Die Prinzen von Amber
Straße, achtete aber auf Abstand. Es blieb mir nichts anderes übrig, war sie doch das einzige, das ich nicht zu ändern vermochte. Ich achtete darauf, daß uns Büsche, Bäume und niedrige Hügel trennten.
Und wieder schickte ich meinen Geist auf die Reise, und die Beschaffenheit der Landschaft veränderte sich.
Achatadern ... Haufen von Schiefergestein ... ein Abdunkeln des Grüns ...
Wolken schwammen durch den Himmel ... Die Sonne schimmerte und tanzte ...
Wir erhöhten das Tempo. Das Land fiel noch weiter ab. Die Schatten wurden länger und verschmolzen miteinander. Der Wald wich zurück. Rechts von mir wuchs eine Felswand empor, eine zweite erschien zu meiner Linken ... Ein kalter Wind verfolgte mich durch den zerklüfteten Canyon. Himmelsstreifen – rot, golden, gelb und braun
– zuckten vorüber. Der Canyongrund wurde sandig. Staubteufel umtanzten uns. Als der Weg anzusteigen begann, beugte ich mich noch weiter vor. Die einwärts geneigten Felsmauern rückten dichter zusammen. Der Weg wurde schmaler, immer schmaler. Beinahe vermochte ich beide Felswände zu berühren ...
Oben stießen sie zusammen. Ich ritt durch einen schattengefüllten Tunnel, das Pferd zügelnd, als es immer dunkler wurde. Phosphoreszierende Wesen erstanden vor meinen Augen. Der Wind erzeugte ein klagendes Geräusch.
Und wieder hinaus!
Das von den Felsmauern reflektierte Licht war blendend grell, und ringsum erhoben sich riesige Kristalle. Wir stürmten daran vorbei auf einem ansteigenden Weg, der von dieser Zone fortführte, durch eine Reihe moosbewachsener Täler laufend, in denen sich kleine und völlig runde Teiche still wie Glas erstreckten.
Riesige Farnwedel tauchten vor uns auf, und wir ritten hindurch. Ich hörte einen fernen Trompetenton.
Drehen, im Schritt reiten ... Die Farne nun breiter und kürzer ... Dahinter eine große Ebene, sich in einen rosa Abend erstreckend ...
Weiter über helles Gras ... Der Geruch frischer Erde ... Weiter vorn Berge oder dunkle Wolken ... Von links ein ganzer Sturz von Sternen ... Ein kurzer Hauch sprühender Feuchtigkeit ... Ein blauer Mond springt am Himmel empor ... Es zuckt zwischen den dunklen Massen ... Erinnerungen und ein Grollen ... Geruch nach Unwetter und entfesselter Luft ...
Ein kräftiger Wind ... Wolken vor den Sternen ... eine grelle Gabel spießt rechts von mir einen zerschmetterten Baum auf, läßt ihn hoch auflodern ... Ein Kribbeln ... der Geruch nach Ozon ... ich werde von Regen überschüttet ... links eine Reihe von Lichtern ...
Klappernd über eine kopfsteingepflasterte Straße ... Ein seltsames Fahrzeug nähert sich ... rund, prustend ... Wir gehen uns aus dem Weg ... Ein Ruf verfolgt mich ... In einem hellen Fenster ein Kindergesicht ...
Getrappel ... Wasserspritzen ... Läden und Wohnhäuser ... der Regen läßt nach, erstirbt, ist vorbei ... Nebelschwaden werden vorbeigeweht, verharren, verdichten sich, leuchten perlig im Schein eines stärker werdenden Lichts zu meiner Linken ...
Das Terrain verschwimmt, wird rot ... Das Licht im Nebel wird noch heller ... Frischer Wind, von hinten, zunehmende Wärme ... Die Luft bricht auseinander ...
Hellgelber Himmel ... eine orangerote Sonne, die der Mittagsstunde entgegeneilt ...
Ein Beben. Etwas, das ich nicht bewirkt habe, völlig überraschend ... Unter uns bewegt sich der Boden, aber das ist nicht alles. Der neue Himmel, die neue Sonne, die rostrote Ebene, auf die ich soeben geritten bin – dies alles bläht sich auf und zieht sich wieder zusammen, verblaßt und kehrt zurück. Ein Krachen ertönt, und mit jedem Verblassen sehe ich Star und mich allein, inmitten eines weißen Nichts – Figuren ohne Hintergrund. Wir treten ins Leere. Das Licht kommt von überall und erhellt nur uns selbst. Ein gleichmäßiges Knacken füllt meine Ohren, wie von einem auftauenden arktischen Fluß, an dem ich einmal entlanggeritten bin. Star, der schon viele Schatten erlebt hat, stößt ein angstvolles Schnauben aus.
Ich sehe mich um. Verschwommene Umrisse erscheinen, festigen sich, werden klar. Meine Umwelt ist wiederhergestellt, wenn sie auch irgendwie verwaschener aussieht. Ein wenig Farbe ist der Welt genommen worden.
Wir wirbeln nach links und galoppieren auf einen niedrigen Hügel zu, ersteigen ihn, verhalten schließlich auf seiner höchsten Stelle.
Die schwarze Straße. Sie scheint ebenfalls entartet zu sein – aber mehr noch als der Rest. Sie windet sich unter meinem Blick, scheint im Hinschauen beinahe zu fließen.
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