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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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dem die kleineren Kinder schliefen. Als Vorwand diente mir die Frage, ob sie dort mit Eldri spielten. Doch weder der Hund noch Dierna waren zu sehen, und die Kinder verhielten sich ungewöhnlich ruhig, als laste der Gedanke an Diernas Strafe auf ihnen.
    Ich wünschte ihnen hastig eine gute Nacht und kehrte ins Haus der Jungfrauen zurück. Ich müsste jetzt Alarm schlagen, doch ich zitterte bei der Vorstellung an die Schläge, die Dierna erwarteten, weil sie fortgelaufen war. Eldri sprang auf und jaulte, als er meine Angst spürte, und ich gebot ihm, still zu sein. Dann überkam mich tiefe Ruhe. Eldri war kein Spürhund, aber er hatte bewiesen, dass er klug war. Vielleicht gab es eine andere Möglichkeit.
    Es dauerte quälend lange, bis die anderen Mädchen ihre Nachtgewänder angezogen und sich das Haar ausgebürstet hatten, ein letztes Mal auf den Abtritt gegangen waren, die Lampen gelöscht, sich auf die Seite gedreht hatten und bis das letzte Husten verklungen und sie eingeschlafen waren. Nach einer Ewigkeit war alles still. Dennoch wartete ich, bis mir selbst die Augen zufielen. Dann schlüpfte ich aus dem Bett, steckte meine Schuhe unter das Umhängetuch und schlich auf Zehenspitzen zur Tür.
    »Was ist?«
    Ich unterdrückte einen Schreckenslaut. Aelia hatte, schon halb im Schlaf, die Frage gestellt.
    »Eldri muss noch einmal raus«, flüsterte ich und zeigte auf den kleinen Hund, der immer einen halben Schritt hinter mir war, wenn man ihm nicht befohlen hatte, sitzen zu bleiben. »Schlaf ruhig weiter.«
    Stattdessen setzte Aelia sich auf, rieb sich die Augen und sah mich prüfend an. »Warum trägst du deine Schuhe?«, flüsterte sie. »Und dein schweres Umhängetuch? Hast du etwas vor, das dir Ärger einbringt?«
    Im ersten Augenblick fiel mir nichts ein. Dann kam mir der Gedanke, dass ich vielleicht jemandem sagen sollte, wohin ich ging, und dass Aelia mich nicht verraten würde, darauf konnte ich vertrauen.
    »Dierna steckt in Schwierigkeiten…« Rasch erklärte ich ihr flüsternd, was geschehen war. »Ich glaube, Eldri kann sie finden. Wenigstens muss ich es versuchen!«
    »O Eilan, sei vorsichtig!«, hauchte Aelia daraufhin. »Ich werde nicht eher zur Ruhe kommen, bis du wieder da bist!« Sie streckte eine Hand aus, und ich bückte mich, um sie kurz zu umarmen. Dann seufzte sie und ließ sich wieder ins Kissen fallen. Als ich die Tür öffnete, schlug mein Herz so laut, dass ich dachte, es würde alle wecken.
    Inzwischen stand der Mond so hoch, dass sich die Halle und die Außengebäude in scharfen Konturen abhoben. Ich musste mich beeilen, denn es gab wenig Deckung. Ich huschte von Schatten zu Schatten, Eldri dicht auf den Fersen, bis ich wieder beim Lagerschuppen ankam.
    Schwer atmend hob ich die Schärpe auf und hielt sie Eldri unter die Nase.
    »Das gehört Dierna - Dierna - weißt du! Such Dierna, Eldri, such sie!«
    Der Hund schnüffelte an dem Tuch. Dann winselte er und lief zur Tür. Ich hielt sie ihm auf, schlüpfte hinter ihm hinaus und lehnte sie wieder an, während Eldri zielstrebig über den Hof trottete.
    Die Gewissheit des Hundes verlieh mir Zuversicht. Als wir an dem letzten Gebäude vorbeiliefen, atmete ich aus. Ich hatte nicht gemerkt, dass ich die Luft angehalten hatte, und als ich wieder einatmete, spürte ich ein leichtes Prickeln auf der Haut, das ich zuweilen empfand, wenn die Priesterinnen mit übersinnlichen Kräften arbeiteten. Ich zögerte und suchte meine nächste Umgebung ab. Die Zeit war weder reif für das Vollmondritual noch für ein großes Fest. Vielleicht waren die Druiden mit Vorbereitungen beschäftigt; ich kannte ihre Feierlichkeiten nicht. Aber irgendetwas ging vor, denn die Nacht war voller Magie. Wenn ich Glück hatte, würde niemand die Zeit haben, festzustellen, dass ich fortgegangen war.
    Die Nase dicht am Boden, lief Eldri am Fuß des Tor entlang. Dierna musste nach Osten auf höher gelegenes Gelände gelaufen sein - zu dieser Jahreszeit gab es dort genügend trockene Stellen, über die man das dahinter liegende Weideland erreichen konnte. Obwohl der Himmel über dem Tor klar war, lagen das Land und das Wasser dahinter unter einer dicken Nebeldecke, sodass Avalon sich aus einem Wolkenmeer zu erheben schien.
    In dichtem Nebel konnte man leicht den Halt verlieren, und selbst wenn Dierna den See mied, gab es jede Menge Sumpflöcher, die noch verhängnisvoller sein konnten. Hätte ich den Hund nicht gehabt, der mich führte, dann hätte ich mich nie in der
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