Die Priesterin von Avalon
hässlich, ja sogar alt ansehen, bis ich wusste… bis ich wusste, ob er mein Schicksal war…
»Julia Helena dankt dir«, murmelte ich und nannte ihm meinen römischen Namen, der mir ebenso fremd über die Lippen kam wie die lateinische Sprache. Das Mädchen mit diesem Namen hatte in einem anderen Leben gelebt, zehn Jahre zuvor. Doch plötzlich kam mir der Gedanke, ob sie vielleicht dazu bestimmt wäre, wieder aufzuleben.
An seiner Hüfte baumelte eine Lederflasche. Er zog den Riemen über den Kopf und bot sie mir an. »Es ist nur Wein, aber er wärmt dich vielleicht auf…«
Ich brachte ein Lächeln zustande, drehte mich um und durchwühlte meine Satteltaschen. »Und ich habe hier etwas Brot und Käse und getrocknete Früchte, die meine Schwestern mir eingepackt haben.«
»Das wird ja ein Festessen.« Konstantius ließ sich auf der anderen Seite des Feuers nieder und lächelte.
Es verwandelte sein Gesicht, und eine Hitzewelle versengte meinen Körper wie Feuer. Wortlos reichte ich ihm das Brot, und er nahm es entgegen. Ich hatte einmal gehört, dass man im Lande der Berge schon verheiratet sei, wenn man eine Mahlzeit, das Bett und ein Feuer geteilt habe. Ersteres und Letzteres traf auf uns bereits zu, und zum ersten Mal im Leben fühlte ich mich versucht, mein Gelübde zu brechen.
Als meine Finger seine Hand streiften, hatte er gezittert. Meine angespannten Sinne sagten mir, dass er unbewusst auf meine Vertrautheit reagierte. Meine Druideneskorte war draußen irgendwo. Sie würden uns nicht stören, es sei denn, ich würde schreien. Es fehlte nicht viel, ein Schritt auf den Römer zu, ein Schaudern, als wäre mir kalt und brauchte seine Umarmung, die mich wärmte. Ein Mann und eine Frau, allein zusammen - den Rest würden unsere Körper ohne Anleitung tun.
Doch was wäre mit unseren Seelen?
Sich ihm unehrenhaft hinzugeben würde das andere zerstören, das noch süßer war als das Verlangen, er möge meinen Körper erhitzen: die Kraft, die ich zwischen uns spürte. So kam es, dass ich zurückwich, obwohl ich mir vorkam wie eine ausgehungerte Frau, die das Essen verschmähte. Wie einen zerrissenen Mantel zog ich Hässlichkeit um mich, das Gegenteil des Glanzes, den nur eine Priesterin zu tragen weiß.
Konstantius schüttelte irritiert den Kopf, warf mir einen verwunderten Blick zu und schaute zur Seite. »Lebst du hier in der Gegend?«, fragte er höflich.
»Ich wohne mit meinen Schwestern am Rande der Marsch«, antwortete ich wahrheitsgemäß, »bei der Insel, auf der die christlichen Mönche ihr Heiligtum haben.«
»Auf Inis Witrin? Ich habe davon gehört…«
»Wir können es morgen erreichen, noch ehe die Sonne ihren Höchststand erreicht hat«, sagte ich. »Ich wäre dir dankbar, wenn du mich begleiten könntest.«
»Gewiss. Den Männern, die den Besitz meiner Familie beaufsichtigen, wäre es ohnehin lieber, ich wäre nie hierher gekommen - es wird sie nicht kümmern, wenn ich einen Tag oder länger fort bin«, fügte er verbittert hinzu.
»Wie kam es, dass du über die entlegenen Straßen Britanniens rittest? Du scheinst ein Mann mit beachtlichen Fähigkeiten zu sein«, fragte ich mit echter Neugier.
»Ganz zu schweigen von meinen Familienbanden.« In seine Verbitterung hatte sich Schärfe gemischt. »Meine Großmutter war eine Schwester des Kaisers Claudius. Ich wollte etwas erreichen aufgrund meiner Fähigkeiten, nicht durch Gönnerschaft. Doch da mein Großonkel versucht hat, das Imperium an sich zu reißen, und gescheitert ist, werde ich mich damit zufrieden geben, einfach nur am Leben zu bleiben. Der neue Kaiser hat allen Grund, Männern aus meiner Familie zu misstrauen.«
Er zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck aus dem Weinschlauch. »Die Familie meiner Mutter hat Liegenschaften hier in Britannien - ein Einfuhrunternehmen in Eburacum und eine Beteiligung an den Bleiminen, und der Zeitpunkt war günstig, einen Agenten zu schicken, der sie überprüfen soll. Im Augenblick ist das gallische Reich für mich sicherer als Rom.«
»Aber werden Tetricus und… wie heißt er noch, Marius, dich für eine Gefahr halten?«
Konstantius schüttelte den Kopf und lachte. »Victorina Augusta ist die eigentliche Herrscherin. Man nennt sie die Mutter der Heerlager, aber sie schenkt Britannien nur wenig Aufmerksamkeit. Solange sie ihren Anteil an den Gewinnen erhält, werden sie mich in Ruhe lassen. Kaiser kommen und gehen, aber die Geschäfte halten die Welt in Gang!«
»Das hört sich nicht so
Weitere Kostenlose Bücher