Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
auf ihn. Er setzte sich auf Gérard und versetzte ihm einen kräftigen Kinnhaken. Als Gérards Kopf zur Seite rollte, hielt Ganelon mit einem linken Schwinger dagegen.
Plötzlich trat Benedict vor, als wolle er eingreifen, doch Ganelon war bereits aufgestanden. Gérard lag bewußtlos am Boden; er blutete aus Mund und Nase.
Unsicher stand ich auf und klopfte mich ab.
Ganelon grinste mich an.
»Du solltest lieber nicht in der Nähe bleiben«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie ich bei einer Revanche abschneiden würde. Geh das Schmuckstück suchen.«
Ich blickte zu Benedict hinüber, der mir zunickte. Daraufhin ging ich ins Zelt, um Grayswandir zu holen. Als ich wieder ins Freie trat, hatte sich Gérard noch nicht gerührt; dafür stand Benedict vor mir.
»Denk daran«, sagte er. »Du hast meinen Trumpf, und ich habe deinen. Keine entscheidenden Schritte ohne vorherige Absprache.«
Ich nickte. Schon wollte ich ihn fragen, warum er Gérard und nicht mir hatte helfen wollen. Doch dann überlegte ich es mir anders; unsere frisch geschmiedeten Bande der Einigkeit wollte ich nicht so schnell aufs Spiel setzen.
»Gut.«
Ich ging zu den Pferden. Im Vorbeigehen schlug mir Ganelon auf die Schulter.
»Viel Glück«, sagte er. »Ich würde dich ja begleiten, aber ich werde hier gebraucht, zumal Benedict das Chaos aufsuchen will.«
»Gut gemacht«, sagte ich. »Ich dürfte eigentlich keine Schwierigkeiten haben. Mach dir keine Sorgen.«
Ich ging zur Einfriedung, in der die Pferde standen. Kurze Zeit später ritt ich los. Ganelon grüßte mich mit einer Handbewegung, die ich erwiderte. Benedict kniete neben Gérard.
Ich ritt zum nächsten Weg, der nach Arden führte. Das Meer lag hinter mir. Garnath und die schwarze Straße links, Kolvir rechts. Ich mußte ein gutes Stück zurücklegen, ehe ich mit dem Stoff der Schatten arbeiten konnte. Der Tag erstreckte sich hell und klar vor mir, sobald ich nach mehreren Erhebungen und Senken Garnath nicht mehr sehen konnte. Ich erreichte den Weg und folgte seiner weiten Biegung in den Wald, wo feuchte Schatten und leiser Vogelgesang mich an die langen Zeiten des Friedens erinnerten, die wir einst hier erlebt hatten, und an die seidig schimmernde Gegenwart des mütterlichen Einhorns. Wie lange war das her.
Der pulsierende Schmerz ging im Rhythmus des Rittes unter, und ich beschäftigte mich noch einmal mit der Auseinandersetzung. Gérard zu verstehen war nicht schwierig, hatte er mir seinen Verdacht doch offen dargelegt und mir eine Warnung zukommen lassen. Doch störte mich sein Eingreifen in einem dermaßen ungünstigen Augenblick nach Brands Verschwinden, daß ich hierin nur einen weiteren Versuch sehen konnte, mich entweder aufzuhalten oder völlig aus dem Verkehr zu ziehen. Mein Glück, daß Ganelon zur Stelle, bei Kräften und in der Lage gewesen war, seine Fäuste im richtigen Augenblick an die richtige Stelle zu setzen. Ich fragte mich, wie sich Benedict verhalten hätte, wenn wir nur zu dritt gewesen wären. Ich ahnte, daß er gewartet und vielleicht erst im letzten Augenblick eingegriffen hätte, um zu verhindern, daß Gérard mich umbrachte. Unser Verhältnis stimmte mich noch nicht glücklich, wenn es auch gegenüber dem früheren Zustand eine klare Verbesserung darstellte.
Meine Gedanken führten mich schließlich zu der Frage, was aus Brand geworden war. Waren Fiona oder Bleys endlich zu ihm vorgestoßen? Hatte er die vorgeschlagenen Morde allein durchführen wollen und war auf Gegenwehr gestoßen, war er womöglich durch den Trumpf eines seiner Opfer gezogen worden? Hatten sich seine alten Verbündeten aus den Höfen des Chaos irgendwie zu ihm durchgekämpft? Oder war schließlich einer seiner hornhändigen Turmwächter zu ihm vorgedrungen? Oder war es so gewesen, wie ich Gérard hatte einreden wollen – eine versehentliche Selbstverletzung während eines Wutanfalls, gefolgt von einer Flucht im Zorn, in der Absicht, seinen finsteren Gedanken und Plänen an einem anderen Ort nachzuhängen?
Wenn ein einzelnes Ereignis so viele Fragen auslöst, läßt es sich selten mit reiner Logik klären. Trotzdem mußte ich mir alle Möglichkeiten vor Augen halten, damit ich etwas Konkretes hatte, sobald weitere Tatsachen hervortraten. Zunächst überdachte ich noch einmal gründlich die Dinge, die er mir gesagt hatte, und prüfte seine Behauptungen im Licht jener Informationen, die ich inzwischen erlangt hatte. Mit einer Ausnahme zweifelte ich die Tatsachen im wesentlichen nicht
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