Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
Vater Erfolg gehabt hätte? Wenn bereits ein neues Muster bestünde? Was würde geschehen, wenn du hier und jetzt ein neues schüfest?«
»Ich ... so etwas hat es noch nie gegeben. Woher soll ich das wissen?«
»Ich weiß nicht recht«, sagte ich. »Könntest du auf diesem Wege trotzdem deine eigene Version der Realität erreichen? Handelte es sich um die Absplittung eines neuen Universums – Amber und Schatten – nur für dich? Würde unser Universum dadurch ausgeschaltet? Oder wäre die neue Schöpfung etwas Zusätzliches? Vielleicht gäbe esauch eine gewisse Überlagerung? Was meinst du angesichts unserer Situation?«
Er zuckte die Achseln.
»Ich habe dir bereits geantwortet. Niemand hat so etwas bisher getan. Woher sollte ich es wissen?«
»Aber ich glaube, daß du es weißt oder es dir zumindest ausmalen kannst. Und ich glaube, genau das hast du im Sinn, genau das willst du versuchen – weil dir nichts anderes übrigbleibt. Dein Vorgehen ist für mich ein Anzeichen dafür, daß Vater doch Erfolg gehabt hat und du nur noch einen Trumpf ausspielen kannst. Aber dazu brauchst du mich und das Juwel. Beides sollst du nicht bekommen.«
Er seufzte. »Ich hatte eigentlich mehr von dir erwartet. Aber schön. Du irrst dich zwar, aber lassen wir es darauf beruhen. Hör mir wenigstens gut zu. Anstatt alles untergehen zu lassen, will ich das Reich mit dir teilen.«
»Brand«, antwortete ich, »verzieh dich! Du bekommst das Juwel nicht, und helfen werde ich dir auch nicht. Ich habe mir deine Vorschläge angehört, und ich glaube, du lügst.«
»Du hast Angst«, sagte er, »Angst vor mir. Ich werfe dir nicht vor, daß du mir nicht vertrauen willst. Aber du machst einen großen Fehler. Du brauchst mich.«
»Jedenfalls habe ich meine Entscheidung getroffen.«
Er machte einen Schritt in meine Richtung. Und noch einen.
»Was immer du haben willst, Corwin. Ich kann dir alles geben, was du dir wünschst.«
»Ich war mit Benedict in Tir-na Nog´th«, sagte ich, »als du ihm dasselbe Angebot machtest: ich schaute durch seine Augen und hörte mit seinen Ohren zu. Ich will davon nichts wissen, Brand. Ich werde meine Mission fortsetzen.
Wenn du glaubst, du könntest mich daran hindern, ist der jetzige Zeitpunkt ebenso günstig wie jeder andere.«
Ich ging auf ihn zu. Ich wußte, ich würde ihn töten, wenn ich ihn erreichte. Ich ahnte auch, daß ich nicht an ihn herankommen würde.
Er erstarrte. Er wich einen Schritt zurück.
»Du machst einen großen Fehler!« warnte er mich.
»Das glaube ich nicht. Ich finde, ich tue genau das Richtige.«
»Ich werde nicht gegen dich kämpfen«, sagte er hastig. »Nicht hier, nicht am Abgrund. Du hast deine Chance aber gehabt. Wenn wir uns das nächstemal begegnen, nehme ich dir das Juwel ab.«
»Was soll es dir nützen, wo du doch nicht darauf eingestimmt bist?«
»Vielleicht gibt es noch einen Weg, damit umzugehen – schwieriger, aber immerhin denkbar. Du hast deine Chance vertan. Leb wohl!«
Er zog sich in den Wald zurück. Ich folgte ihm, doch er war verschwunden.
Ich verließ jenen Ort und ritt auf der Straße im Nichts weiter. Die Möglichkeit, daß Brand vielleicht die Wahrheit gesagt hatte – oder zumindest zum Teil –, wies ich weit von mir. Trotzdem quälten mich seine Worte. Wenn es Vater nun wirklich nicht geschafft hatte? Dann war mein Ritt wahrhaft sinnlos, dann war alles vorbei, eine bloße Frage der Zeit, bis sich das Chaos ringsum manifestierte. Ich verzichtete darauf, mich umzusehen, für den Fall, daß sich mir etwas näherte. Ich begann einen nicht allzu schnellen Höllenritt. Ich wollte die anderen erreichen, ehe die Wogen des Chaos bis zu ihnen vordrangen, nur um sie wissen zu lassen, daß ich mir meinen Glauben bewahrt hatte, um ihnen zu zeigen, daß ich bis zuletzt mein Bestes gegeben hatte. Ich fragte mich, wie die große Schlacht wohl stand. Oder hatte sie womöglich noch gar nicht begonnen?
Ich trabte über die Brücke, die sich unter dem heller werdenden Himmel zu verbreitern begann. Als sie sich wie eine goldene Ebene ringsum ausbreitete, begann ich mich mit Brands Drohung zu beschäftigen. Wollte er mit seinen Worten lediglich Zweifel wecken, mein Unbehagen steigern und meine Entschlossenheit lahmen? Möglich war es. Doch wenn er das Juwel brauchte, mußte er mir irgendwo einen Hinterhalt legen. Ich hatte Respekt vor der seltsamen Macht, die er sich über die Schatten erwerben konnte. Es erschien geradezu unmöglich, sich auf einen Angriff durch
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