Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
etwas an diesem Ort gefährlich werden konnte. Ich mußte mich losreißen und zu einem ruhigeren, verlasseneren Ort vorzudringen versuchen ...
Ich zerrte an meiner Umgebung. Ich verdrehte die Dinge. Ich brach durch.
Wenig später ritt ich durch ein rauhes Berggebiet und erreichte nach kurzer Zeit die Höhle, die ich brauchte.
Wir ritten hinein, und ich versorgte Star. Ich aß und trank eben genug, um meinem Hunger die Schärfe zu nehmen. Ich verzichtete darauf, ein Feuer anzuzünden. Ich wickelte mich in meinen Umhang und eine Decke. Grayswandir hielt ich in der Rechten. Ich legte mich mit dem Gesicht zur Dunkelheit vor dem Höhleneingang.
Mir war ein wenig übel. Brand war ein Lügner, das wußte ich; trotzdem machten mir seine Worte zu schaffen.
Aber ich hatte noch nie Mühe gehabt, Schlaf zu finden. So schloß ich die Augen und war schnell versunken.
5
Mich weckte das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Vielleicht war es auch ein Geräusch. Was auch immer, ich war plötzlich hellwach und wußte, es befand sich jemand in der Nähe. Ich verkrampfte die Finger um Grayswandirs Griff und öffnete die Augen. Ansonsten bewegte ich mich nicht.
Ein weicher Schein wie von einem Mond drang durch den Höhleneingang. Einen Schritt innerhalb der Höhle stand eine Gestalt, möglicherweise ein Mensch. Die Beleuchtung verriet mir nicht, ob er mir das Gesicht zugewandt hatte oder etwa nach draußen blickte. Im nächsten Augenblick machte die Erscheinung einen Schritt in meine Richtung.
Ich sprang auf und richtete dem Eindringling die Schwertspitze auf die Brust. Der Unbekannte blieb stehen.
»Frieden«, sagte eine Männerstimme auf Than. »Ich suche nur Schutz vor dem Unwetter. Darf ich diese Höhle mit dir teilen?«
»Was für ein Unwetter?« fragte ich.
Wie zur Antwort dröhnte Donner, gefolgt von einer Windböe, die den Regengeruch in die Höhle trug.
»Schön, soweit sprichst du die Wahrheit«, sagte ich. »Mach es dir bequem.«
Ein gutes Stück vom Höhleneingang entfernt setzte er sich, den Rücken der rechten Felswand zugewandt. Ich faltete meine Decke zu einem Kissen zusammen und ließ mich ihm gegenüber nieder. Etwa vier Meter lagen zwischen uns. Ich nahm meine Pfeife zur Hand, füllte sie und probierte ein Streichholz aus, das ich von der Schatten-Erde mitgebracht hatte. Es brannte sofort und ersparte mir damit große Mühen. Der Tabak roch angenehm in der feuchten Brise. Ich lauschte auf das Prasseln des Regens und betrachtete den dunklen Umriß meines namenlosen Gefährten. Ich versuchte, mir Gefahren vorzustellen, die aus der Situation erwachsen konnten, doch nicht Brands Stimme hatte zu mir gesprochen.
»Dies ist kein natürliches Unwetter«, sagte der andere.
»Ach? Wie denn das?«
»Zum einen kommt es aus dem Norden. Regen und Sturm kommen hier niemals aus dem Norden, jedenfalls nicht um diese Jahreszeit.«
»Für alles gibt es ein erstes Mal.«
»Zweitens habe ich noch nie ein solches Unwetter erlebt. Den ganzen Tag habe ich es näherkommen sehen – eine glatte Linie, langsam vorrückend, die Front wie eine Glasscheibe. Dabei ist das Blitzen so heftig, daß das Ganze wie ein ungeheures Insektenheer mit Hunderten von schimmernden Beinen aussieht. Absolut unnatürlich. Und dahinter wirkt alles sehr verzerrt.«
»So ist das nun mal im Regen.«
»Aber nicht so. Alles scheint die Form zu verändern. Scheint zu fließen. Als würde die Welt eingeschmolzen oder völlig neu geprägt.«
Ich erschauderte. Ich hatte angenommen, den dunklen Wogen so weit voraus zu sein, daß ich mir eine kurze Rast gönnen konnte. Natürlich konnte er sich irren, vielleicht war es wirklich nur ein ungewöhnliches Tief. Aber das Risiko durfte ich nicht eingehen. Ich stand auf, wandte mich dem hinteren Teil der Höhle zu und pfiff durch die Zähne.
Keine Antwort. Ich ging nach hinten und tastete herum.
»Ist etwas?«
»Mein Pferd ist fort.«
»Ist es vielleicht abgehauen?«
»Muß wohl. Ich hätte allerdings geglaubt, daß Star mehr Verstand besitzt, als sich in solches Wetter hinauszuwagen.«
Ich ging zum Höhleneingang, vermochte aber nichts zu erkennen. Sofort war ich durchnäßt. Ich kehrte an mein Lager vor der linken Felswand zurück.
»Scheint mir ein ganz normales Unwetter zu sein«, bemerkte ich. »Die fallen in den Bergen doch manchmal sehr heftig aus.«
»Vielleicht kennst du dieses Land besser als ich?«
»Nein. Ich bin nur ein Durchreisender und möchte meinen Ritt bald fortsetzen.«
Ich berührte
Weitere Kostenlose Bücher