Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
auf.
»Corwin!«
»Ja, Gérard. Du siehst gut aus.«
»Deine Augen! Du kannst sehen?«
»Ja, ich kann wieder sehen.«
»Wo bist du?«
»Komm zu mir, dann zeige ich es dir.«
Er kniff die Augen zusammen.
»Ich weiß nicht recht, ob ich das wirklich tun sollte, Corwin. Ich bin im Augenblick ziemlich beschäftigt.«
»Es geht um Benedict«, sagte ich. »Du bist der einzige, bei dem ich mich darauf verlassen kann, daß er ihm hilft.«
»Benedict? Ist er in Not?«
»Ja.«
»Warum ruft er mich dann nicht selbst?«
»Das könnte er gar nicht. Er ist verhindert.«
»Warum? Wie denn?«
»Die Geschichte ist zu lang und zu kompliziert, um sie jetzt zu erzählen. Glaub mir, er benötigt deine Hilfe, auf der
Stelle.«
Er biß sich auf die bärtige Unterlippe.
»Und du wirst allein nicht damit fertig?«
»Auf keinen Fall.«
»Und du glaubst, ich schaffe es?«
»Ich weiß es.«
Er lockerte seine Klinge in der Scheide.
»Ich will nicht hoffen, daß das eine Art Trick ist, Corwin.«
»Ich versichere dir, daß nichts dahintersteckt. Die lange Zeit, die seither vergangen ist, hätte mir doch sicher Gelegenheit gegeben, eine raffiniertere List auszutüfteln.«
Er seufzte. Dann nickte er.
»Na gut. Ich komme zu dir.«
»Bitte.«
Er verharrte einen Augenblick lang, dann machte er einen Schritt vorwärts.
Und schon stand er neben mir. Er streckte die Hand aus und berührte mich an der Schulter. Er lächelte.
»Corwin«, sagte er. »Es freut mich, daß du dein Augenlicht wieder hast.«
Ich wandte den Blick ab.
»Mich auch. Mich auch.«
»Wer ist das auf dem Wagen?«
»Ein Freund. Er heißt Ganelon.«
»Wo ist Benedict? Was hat er für Probleme?«
Ich machte eine Armbewegung.
»Dort hinten«, sagte ich. »Etwa zwei Meilen von hier an der Straße. Er ist an einen Baum gefesselt. Sein Pferd grast in der Nähe.«
»Was machst du hier?«
»Ich fliehe.«
»Wovor?«
»Vor Benedict. Ich bin derjenige, der ihn gefesselt hat.«
Er runzelte die Stirn.
»Ich verstehe das alles nicht ...«
Ich schüttelte den Kopf.
»Es gibt da zwischen uns ein Mißverständnis, das ich nicht habe aufklären können. Er wollte mir nicht zuhören, und da haben wir gekämpft. Ich habe ihn bewußtlos geschlagen und gefesselt. Befreien könnte ich ihn nicht – er würde mich sofort wieder angreifen. Andererseits kann ich ihn nicht hilflos zurücklassen. Er könnte Schaden nehmen, ehe er sich selbst befreien kann. Deshalb habe ich dich gerufen. Bitte geh zu ihm, befreie ihn, begleite ihn nach Hause.«
»Was tust du inzwischen?«
»Ich verschwinde von hier, so schnell ich kann, und verliere mich in den Schatten. Wenn du ihn davon abhältst, mir erneut zu folgen, würdest du uns beiden einen Gefallen tun. Ich möchte nicht noch einmal gegen ihn kämpfen müssen.«
»Ich verstehe. Kannst du mir nicht sagen, was geschehen ist?«
»Ich weiß es nicht genau. Er hat mich einen Mörder genannt. Ich gebe dir mein Wort, daß ich während meines Aufenthalts in Avalon keinen Menschen getötet habe. Bitte berichte ihm, daß ich das gesagt habe. Ich hätte gar keinen Grund, dich anzulügen, und ich schwöre, daß ich die Wahrheit sage. Es gibt da noch eine andere Sache, die ihn vielleicht erzürnt hat. Wenn er darauf zu sprechen kommt, sag ihm, dabei müßte er sich mit Daras Erklärung begnügen.«
»Und die wäre?«
Ich zuckte die Achseln. »Du weißt schon Bescheid, wenn er das Thema anschneidet. Wenn nicht, vergiß die Sache.«
»Dara war der Name?«
»Ja.«
»Na schön. Ich tue, was du von mir erbittest ... Sagst du mir noch schnell, wie du deine Flucht aus Amber bewerkstelligt hast?«
Ich lächelte. »Ist das ein rein akademisches Interesse? Oder hast du das Gefühl, daß du dieses Wissen eines Tages brauchen könntest?«
Er lachte leise. »Die Information könnte eines Tages ganz nützlich sein.«
»Es tut mir leid, lieber Bruder, daß die Welt für diese Erkenntnis noch nicht reif ist. Wenn ich es jemandem erzählen müßte, dann dir – aber es gibt keine Möglichkeit, daß dir die Erkenntnis nützen könnte, während mir meine Verschwiegenheit auch künftig noch von Vorteil sein kann.«
»Mit anderen Worten – du kennst einen Geheimweg von und nach Amber. Was hast du vor, Corwin?«
»Was glaubst du denn?«
»Die Antwort liegt auf der Hand. Allerdings sehe ich die Sache mit gemischten Gefühlen.«
»Würdest du mir das bitte erklären?«
Er deutete auf einen Teil der schwarzen Straße, die von unserem Standort aus
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