Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
immer nur weiter gehen, nach einiger Zeit um die Nordecke des Palasts, dann nach links, vorbei an einem Hof voller Balkone, auf denen vereinzelt weitere Gespenster stehen ...
Nach hinten herum, um auch den rückwärtigen Garten in dieser Form zu sehen; im echten Amber, im normalen Mondlicht, bietet er einen herrlichen Anblick.
Ein paar weitere Gestalten, die herumstehen, sich unterhalten ... Außer meiner Eigenbewegung scheint sich nichts zu rühren.
... Und ich fühle mich nach rechts gezogen. Da man niemals ein kostenloses Orakel ablehnen sollte, gebe ich dem Drang nach.
... Nähere mich einer gewaltigen Hecke, darin eine kleine offene Fläche, wenn sie nicht überwachsen ist ... Vor langer Zeit ...
Darin zwei Gestalten, die sich umarmen. Sie weichen auseinander, als ich mich abzuwenden beginne. Geht mich nichts an, aber ... Deirdre ... Eine der beiden ist Deirdre. Noch ehe er sich umwendet, weiß ich, wer der Mann sein muß. Welche Macht auch immer hier im Silber und in der Stille herrscht, sie spielt mir einen grausamen Streich ... Zurück, zurück, fort von der Hecke. Umdrehen, fallen, wieder aufstehen, laufen, fort, fort, schnell ...
Randoms Stimme: »Corwin? Alles in Ordnung?«
»Später, verdammt! Später!«
»Wir haben nicht mehr lange bis Sonnenaufgang, Corwin. Ich hielt es für besser, dich zu erinnern ...«
»Und jetzt hast du mich erinnert!«
Fort jetzt, schnell ... Auch die Zeit ist in Tir-na Nog´th nur ein Traum. Ein geringer Trost – aber besser als keiner. Schnell jetzt, fort, gehen, fort ...
... Auf den Palast zu, schimmernde Architektur des Geistes oder der Seele, deutlicher vor mir, als es der wirkliche Palast jemals gewesen ist. Vollkommenheit zu bescheinigen, ist ein wertloses Urteil, doch ich muß sehen, was sich darin befindet ... Bald muß das Ende kommen, denn ich werde vorangetrieben. Diesmal habe ich mir nicht die Zeit genommen, meinen Stab aus dem funkelnden Gras aufzuheben.
Ich weiß, wohin ich gehen muß, was ich tun muß. Völlig klar ist mir das, obwohl die Logik, die mich nun erfüllt, nicht die eines wachen Geistes ist.
Eilig hinauf zum rückwärtigen Portal ... Das Stechen in der Seite nistet sich wieder ein. Steigen, über die Schwelle, hinein ...
In Dunkelheit, weder Sternenschein noch Mondlicht. Die Beleuchtung ist ohne Richtung, scheint ziellos dahinzutreiben und sich beliebig zu sammeln. Wo sie kein Ziel findet, sind die Schatten absolut und lassen große Teile des Raums, des Saals und der Treppe unheimlich erscheinen.
Dazwischen hindurch, nun fast laufend. Schwarzweißbild meines Zuhauses ... Angst überfällt mich ... Die schwarzen Flecke wirken nun wie Löcher in diesem Stück Realität ... Ich fürchte, ihnen zu nahe zu kommen. Hineinzufallen und verloren zu sein ...
Umdrehen ... Überqueren ... Schließlich ... Eintreten ... Der Thronsaal. Bündel von Schwärze aufgestapelt, wo meine Augen gern Linien abtasten möchten, um zum eigentlichen Thron zu gelangen ...
Dort allerdings gibt es eine Bewegung.
Eine Verschiebung zu meiner Rechten, während ich voranschreite, ein Verschieben und Anheben.
Stiefel kommen in Sicht, als ich mich vorwärtsdrängend der Basis des Gebildes nähere.
Grayswandir gleitet mir in die Hand, findet seinen Weg an eine erleuchtete Stelle, wiederholt sein augentäuschendes, formveränderndes Strecken, gewinnt einen eigenständigen Schimmer ...
Ich stelle den linken Fuß auf die Stufe, stütze die linke Hand aufs Knie. Störend, doch erträglich: das Pulsieren meiner heilenden Wunde. Ich warte auf die Schwärze, ich warte, daß er zur Seite gezogen wird, der passende Vorhang für die Theaterrolle, die ich heute abend habe übernehmen müssen.
Und er gleitet zur Seite, enthüllt eine Hand, einen Arm, eine Schulter, der Arm ein funkelnd-metallisches Ding, die Oberflächen wie die Facetten eines Juwels, Handgelenk und Ellbogen herrliche Gebilde aus Silberdrähten, zusammengeschweißt mit Feuerpunkten, die Hand, stilisiert, skelettartig, ein Spielzeug von schweizerischer Präzision, ein mechanisches Insekt, funktionell, tödlich, auf seine Weise schön zu nennen ...
Und gleitet zur Seite, gibt den Blick frei auf den Rest des Mannes ...
Benedict steht lässig neben dem Thron, seine linke und menschliche Hand leicht darauf gestützt. Er beugte sich zum Thron. Seine Lippen bewegten sich.
Und der Vorhang gleitet weiter, enthüllt die Person auf dem Thron.
»Dara!«
Nach rechts gewendet, lächelt sie, nickt Benedict zu; ihre Lippen
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