Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
Vom Netzwerk:
verschreckt durch die Kälte am Ende der Entropie.
    Hinaus und weiter, kehrtmachend. Drei weitere Biegungen, eine gerade Linie, eine Reihe von Arabesken. Schwindelgefühl, ein vages An- und Abschwellen der Empfindungen, als oszillierte ich aus dem Sein und wieder zurück. Biegung um Biegung um Biegung um Biegung ... Ein kurzer, scharfer Knick ... Die Linie, die zum Letzten Schleier führte ... Vermutlich atmete ich schwer und war in Schweiß gebadet; ich kann mich hinterher nie richtig daran erinnern. Kaum vermochte ich die Füße zu bewegen. Die Funken erreichten meine Schultern. Sie stachen mir in die Augen, und im Blinzeln vermochte ich das Muster kaum noch zu erkennen. An, aus, an, aus ... Da war es. Ich setzte den rechten Fuß vor und wußte im gleichen Augenblick, wie Benedict gefühlt haben mußte, dessen Beine vom schwarzen Gras festgehalten wurden. Unmittelbar bevor ich ihm den entscheidenden Schlag versetzte. Ich fühlte mich selbst völlig zerschlagen – überall am Leibe. Linker Fuß vorwärts ... So langsam, daß ich nicht genau wußte, ob sich das Bein überhaupt bewegte. Meine Hände waren blaue Flammen, meine Beine Feuersäulen. Noch ein Schritt. Noch einer. Und noch einer.
    Ich kam mir vor wie eine zum Leben erwachte Statue, wie ein auftauender Schneemann, wie ein nachgebender Eisenträger ... Zwei weitere Schritte ... Drei ... Gletscherhaft waren meine Bewegungen, doch ich, der sie steuerte, hatte die ganze Ewigkeit zur Verfügung und eine Beständigkeit des Willens, die seine Anerkennung finden würde ...
    Ich trat durch den Letzten Schleier. Ein enger Bogen folgte. Drei Schritte führten in Dunkelheit und Frieden. Sie waren die schlimmsten von allen.
    Sisyphus!
war mein erster Gedanke, als ich das Muster verließ.
Geschafft!
war mein zweiter. Und der dritte:
Nie wieder!
    Ich gönnte mir den Luxus einiger tiefer Atemzüge und eines kurzen Durchschüttelns. Dann nahm ich das Juwel aus der Tasche und hob es in die Höhe. Ich hielt es mir vor die Augen.
    Im Inneren rot – ein tiefes Kirschrot, irgendwie rauchig schimmernd. Der Edelstein schien auf dem Wege durch das Muster an Licht, an Glanz gewonnen zu haben. Ich starrte hinein, dachte an Erics Instruktionen, verglich sie mit Dingen, die mir bereits bekannt waren.
    Wenn man das Muster durchschritten und diesen Punkt erreicht hat, kann man sich davon an jeden Ort versetzen lassen, den man sich vorzustellen vermag. Es genügt der Wunsch und eine Willensanstrengung. Dementsprechend dachte ich nicht ohne leise Furcht an den nächsten Schritt. Wenn die Wirkung so war wie gewöhnlich, mochte ich mich in eine ungewöhnliche Falle begeben. Doch Eric hatte den Schritt erfolgreich getan. Er war nicht in den Kern eines Juwels irgendwo in den Schatten eingeschlossen worden. Dworkin, der jene Notizen niedergelegt hatte, war ein großer Mann gewesen, und ich hatte ihm vertraut.
    Ich sammelte meine Gedanken und steigerte meine Konzentration auf das Innere des Steins.
    Im Kern befand sich eine verzerrte Darstellung des Musters, umgeben von flimmernden Lichtpunkten, winzigen Fackeln und Blitzen, verschiedenen Kurven und Strängen. Ich traf meine Entscheidung. Ich richtete meinen Willen aus ...
    Röte und langsame Bewegung. Als versänke ich in einem riesigen zähflüssigen Ozean. Zuerst sehr langsam. Ein Dahintreiben und Verdunkeln. All die hübschen Lichter noch weit, weit vor mir. Allmählich verstärkte sich meine spürbare Bewegung. Lichtflocken, fern, durchbrochen, immer wiederkehrend. Nun offenbar ein wenig schneller. Kein Größenvergleich möglich. Ich war ein Bewußtseinspunkt von unbestimmter Größe. Ich spürte Bewegung, ich nahm die Erscheinung wahr, der ich mich – nun fast beschleunigt
    – näherte. Die Röte war nahezu vergangen, wie auch der bewußte Gedanke an ein Medium. Der Widerstand ließ nach. Ich raste dahin. All dies schien nur einen winzigen Augenblick gedauert zu haben, schien noch immer den gleichen Augenblick zu beanspruchen. Das Ganze hatte etwas seltsam Zeitloses. Meine Geschwindigkeit in Bezug auf das, was nun mein Ziel zu sein schien, war enorm. Das kleine verdrehte Labyrinth wuchs an, löste sich zu etwas auf, das eine dreidimensionale Variation des Musters selbst zu sein schien. Durchsetzt von Funken aus farbigem Licht, wuchs es vor mir an, entfernt an eine bizarre Galaxis erinnernd, hingeworfen in die Mitte der ewigen Nacht, umgeben von einem schwachen Staubschimmer, dessen Bahnen aus zahlreichen funkelnden Punkten bestanden.

Weitere Kostenlose Bücher