmel der Schrei

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