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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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davon entfernt zu begreifen, wer oder was dieser alte Mann sein könnte, doch aufgrund meiner guten Ausbildung wusste ich, dass das, was er sagte, richtig war.
    »Guter Vater, was muss ich tun?«
    »Suche stets nach dem Licht…«, antwortete er, und während er diese Worte aussprach, wurde das Sonnenlicht auf seinem weißen Gewand gleißend hell.
    Ich blinzelte, und als ich aufschaute, stand Con vor mir und sprach über die Pferde. Der alte Mann war nicht mehr da.
    »Die Pferde warten unten am Tor«, wiederholte der junge Druide, »und es ist nicht mehr lange hell.«
    Noch immer verblüfft, ließ ich mir von ihm aufhelfen. Ich hütete mich, über mein Erlebnis zu reden, aber ich wusste, dass ich noch lange daran denken würde.

    Die Abenddämmerung zog ihren Schleier über das Tal von Avalon und hüllte Marsch und Weiden gleichermaßen in trübes Rotgrau. Von meinem Beobachtungsposten neben der Straße nach Mendip konnte ich vom höher gelegenen Gelände im Osten beinahe alles überblicken bis zur Mündung des Sabrina-Flusses, wo die Sonne im Meer unterging. Außer dem Tor lag alles im Schatten, nur das Wasser schimmerte noch hell. Zehn Jahre lang hatte ich mich dort oben von der Sonne verabschiedet; es war faszinierend, wenn man es von außerhalb beobachtete. Es war in jeder Hinsicht eigenartig, schrecklich und seltsam erregend zugleich, wieder in der Welt der Menschen zu sein, wenn auch nur für kurze Zeit.
    Con berührte meinen Ellenbogen. »Es ist beinahe dunkel. Der Römer dürfte bald kommen.«
    »Danke.« Ich nickte und warf einen kurzen Blick auf die Wolken, die sich im Norden zusammenbrauten. Selbst die Bewohner Avalons konnten von einem klaren Himmel keinen Regen herabbeschwören. Daher mussten wir auf geeignetes Wetter warten, das meinem Ziel diente. Den ganzen Nachmittag lang hatte ich die Wolken in Schach gehalten. Jetzt ließ ich einen Teil der Energie frei, die sie festhielt, und spürte den kühlen, feuchten Odem des Sturms auf meinen Wangen.
    Wir hatten erfahren, dass Herons Prophezeiung vom Tode des Kaisers eingetreten war, und das gab uns Auftrieb. Die Männer, die in der Schänke bei den Bleiminen tranken, wussten viele Gerüchte zu erzählen. Es hieß, Claudius habe testamentarisch das Reich Aurelian vermacht, ebenfalls einem Truppenführer, und dabei seinen Bruder Quintillus übergangen, der nach einem missglückten Staatsstreich Selbstmord begangen hatte.
    »Er wird kommen, keine Bange«, sagte der Druide, der auf uns gewartet hatte. »Diese Römer sind Gewohnheitsmenschen, und er ist in der vergangenen Woche jeden Abend hier entlanggeritten.«
    »Hat er helle Haare?«, fragte ich noch einmal.
    »Hell wie gebleichter Flachs, und zwischen den Augenbrauen trägt er das Mithraszeichen.«
    Ich fuhr mit einer Hand unter meinen Schleier und berührte den blauen Halbmond, der mir auf die Stirn tätowiert war. Er ist ein Eingeweihter , ermahnte ich mich, und kann vielleicht mehr sehen als ein gewöhnlicher Mann. Ich muss vorsichtig sein .
    Hinter der Wegbiegung rief ein Brachvogel, ungewöhnlich für die Hochmoore, doch der Römer, dessen Ankunft er ankündigte, würde es nicht wissen. Ich atmete tief ein, hob die Arme gen Himmel und ließ die Wolken frei.
    Im Nu spürte ich die ersten Tropfen. Als die Gestalt auf dem rotbraunen Maultier in Sicht kam, regnete es in Strömen, und mehrere Wolkenfronten, die nacheinander hätten kommen sollen, ließen den angespeicherten Regen gleichzeitig ab.
    Unsere Beute hatte sich in den dürftigen Schutz eines Holunderstrauchs zurückgezogen und hielt sich den Kriegsmantel halb über den Kopf bei dem vergeblichen Versuch, sich zu schützen. Ich beobachtete ihn noch eine Weile.
    »Bleibt außer Sichtweite«, trug ich den beiden Druiden auf und wickelte mich noch fester in meinen Mantel, »aber wenn ich aufbreche, folgt mir.« Ich spornte mein Pferd an und führte es über die Böschung unterhalb der Straße.
    »Hilfe - bitte, so helft mir!«, rief ich in römischer Sprache und mit hoher Stimme, damit sie über dem Heulen des Sturms zu hören war. Ich zerrte an den Zügeln des Ponys, das im Begriff war zu stürzen, als sollte ich tatsächlich in eine Notlage geraten. Zunächst passierte nichts, und ich trieb das Pferd weiter an. Ich klammerte mich an seine Mähne. »Hört mich denn niemand?«, schrie ich noch einmal und erblickte das rotbraune Maultier am Rand des Hügels.
    Ich trug einen weißen Mantel, und der Römer sollte in der Lage sein, ihn trotz des Sturms zu

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