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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Götterbote Merkur beschütze die Reisenden. Aber wir haben eine Göttin, die alle Straßen der Welt bewacht, und nach unserem Glauben war sie hier, noch ehe die Britannier ins Land kamen. Wir nennen sie Elen von den Wegen.«
    Ich richtete mich auf, denn das kam dem Namen sehr nahe, den ich hier erhalten hatte - Eilan…
    »Körperlich ist sie groß und stark«, fuhr der Priesterbarde fort, »und es heißt, sie habe eine Vorliebe für gute Hunde und Holunder. Alle Straßen, auf denen die Menschen reisen, stehen unter ihrem Schutz, sowohl die Wege zu Land als auch die Wasserstraßen. Händler erflehen ihren Schutz, und wo sie wandelt, gedeiht das Getreide.
    Vielleicht war sie die Erste, die unseren Vorfahren den Weg über das Meer zu dieser Insel gezeigt hat, und gewiss ist sie es, die uns lehrt, wie man sicher die Marschen um Avalon durchquert, denn die Stellen, an denen Wasser und Land zusammentreffen, sind ihr die liebsten. Wir rufen sie auch an, wenn wir zwischen den Welten wandeln wollen, denn sie ist auch die Herrin der Verborgenen Wege…«
    Ich musste daran denken, wie sich die Wirklichkeit verschoben hatte, als wir die Nebel durchquerten, um nach Avalon zu kommen. Bestimmt war das einer der Wege, die Elen beherrschte. Noch ganz in der Erinnerung gefangen, hatte ich fast den Eindruck, zu begreifen, wie es vor sich gegangen war. Dieser Moment indes ging schnell vorüber, und ich merkte, dass der Druide inzwischen seine kleine Harfe gestimmt hatte und zu singen begann.

    » O Herrin des Mondpfads so rein,
    der Wasserwege, von der Sonne gewiesen,
    der Drachenpfade von Hain zu Hain,
    der Verborgenen Wege, du seist gepriesen,
    O Elen, Herrin der Wege… «

    Ich blinzelte, als die Flamme der Fackel vor mir sich plötzlich teilte und wie Radspeichen aus reinem Licht zu strahlen begann. Einen Augenblick lang war ich mir zugleich ihrer unendlichen inneren Kraft und des ewigen Gleichgewichts ihres strahlenden Mittelpunkts bewusst. Offenbar gab es einen Ort, an dem alle Straßen eins waren. Doch der Barde sang noch weiter…

    » Von Heide und Hügel bis zum Marschenland
    lass deine Hunde uns leiten, tagaus, tagein;
    über krumme Pfade von Menschenhand
    führ uns, o Herrin, über Stock und Stein,
    o Elen, Herrin vom Wege… «

    Ich dachte an Eldri und lächelte, als ich mir vorstellte, wie der wuschelige weiße Hund eine arme verwirrte Seele einen Berg hinaufführen wollte. Doch ich wusste, wie oft die bedingungslose Hingabe des kleinen Hundes mir Kraft gegeben hatte, wenn die Hohepriesterin Ganeda wieder einmal schwor, ich wäre wohl nie würdig, Priesterin von Avalon zu werden. Ob diese neue Göttin mir den Weg zu meiner Bestimmung weisen könnte?

    » Schwindet die Sicht und wir wollen verzagen,
    möge dein Licht aus dem Sumpf uns geleiten,
    wenn weder Kraft noch Sinne uns tragen,
    sollst du dem Herzen den Weg bereiten,
    o Elen, Herrin der Wege… «

    Die letzten Töne der Harfe schwangen noch in der Luft und verklangen allmählich. Die Zuhörer erwachten aus ihrer Trance, in die sie aufgrund der Musik oder des guten Essen gesunken waren. Ich nutzte das Durcheinander des allgemeinen Aufbruchs und brachte Dierna das Essen.
    Vorsichtig umging ich die Abtritte und zog das andere Ende meines Umhängetuchs hoch, um mein bleiches Gesicht vor dem Mondlicht zu verbergen. Der Mond stand noch nicht hoch am Himmel, und der Lagerschuppen lag in tiefem Schatten. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ ich das Tuch sinken, doch als ich die Tür berührte, fuhr mir ein heiliger Schreck in die Glieder, denn sie war nicht mehr verriegelt.
    Ich habe doch ganz sicher den Riegel vorgelegt, als ich vorhin wegschlich! , dachte ich verzweifelt. Ich schlüpfte hinein und rief leise, doch außer einem schwachen Scharren hinter den Körben mit den Nüssen war nichts zu hören, keine Spur von Dierna außer ihrer Schärpe. Dierna hatte Recht , meldete sich eine Stimme in mir. Hier gibt es tatsächlich Ratten…
    Mein Verstand arbeitete fieberhaft. Vielleicht hatte Ganeda Mitleid mit dem Kind gehabt und es freigelassen, oder eine der anderen Priesterinnen war eingeschritten. Doch ich wusste, dass die Hohepriesterin ihre Entscheidungen nie umstieß, und von den anderen hatte niemand den Mut, ihr zu widersprechen. Wenn ich erwachsen bin , dachte ich finster, werde ich…
    Diesmal achtete ich sorgfältig darauf, dass ich die Tür hinter mir verriegelte. Mit Mühe zwang ich mich, nicht zu laufen, als ich das geborgene kleine Haus aufsuchte, in
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