Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
sich verändert. Du hast Angst, es zu versuchen.«
»Kann sein«, sagte ich. »Aber spürst du nicht auch, daß etwas, für das man soviel gegeben hat, einige Mühe, einige zusätzliche Opfer wert ist, solange nur die Möglichkeit der Rettung besteht?«
»Du verstehst mich noch immer nicht«, behauptete er. »Ich kann nur immer daran denken, daß etwas Beschädigtes vernichtet – und voller Hoffnung erneuert werden sollte. Die Wunde in mir ist so beschaffen, daß ich mir eine Wiederherstellung einfach nicht vorstellen kann. Ich bin nun mal auf diese Art beschädigt worden. Meine Gefühle sind vorherbestimmt.«
»Wenn das Juwel ein neues Muster schaffen kann, warum gibt es sich dann nicht dazu her, das alte zu reparieren, unseren Ärger zu beenden, unsere Moral zu heben?«
Er kam näher und baute sich vor mir auf.
»Wo sind deine Erinnerungen?« fragte er. »Du weißt genau, daß es ungeheuer viel schwieriger sein würde, den Schaden auszumerzen, als ganz von vorn zu beginnen. Selbst das Juwel könnte das Muster eher vernichten als reparieren. Hast du vergessen, wie es da draußen aussieht?« Er deutete auf die Wand hinter sich. »Möchtest du´s dir noch einmal anschauen?«
»Ja«, sagte ich. »Ja, gern. Gehen wir.«
Ich stand auf und blickte auf ihn hinab. Als er sich aufzuregen begann, hatte er etwas die Kontrolle über sein Äußeres verloren. Schon hatte er drei oder vier Zoll an Größe verloren, sein/mein Gesicht zerschmolz zu den eigenen zwergenhaften Zügen, und der Buckel begann zwischen seinen Schulterblättern sichtbar zu werden, war bereits erkennbar gewesen, als er seine große Armbewegung machte.
Er riß die Augen auf, als er in mein Gesicht blickte.
»Du meinst es ja ernst!« sagte er nach kurzem Schweigen. »Na schön! Gehen wir.«
Er machte kehrt und näherte sich der großen Metalltür. Ich folgte ihm. Mit beiden Händen drehte er den Schlüssel. Dann warf er sich mit voller Kraft dagegen. Ich machte Anstalten, ihm zu helfen, doch er schob mich mit außerordentlicher Kraft zur Seite, ehe er der Tür den letzten Stoß gab. Ein knirschendes Geräusch ertönte, dann schwang die Tür nach außen und war schließlich völlig offen. Sofort fiel mir ein seltsamer, irgendwie vertrauter Geruch auf.
Dworkin trat über die Schwelle und hielt inne. Er nahm einen Gegenstand an sich, der zu seiner Rechten an der Wand lehnte – einen langen Stab. Mehrmals schlug er damit auf den Boden, woraufhin das obere Ende zu glühen begann. Das Licht erhellte die Umgebung und offenbarte uns einen schmalen Tunnel, in den er hineinging. Ich folgte ihm. Die Passage erweiterte sich nach kurzer Zeit, so daß ich schließlich neben ihm gehen konnte. Der Geruch wurde stärker, und ich wußte beinahe, worum es sich handelte. Erst vor kurzem hatte ich so etwas gerochen ...
Nach knapp achtzig Schritten führte der Weg nach links und dann nach oben. Dabei kamen wir durch eine kleine Erweiterung der Höhle. Hier lagen Knochen herum, und ein paar Fuß über dem Boden war ein Metallring in das Gestein eingelassen. Eine schimmernde Kette nahm hier ihren Anfang; sie lag am Boden und zog sich vor uns her wie eine Reihe zerschmolzener Tropfen, die im Dämmerlicht abkühlten.
Nun wurde der Tunnel wieder enger, und Dworkin übernahm wie zuvor die Führung. Gleich darauf erreichte er überraschend eine Ecke, und ich hörte ihn etwas murmeln. Als ich an die Biegung kam, wäre ich ihm fast auf die Hacken getreten. Er hatte sich geduckt und tastete mit der linken Hand in einer dunklen Felsspalte herum. Als ich das leise Krächzen hörte und erkannte, daß die Kette in der Öffnung verschwand, wußte ich, worum es sich handelte und wo wir waren.
»Braver Bursche«, hörte ich ihn sagen. »Ich gehe ja nicht weit. Schon gut, mein Alter! Hier hast du etwas zu knabbern.«
Woher er das Ding hatte, das er dem Ungeheuer zuwarf, weiß ich nicht. Jedenfalls fing der purpurne Greif, den ich jetzt auf seiner Schlafstätte erblickte, den fliegenden Brokken mit einer ruckhaften Kopfbewegung auf und verzehrte ihn mit mahlenden Kiefern.
Dworkin grinste zu mir empor.
»Überrascht?« fragte er.
»Worüber?«
»Du dachtest, ich hätte Angst vor ihm. Du dachtest, ich würde mich nie mit ihm anfreunden. Du hast ihn hier draußen postiert, um mich einzusperren – damit ich nicht an das Muster herankomme.«
»Habe ich das jemals behauptet?«
»Das brauchtest du gar nicht. Ich bin kein Dummkopf.«
»Wie du willst.«
Er lachte leise, stand auf und
Weitere Kostenlose Bücher