Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
Armen hastig auf die kleine Frau zu und rief mit traurig-süßer Stimme: »Meine Liebe, meine Liebe, machen Sie sich auf eine schreckliche Nachricht gefaßt!«
    Als Gaspard erleichtert die stillstehende Rolltreppe hinabstürzte, folgte ihm nicht nur Zane Gort, sondern auch Flaxmans mahnender Ruf: »Denken Sie daran, Schwester Bishop ist sicher nervös. Immerhin muß sie ein Gehirn tragen.«
     
     

11
     
    Der fensterlose Raum wurde nur durch ein halbes Dutzend Fernsehschirme erhellt, die auf den ersten Blick willkürlich in verschiedene Richtungen wiesen. Die unsteten Bilder auf den Schirmen waren ungewöhnlich deutlich – sie zeigten Sterne und Raumschiffe, Paramaecien und Menschen oder nur gedruckte Seiten. Der Platz in der Mitte des Raumes wurde hauptsächlich von Tischen beansprucht, auf denen die Fernsehschirme und andere Geräte und mit Kabel verbundene Instrumente standen. An den drei verbleibenden Wänden zogen sich in unregelmäßiger Folge kleine Stände von unterschiedlicher Höhe hin – feste kleine Postamente –, auf denen in einem dicken weichen Ring jeweils ein mattsilbernes Ei ruhte – ein Ei, das etwas größer als ein Menschenkopf war.
    Es war ein seltsames Silber. Bei seinem Anblick dachte man an Nebel und Mondlicht, an feines weißes Haar, im Kerzenlicht schimmernd, an Frauenschlafzimmer, Parfumflakons, an den Spiegel einer Prinzessin, eine Pierrotmaske, die Rüstung eines poetischen Prinzen.
    Der Raum hinterließ unterschiedliche Eindrücke – er wirkte wie eine seltsame Brutstätte, ein Robot-Inkubator aus einem Märchen, wie das Studio eines Hexendoktors voller furchterregender aussätziger Trophäen, wie der Raum eines Metallbildhauers; dann schien es wieder, als wären die silbernen Ovale die Köpfe einer fremdartigen metallischen Spezies, die in stummer Einkehr zueinander gefunden hatten.
    Diese letzte Illusion wurde noch durch die drei dunklen Flecke verstärkt, die sich jeweils am längeren Ende der Eier fanden – zwei Flecke nebeneinander und einer darunter. Diese Flecke bildeten andeutungsweise ein Dreieck aus Augen und Mund unter einer gewaltigen kahlen Stirn. Beim näheren Hinschauen war zu erkennen, daß es sich um einfache Steckdosen handelte. Viele waren ohne Kontakte, doch andere standen über elektrische Leitungen mit Instrumenten in Verbindung. Die Instrumente waren sehr verschiedenartig, doch wenn man das Arrangement eine Zeitlang studierte, war zu erkennen, daß die Buchse rechts oben – vom Ei aus gesehen – in jedem Fall mit einer kompakten Fernsehkamera verbunden war, die Buchse links oben mit einer Art Mikrofon oder anderen Schallquelle, während die Mundbuchse stets zu einem kleinen Lautsprecher führte.
    Eine Ausnahme gab es von dieser Regel: gelegentlich war die Mundbuchse eines Eis direkt an die (oben links befindliche) Ohrbuchse eines anderen Eis angeschlossen. In solchen Fällen bestand auch immer eine Komplementärverbindung von Mund zu Ohr.
    Eine noch eingehendere Betrachtung hätte einige feine Linien und flache Vertiefungen auf der Oberseite der Eier offenbart. Die dünnen Linien bildeten einen Kreis, in dessen Mitte sich ein zweiter, kleinerer Kreis befand – mit einiger Phantasie ließ sich an eine Doppelfontanelle denken. Die Anordnung der Vertiefungen ließ darauf schließen, daß jede Kreissektion mit Finger und Daumen herausgedreht werden konnte.
    Wenn man eines der Silbereier berührte (was sicher nicht ohne Zögern geschähe), hätte man es einen Moment für heiß gehalten, ehe man sich klarmachte, daß es nur nicht so kühl war wie erwartet, daß seine Temperatur annähernd der des menschlichen Blutes entsprach. Und hätte man vibrationsempfindliche Fingerspitzen und ließe sie eine Weile auf dem glatten Metall ruhen, so stellte man ein gleichmäßiges schwaches Schlagen fest, das im gleichen Rhythmus pulsierte wie das menschliche Herz.
    Eine Frau in weißem Kittel stützte sich mit der linken Hüfte auf die Kante eines Tisches; den Oberkörper hatte sie vorgebeugt, der Kopf hing ihr herab, als ruhte sie sich eben ein wenig aus. Aufgrund des Halbdämmers und der Maske vor Mund und Nase ließ sich ihr Alter nur schwer schätzen. In der linken Hand, gegen die Hüfte gestützt, trug sie ein großes Tablett, auf dem etwa zwanzig hohe Glasgefäße mit einer klaren aromatischen Flüssigkeit standen. Etwa die Hälfte der Gläser enthielt dicke Metallscheiben, deren Kanten aus einem Schraubgewinde bestanden. Sie entsprachen dem Durchmesser der

Weitere Kostenlose Bücher