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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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retten konnte.
    »Weine nicht, Dierna - es wird schon wieder gut, das verspreche ich dir!«
    »Ist die Königin gestorben?«, flüsterte der Junge.
    »Nein, denn der König liebte sie und glaubte die Anschuldigungen nicht, obwohl er nicht beweisen konnte, dass sie falsch waren. Aber sie ist bestraft worden.«
    »Wenn sie auf Avalon gewesen wäre, hätten sie gewusst, dass das Welpenknochen waren«, verkündete Dierna. »Aber die Hündin tut mit so Leid, die ihre Kinder verloren hat«, fügte sie tröstend an Eldri gewandt hinzu.
    »Sie war nicht die Einzige!«, sagte ich und erzählte rasch weiter, ohne mir um die traditionelle Form der Geschichte Gedanken zu machen. »Im selben Land gab es einen Bauern, dessen Jagdhündin jedes Jahr einen Welpen warf, der verschwand, genauso wie das Kind der Königin. Deshalb blieb der Bauer eines Nachts wach, um zu sehen, was passierte…« Ich hielt inne, um die Spannung zu erhöhen.
    »Ein Ungeheuer?«, fragte Dierna mit weit aufgerissenen Augen.
    »Ja. Der Bauer holte mit seiner Axt aus, schlug die Klaue ab, mit der es den Welpen festhielt, und machte sich dann auf, das Untier zu verfolgen, das er fortlaufen hörte. Er konnte es nicht fangen, aber als er wieder zur Scheune zurückkehrte, was meint ihr, was er dort fand?«
    »Die anderen Welpen?«, rief Haggaia aus.
    Eldri jaulte zustimmend, und ich gab der Geschichte noch einmal eine Wendung. »Nicht nur die Welpen waren da, sondern neben ihnen lag ein kleines Mädchen, eingewickelt in ein besticktes Tuch, und es sah genau aus wie die Königin!«
    »Und dann haben sie es zu seiner Mutter zurückgebracht, und sie waren alle glücklich…« Dierna hüpfte vor Vergnügen, als sie ihr eigenes Ende der Geschichte erfand. »Und auch die Welpen, und sie wuchsen alle zusammen auf, genauso wie du und Eldri!«
    Ich nickte und lachte, als der kleine Hund munter zu Dierna lief, an ihr hochsprang und ihr begeistert das Gesicht abschleckte. Das kleine Mädchen fiel hintenüber, und Kind und Hund tollten im Gras herum. Bei dem Lärm begann Becca sich zu rühren. Ich ging zu ihr und nahm sie auf den Arm.
    »Kommst du so deinen Pflichten nach?«
    Erschrocken schaute ich auf den dunklen Schatten, der zwischen mir und der Sonne stand. Ich rappelte mich auf, drückte den Säugling fest an mich und erkannte Ganeda, die mich vorwurfsvoll anblickte. Aber das war nichts Neues. Die Hohepriesterin zog die Stirn stets kraus, wenn sie das Kind ihrer Schwester ansah.
    »Sieh sie dir an - eine Schande ist das! Dierna! Lass sofort von dem schmutzigen Tier ab!«
    Ich reagierte darauf mit einem verständnislosen Blick, denn Eldris lockiges Fell leuchtete wie gewaschene Wolle in der Sonne. Der Hund hörte zuerst auf, dann das kleine Mädchen, dem das Lachen verging, als es zur Großmutter aufschaute.
    »Steh auf! Du bist die Erbin von Avalon. Und du, mein Junge - du gehst zurück auf die Seite der Männer. Du hast hier nichts verloren!«
    Verwundert hob ich eine Augenbraue. Dierna stammte zwar in direkter Linie von den Priesterinnen ab, aber das galt auch für mich. Und die Hohepriesterinnen wurden, ähnlich wie die römischen Kaiser, von ihren Anhängern nach ihren Verdiensten, nicht nach Abstammung gewählt. Sie will auch noch nach ihrem Tod über Avalon herrschen , dachte ich, und wenn ihre Tochter stirbt, will sie diesem Kind die Last aufbürden…
    »Ja, Großmutter«, sagte Dierna, stand auf und klopfte sich die Blätter vom Gewand. Haggaia machte sich bereits aus dem Staub in der Hoffnung, davonzukommen, ehe ihm Schlimmeres widerführe.
    Einen Augenblick lang funkelte Eldri die Hohepriesterin wütend an. Dann trabte er über die Wiese und urinierte mit großer Pose an einen Baum. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht lachen zu müssen, als Ganeda sich zu ihm umdrehte.
    »Es wird Zeit, dass Sian die Kleine stillt. Ich nehme die Kinder jetzt mit.«
    Mühsam gelang es mir, Beccas winzige Finger von meinem Halsausschnitt zu lösen und die Kleine der alten Frau zu übergeben. Ganeda schritt den Berg hinauf, und Dierna folgte ihr, nachdem sie noch einen traurigen Blick über die Schulter zurückgeworfen hatte. Während ich ihnen nachschaute, stieß eine kalte Nase an mein Bein. Ich nahm den kleinen Hund auf den Arm und liebkoste ihn.
    »Tut mir Leid, wenn du deine Spielgefährtin verloren hast«, sagte ich leise, aber in Wirklichkeit tat mir Dierna am meisten Leid, und für das Kind konnte ich nichts tun.

    Von Zeit zu Zeit brachte ein Pilger Neuigkeiten aus
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