Die Prinzen von Amber
Licht im richtigen Winkel, und die geflügelte Gestalt sah aus wie in Feuer getaucht.
Mein Wappenvogel umkreiste mich und nahm schließlich auf meinem ausgestreckten Arm Platz. Die angsteinflößenden Augen musterten mich mit einer absonderlichen Intelligenz, doch schenkte ich ihnen nicht die Aufmerksamkeit, die ihnen bei anderer Gelegenheit gegolten hätte. Vielmehr steckte ich Grayswandir ein und griff nach dem Ding, das mir der Vogel gebracht hatte.
Das Juwel des Geschicks.
Da wußte ich, daß Vaters Versuch, was immer sich dahinter verbergen mochte, beendet war. Das Muster war entweder repariert oder völlig zerstört. Entweder lebte er, oder er war tot. Die Auswirkungen seiner Tat würden sich jetzt von Amber ausgehend durch die Schatten ausbreiten wie die sprichwörtlichen Wellen auf dem Teich. In Kürze würde ich mehr über sie erfahren. Bis dahin hatte ich meine Befehle.
Ich zog die Kette über den Kopf und ließ mir das Juwel auf die Brust fallen. Dann stieg ich wieder auf Stars Rücken. Mein Blutvogel stieß einen kurzen Schrei aus und stieg in die Luft.
Wieder waren wir unterwegs.
... Durch eine Landschaft, über der sich der Himmel in dem Maße aufhellte, wie der Boden dunkler wurde. Schließlich flammte das Land, und der Himmel schwärzte sich ein. Dann umgekehrt. Und noch einmal ... Mit jedem Schritt kehrte sich der Effekt um, und als wir zu traben begannen, wurde die Erscheinung zu einer stroboskopischen Reihe von Schnappschüssen ringsum, die sich allmählich zu ruckartiger Animation aufbauten, dann zur überdrehten Hektik eines Stummfilms. Schließlich war alles eine einzige verschwommene Masse.
Lichtpunkte zuckten vorbei wie Meteore oder Kometen. Ein pulsierender Schmerz machte sich bemerkbar, wie von einem allesdurchdringenden kosmischen Herzrhythmus. Ringsum begann alles zu kreisen, als wäre ich in einem Wirbelwind gefangen.
Etwas ging hier schief. Ich schien die Kontrolle zu verlieren. War es möglich, daß Vaters Tat sich bereits in diesem Bereich der Schatten bemerkbar machte? Es kam mir unwahrscheinlich vor. Trotzdem ... Star stolperte. Im Sturz klammerte ich mich krampfhaft fest, wollte ich doch nicht in den Schatten von meinem Tier getrennt werden. Ich prallte mit der Schulter auf eine harte Oberfläche und lag einen Augenblick lang betäubt da.
Als die Welt sich wieder zusammensetzte, fuhr ich hoch und sah mich um.
Ein gleichförmiges Dämmerlicht hüllte mich ein, doch es gab keine Sterne. Statt dessen trieben große Felsbrocken unterschiedlicher Formen und Größen durch die Luft oder verharrten über mir. Ich stand auf und sah mich um.
Soweit ich meine Umgebung wahrnahm, konnte die unregelmäßige Steinfläche, auf der ich stand, ebenfalls ein berggroßer Felsbrocken sein, der zusammen mit den anderen dahintrieb. Star richtete sich auf und stand zitternd neben mir. Absolute Stille hüllte uns ein. Die reglose Luft war kühl. Kein anderes Lebewesen war in Sicht. Mir gefiel dieser Ort nicht. Freiwillig hätte ich hier nicht Rast gemacht. Ich kniete nieder, um mir Stars Bein anzusehen. Ich wollte so schnell wie möglich weiter, und zwar im Sattel.
Während ich damit beschäftigt war, hörte ich ein leises Lachen. War es einer menschlichen Kehle entsprungen?
Ich erstarrte, legte die Hand auf Grayswandirs Griff und suchte nach dem Ursprung der Laute.
Nichts war zu sehen.
Dabei hatten mich meine Ohren nicht getäuscht. Langsam drehte ich mich um und schaute in jede Richtung. Nein ...
Dann war das Lachen erneut zu hören. Diesmal erkannte ich, daß es von oben kommen mußte.
Ich suchte die schwebenden Felsen ab. Mit Schatten befrachtet, machten sie mir die Suche nicht leicht ...
Dort!
Zehn Meter über dem Boden und etwa dreißig Meter weiter links stand so etwas wie eine menschliche Gestalt auf einer kleinen Insel am Himmel und betrachtete mich. Ich starrte hinauf. Was immer das Wesen war, es schien zu weit entfernt zu sein, um mir gefährlich werden zu können. Ich war überzeugt, daß ich hier verschwinden konnte, ehe der andere mich zu erreichen vermochte. Ich machte Anstalten, Star zu besteigen.
»Das nützt nichts mehr, Corwin!« rief die Stimme, die ich in diesem Augenblick am wenigsten hören wollte. »Du sitzt in der Falle. Ohne meine Erlaubnis kannst du hier nicht mehr fort.«
Im Aufsteigen lächelte ich, dann zog ich Grayswandir.
»Das wollen wir doch mal sehen«, sagte ich. »Komm, verstell mir den Weg!«
»Schön«, sagte er, und aus dem nackten Gestein
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