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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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schaute ich nach oben und hoffte, dort die geheimen Sänger zu entdecken. Als ich den Blick wieder senkte, stand eine Fremde vor mir.
    Ich blinzelte, denn ich hatte Schwierigkeiten, sie genau ins Auge zu fassen. Der Mantel der Frau bestand aus den mannigfachen blassen Goldtönen herbstlicher Weidenblätter. Rote Beeren wanden sich wie ein Diadem durch ihr dunkles Haar und über die Stirn.
    Sie sieht aus wie Heron , dachte ich verwundert, oder als gehöre sie dem kleinen dunklen Volk aus dem Dorf am See an! Doch keine Frau aus dem Volk vom See hatte je dagestanden, als wäre ihre Umgebung nur für sie geschaffen worden, stattlich wie eine Priesterin, edel wie eine Königin. Eldri war auf sie zugelaufen und sprang an ihrem Rock hoch, wie er es immer bei mir machte, wenn ich fort gewesen war.
    Ich unterdrückte einen Anflug von Eifersucht, denn Eldri hatte noch nie jemandem solche Zuneigung gezeigt. Ich sank in Ehrerbietung wie vor einer Kaiserin nieder.
    »Du verbeugst dich vor mir, und das ist gut, aber andere werden sich eines Tages vor dir verneigen.«
    »Wenn ich Hohepriesterin werde?«
    »Wenn du deine Bestimmung erfüllst«, lautete die Antwort. Die Stimme der edlen Frau war lieblich wie Bienengesumm an einem Sommertag, doch ich wusste, wie schnell diese Musik in wütendes Surren umschlagen konnte, wenn der Stock sich in Gefahr wähnte, und ich wusste nicht, was diese Königin wütend machte.
    »Was ist mir bestimmt?«, wagte ich schließlich mit klopfendem Herzen zu fragen.
    »Das hängt davon ab, wie du dich entscheidest…«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Du hast doch drei Wege gesehen, als du hierher kamst?«
    Die Stimme der edlen Frau blieb reizend und leise, doch es lag eine Macht darin, die mein Gedächtnis zu der Szene hinführte, und dann sah ich es wieder vor mir - den Pfad, der durch die Nebel zurückführte, den steinigen Weg und den mittleren, der breit und schön war, gesäumt von blassen Lilien.
    »Die Entscheidung, die du zu treffen hast, liegt in der Zukunft - entweder die Welt der Römer zu suchen, das Verborgene Land oder Avalon«, fuhr die Feenkönigin fort, als hätte ich ihr geantwortet.
    »Aber ich habe mich bereits entschieden«, antwortete ich überrascht. »Ich werde Priesterin von Avalon.«
    »Das sagt dir dein Verstand, aber was sagt dein Herz?« Die Frau lachte leise. Prickelnde Hitze strich über meine Haut.
    »Wenn ich alt genug bin, um an solche Dinge zu denken, werde ich es wahrscheinlich wissen«, entgegnete ich trotzig. »Aber ich habe geschworen, mich keinem Mann hinzugeben, es sei denn, die Göttin will es, und ich werde meinen Eid nicht brechen!«
    »Ach, Tochter…« Die Frau lachte erneut. »Sei dir nicht so sicher, dass du verstehst, was deine Gelübde bedeuten und wohin sie dich führen werden! Das eine will ich dir sagen: Erst wenn du begreifst, wer du wirklich bist, wirst du deinen Weg kennen…«
    Von irgendwoher drangen Worte an mein Ohr. »Eilan bin ich, und Elen wird mich führen…«
    Die Feenkönigin schaute mich an und lächelte plötzlich.
    »So ist es. Und wenn du das weißt, dann hast du dich bereits auf den Weg begeben. Doch genug der ernsthaften Dinge - denn jetzt bist du hier, und das wird nicht vielen Sterblichen zuteil. Komm, meine Kleine, und feiere mit uns in meiner Halle!« Sie schaute mich mit einem Liebreiz an, der das Herz schmerzlich berührte, und reichte mir die Hand.
    »Wenn ich mit dir gehe… kann ich dann wieder nach Avalon zurückkehren?«, fragte ich zögernd.
    »Wenn du es willst«, lautete die Antwort.
    »Und werde ich Dierna finden?«
    »Willst du das wirklich?«, fragte die Frau.
    »Von ganzem Herzen!«, rief ich.
    Die Feenkönigin seufzte. »Wieder das Herz! Ich sage dir, wenn du sie findest, wirst du sie verlieren, aber das wirst du wahrscheinlich nicht verstehen. Komm und sei für kurze Zeit glücklich, wenn es das einzige Geschenk ist, das du von mir annimmst…«
    Dann nahm die Feenkönigin mich an die Hand und führte mich über gewundene, unbekannte Wege. Alsbald kamen wir zu einer Halle aus Holz, das weder geschlagen noch behauen war, wie ich es im Land der Menschen gesehen hatte, sondern verwoben und verwachsen, und die Balken bestanden aus lebendem Holz, das Dach aus Ästen mit frischem Grün. An dicken Zweigen, die aus den Wänden wuchsen, waren Fackeln angebracht, deren heller, flackernder Schein in den strahlenden Augen der Menschen tanzte, die dort an dem hohen Tisch saßen.
    Sie reichten mir ein süßes, schäumendes Getränk

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