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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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der Schatten natürlich sofort versteht.«
    Sie stand auf.
    »Ich habe mich immer gefragt, wie Ihr wohl ausseht«, sagte sie. »Random hat Euch beschrieben, aber das ist etwas anderes. Darf ich?«
    »Natürlich.«
    Sie kam näher und legte mir die Fingerspitzen auf das Gesicht. Vorsichtig ertastete sie meine Züge.
    »Ja«, sagte sie schließlich, »Ihr seht etwa so aus, wie ich mir vorgestellt habe. Und ich spüre eine Spannung in Euch. Die gibt es schon seit langer Zeit, nicht wahr?«
    »In der einen oder anderen Form wohl schon seit meiner Rückkehr nach Amber.«
    »Ich möchte wissen«, sagte sie, »ob Ihr nicht glücklicher wart, als ihr das Gedächtnis noch nicht wiederhattet.«
    »Das ist eine unmögliche Frage«, sagte ich. »Hätte ich meine Erinnerungen nicht zurückgewonnen, wäre ich jetzt vielleicht tot. Aber davon einmal abgesehen – selbst damals gab es etwas, das mich antrieb, das mich täglich beunruhigte. Ich suchte ständig nach Wegen, festzustellen, wer und was ich wirklich war.«
    »Aber wart Ihr glücklicher oder weniger glücklich als jetzt?«
    »Weder noch«, erwiderte ich. »Es gleicht sich alles aus. Wie Ihr schon sagtet, es ist ein Gemütszustand. Und selbst wenn es nicht so wäre, könnte ich doch nie in das andere Leben zurückkehren, nachdem ich nun weiß, wer ich bin, nachdem ich Amber gefunden habe.«
    »Warum nicht?«
    »Warum stellt Ihr mir diese Fragen?«
    »Ich möchte Euch verstehen. Seitdem ich in Rebma zum erstenmal von Euch hörte, noch bevor Random mir Geschichten über Euch erzählte, bewegte mich die Frage, was Euch im Nacken saß. Jetzt habe ich die Gelegenheit – natürlich nicht das Recht, sondern nur die Gelegenheit –, meine Grenzen zu überschreiten und Euch zu fragen, und ich finde, es lohnt sich.«
    Ein leises Lachen brandete in mir empor.
    »Gut ausgedrückt«, sagte ich. »Mal sehen, ob ich ehrlich sein kann. Zuerst beflügelte mich der Haß – Haß auf meinen Bruder Eric – und mein Ehrgeiz auf den Thron. Hättet Ihr mich bei meiner Rückkehr gefragt, welches das stärkere Gefühl war, so hätte ich geantwortet, es sei der Thron. Jetzt aber ... jetzt müßte ich zugeben, daß die Verhältnisse in Wirklichkeit umgekehrt waren. Ich habe es mir bis jetzt nie richtig überlegt, aber es stimmt. Eric ist allerdings tot, von meinen damaligen Gefühlen ist nichts mehr übrig. Der Thron bleibt, doch heute muß ich feststellen, daß meine Gefühle in diesem Punkt gemischt sind. Es besteht die Möglichkeit, daß bei der augenblicklichen Sachlage keiner von uns einen Anspruch darauf hat, und selbst wenn alle Einwände seitens der Familie aufgehoben würden, wäre ich nicht bereit, den Thron zu besteigen. Zuerst müßte im Lande die Ruhe wiederhergestellt und eine Reihe von Fragen beantwortet sein.«
    »Selbst wenn diese Dinge ergäben, daß Ihr den Thron nicht besteigen dürftet?«
    »Selbst dann.«
    »Langsam beginne ich zu verstehen.«
    »Was? Was gibt es da zu verstehen?«
    »Lord Corwin, mein Wissen über die philosophischen Grundlagen solcher Dinge ist beschränkt, doch habe ich mir eingebildet, daß Ihr in der Lage seid, im Bereich der Schatten alles zu erlangen, das Ihr Euch wünscht. Dies hat mich seit längerem beunruhigt; Randoms Erklärungen habe ich nämlich nie ganz verstanden. Wenn Ihr wolltet, könnte da nicht jeder aus der Familie in die Schatten wandern und sich ein anderes Amber suchen – in jeder Hinsicht identisch mit diesem Amber, mit der einzigen Ausnahme, daß Ihr dort herrschtet oder jeden anderen Status innehättet, der Euch am Herzen liegt?«
    »Ja, solche Orte vermögen wir zu finden«, sagte ich.
    »Warum wird das dann nicht getan und all der Streit damit beendet?«
    »Es liegt daran, daß ein solcher Ort gefunden werden könnte, der derselbe zu sein
schiene
– aber das wäre auch alles. Wir alle sind ebenso gewiß ein Teil dieses Amber, wie es ein Teil von uns ist. Jeder Schatten Ambers müßte mit Schatten unserer selbst bevölkert sein, damit die Übung überhaupt einen Nutzen hat. Wir könnten sogar den Schatten unseres eigenen Ich aussparen, wollten wir persönlich in ein wartendes Reich umziehen. Die Leute des Schattens wären jedoch nicht genau wie die Menschen hier. Ein Schatten entspricht niemals dem Gegenstand, der ihn wirft. Und die kleinen Unterschiede summieren sich; im Grunde sind sie sogar schlimmer als die großen Differenzen. Im Gesamteffekt liefe es darauf hinaus, daß man ein Land voller Fremder beträte. Der beste

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