Die Prinzen von Amber
gegenüber deine Kräfte herausgekehrt hätte. Dies ist nun nicht gerade ein alltägliches Gesprächsthema zwischen Frauen, und ihr Ton überzeugte mich, daß sie von einigen Dingen, die du getan hattest, wirklich beeindruckt gewesen war. Ich horchte sie noch ein wenig aus und erkannte, daß es sich um Taten handelte, die durchaus im Rahmen deiner Fähigkeiten lagen. Das schloß die Möglichkeit eines Doppelgängers aus. Also entweder du selbst oder ein Schatten. Und selbst wenn Cordell nicht Corwin war – hier hatte ich nun zumindest einen Hinweis darauf, daß du in dieser Schattengegend warst oder gewesen warst – der erste echte Anhaltspunkt für deinen Verbleib. Ich mußte der Sache nachgehen. Ich beschloß, dir auf der Spur zu bleiben, ich ließ Nachforschungen über deine Vergangenheit anstellen. Je mehr Leute ich befragte, um so rätselhafter wurde die Sache. Nach mehreren Monaten war ich nicht weiter als am Anfang. Es gab genügend unklare Momente, um beide Varianten möglich zu machen. Die Frage klärte sich endgültig im folgenden Sommer, als ich mich eine Zeitlang in Amber aufhielt. Ich sprach mit Eric über die seltsame Angelegenheit...«
»Ja?«
»Nun ... er ... verschloß sich dieser Möglichkeit nicht.«
Sie schwieg und legte die Handschuhe auf dem Stuhl neben sich zurecht.
»Aha«, sagte ich. »Was hat er gesagt?«
»Daß du es vielleicht wirklich wärst«, sagte sie. »Er teilte mir mit, es habe – einen Unfall gegeben.«
»Wirklich?«
»Also – nein«, räumte sie ein. »Er sprach nicht von einem Unfall. Er sagte, es wäre zu einem Kampf gekommen, und er hätte dich verletzt. Er wäre der Ansicht gewesen, du würdest sterben, und wollte nicht damit belastet werden. Folglich brachte er dich in die Schatten und ließ dich an jenem Ort zurück. Und nach langer Zeit kam er zu dem Schluß, daß du tot sein müßtest, daß der Streit zwischen euch endgültig ausgetragen sei. Meine Mitteilung beunruhigte ihn natürlich sehr. Er verpflichtete mich zur Verschwiegenheit und schickte mich zurück, damit ich dich im Auge behalte. Schließlich hatte ich einen guten Grund für meine Anwesenheit dort, da ich bereits überall herumerzählt hatte, wie gut mir diese Schattenwelt gefiel.«
»Du hast ihm dein Schweigen sicher nicht umsonst versprochen, Flora. Was hat er dir gegeben?«
»Er gab mir sein Wort, daß er mich nicht vergessen würde, wenn er jemals hier in Amber etwas zu sagen hätte.«
»Das war ein wenig leichtsinnig von dir«, sagte ich. »Schließlich hattest du trotz allem eine Handhabe gegen ihn – das Wissen um den Aufenthaltsort eines anderen Thronanwärters und um Erics Rolle bei der Versetzung des Rivalen dorthin.«
»Das ist richtig. Doch das glich sich irgendwie aus – und ich hätte meine Komplizenschaft zugeben müssen, sobald ich darüber sprechen wollte.«
Ich nickte.
»Mager, aber nicht unmöglich«, sagte ich. »Aber hast du angenommen, er würde mich weiterleben lassen, wenn er wirklich eine Chance auf den Thron erhielt?«
»Darüber haben wir nie gesprochen. Niemals!«
»Aber du hast dir doch bestimmt Gedanken darüber gemacht.«
»Ja, später«, sagte sie. »Und ich kam zu dem Schluß, daß er vermutlich gar nichts tun würde. Schließlich sah es inzwischen so aus, als hättest du das Gedächtnis verloren. Es gab nicht den geringsten Grund, dir etwas anzutun, solange du harmlos warst.«
»Du bist also geblieben, um mich zu bewachen, um dafür zu sorgen, daß ich harmlos blieb?«
»Ja.«
»Was hättest du getan, wenn erkennbar geworden wäre, daß ich mein Gedächtnis zurückerhielt?«
Nun sah sie mich an und wandte den Kopf ab.
»Ich hätte es Eric gemeldet.«
»Und was hätte er getan?«
»Keine Ahnung.«
Ich lachte auf, und sie errötete. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich Flora das letztemal in Verlegenheit gebracht hatte.
»Ich will hier nicht auf dem Offensichtlichen herumreiten«, sagte ich. »Schön, du bist also geblieben, du hast mich beobachtet. Was dann? Was passierte dann?«
»Nichts Besonderes. Du hast dein flottes Leben genossen, und ich habe dich im Auge behalten.«
»Und alle anderen wußten, wo du warst?«
»Ja. Ich hatte kein Geheimnis um meinen Verbleib gemacht. Die anderen haben mich sogar alle mal besucht, allerdings einzeln.«
»Auch Random?«
Ihre Lippen kräuselten sich.
»Ja, mehrmals«, sagte sie.
»Warum das spöttische Lächeln?«
»Ich kann nicht gerade behaupten, daß ich ihn mag«, sagte sie. »Weißt du, mir
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