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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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verrieten mir, daß alles in Ordnung war; der guten Ordnung halber fragte ich trotzdem.
    »Ruhig, Lord, ruhig ist es«, erwiderte der Dienstältere.
    »Sehr gut«, sagte ich und setzte meinen Weg fort. Ich betrat und durchquerte den mit Marmor ausgekleideten Speisesaal.
    Es würde klappen, davon war ich überzeugt, wenn Zeit und Feuchtigkeit nicht sämtliche Spuren getilgt hatten. Und dann ...
    Ich betrat den langen Korridor, der bedrängt wurde von staubigen Wänden. Dunkelheit, Schatten, meine Schritte ...
    Ich erreichte die Tür am anderen Ende, öffnete sie, trat auf die Plattform hinaus. Dann von neuem in die Tiefe, die Wendeltreppe hinab, hier ein Licht, dort ein Licht, hinab in die Höhlen des Kolvir. Mir ging der Gedanke durch den Kopf, daß Random recht hatte: Wenn man den Berg bis hinab zur Ebene jenes fernen Bodens abtrug, bestand eineweitgehende Übereinstimmung zwischen dem, was übrig war, und der Umgebung des Ur-Musters, das wir heute früh besucht hatten.
    ... Weiter hinab. In engen Kehren durch die Düsternis. Die durch Fackeln und Laternen erhellte Wachstation wirkte wie ein Bühnenbild. Ich erreiche den Boden und näherte mich dem Posten.
    »Guten Abend, Lord Corwin«, sagte die ausgemergelt wirkende Gestalt, die an einem Lagerregal lehnte und mich angrinste, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen.
    »Guten Abend, Roger. Wie stehen die Dinge in der Unterwelt?«
    »Eine Ratte, eine Fledermaus, eine Spinne. Sonst rührt sich hier nicht viel. Friedlich ist es.«
    »Gefällt Euch diese Aufgabe?«
    Er nickte.
    »Ich schreibe gerade eine philosophische Liebesgeschichte, durchdrungen von Elementen des Horrors und der Morbidität. An diesen Aspekten arbeite ich hier unten.«
    »Das paßt ja nun wirklich«, sagte ich. »Ich brauche eine Laterne.«
    Er nahm eine aus dem Regal und zündete sie an seiner Kerze an.
    »Wird Eure Geschichte ein glückliches Ende haben?« wollte ich wissen.
    Er zuckte die Achseln.
    »Jedenfalls werde ich glücklich sein.«
    »Ich meine, siegt das Gute, und geht der Held mit der weiblichen Hauptperson ins Bett? Oder laßt Ihr sie zum Schluß beide umkommen?«
    »Das wäre kaum fair.«
    »Na, egal. Vielleicht darf ich die Geschichte eines Tages mal lesen.«
    »Vielleicht.«
    Ich ergriff die Laterne, wandte mich ab und schritt in die Richtung, die ich seit langer Zeit nicht mehr eingeschlagen hatte. Ich stellte fest, daß ich die Echos noch immer auszumessen verstand.
    Nach kurzer Zeit näherte ich mich der Wand, machte den richtigen Korridor aus und betrat ihn. Nun ging es nur noch darum, die Schritte zu zählen. Meine Füße kannten den Weg.
    Die Tür zu meiner alten Zelle stand halb offen. Ich stellte die Laterne ab und gebrauchte beide Hände, um sie ganz zu öffnen. Sie ruckte widerstrebend auf und stieß dabei ein Ächzen aus. Dann hob ich die Laterne und trat ein.
    Schauder überliefen mich, und mein Magen zuckte krampfartig. Ich begann zu zittern. Ich mußte gegen den starken Wunsch ankämpfen, die Flucht zu ergreifen. Auf diese Reaktion war ich nicht gefaßt gewesen. Am liebsten hätte ich mich gar nicht von der schweren, eisenbeschlagenen Tür entfernt, aus Angst, daß irgend jemand sie hinter mir zuschlagen und verriegeln könnte. Die kleine schmutzige Zelle löste in mir etwas aus, das nacktem Entsetzen sehr nahe kam. Ich zwang mich dazu, Einzelheiten zu betrachten – das Loch, das meine Toilette gewesen war, die geschwärzte Stelle, wo ich am letzten Tag das Feuer entzündet hatte. Mit der linken Hand betastete ich das Innere der Tür und erkundete die Rillen, die ich in meiner Verzweiflung mit dem Löffel geschabt hatte. Ich dachte daran, was diese Arbeit für meine Hände bedeutet hatte. Ich bückte mich und betrachtete die Spuren. Nicht annähernd so tief, wie es mir damals vorgekommen war, nicht wenn man die Gesamtdicke der Tür bedachte. Ich erkannte, wie sehr ich meine schwachen Befreiungsbemühungen damals überbewertet hatte. Ich ging weiter und betrachtete die Mauer.
    Undeutlich zu erkennen. Staub und Feuchtigkeit hatten sich bemüht, die Zeichnung auszulöschen. Doch noch immer vermochte ich die Umrisse des Leuchtturms von Cabra auszumachen, umrahmt von vier Strichen meines alten Löffelgriffs. Der Zauber war noch vorhanden, die Kraft, die mich schließlich in die Freiheit versetzt hatte. Ich spürte sie, ohne sie gerufen zu haben.
    Ich machte kehrt und sah mir die gegenüberliegende Wand an.
    Die Zeichnung, die hier zu finden war, hatte die Zeit nicht so gut

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