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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Verschlusses, drehte sie mit Schwung in die andere Richtung und marschierte zum nächsten Ei, ohne abzuwarten, bis die Scheibe ganz eingesunken war.
    Sie hatte eben die letzte frische Scheibe vom Tablett eingedreht, als ein melodischer So-so-do-Gong ertönte.
    Trotzdem sagte sie: »Verdammte Höllenzucht noch mal!«
     
     

12
     
    Mädchen sind großartige Geschöpfe, doch sie erfordern ausgedehnte Studien und große Übung – so lautet eine der Eintragungen in Gaspard de la Nuits ungeschriebenen Memoiren. Das Mädchen, das ihn bei der Ewige-Weisheit nach seinem So-so-do-Läuten begrüßte, war so frisch und knusprig, daß der winzige Raum um so verstaubter wirkte – er stand voller Regale mit alten gebundenen Büchern und einem staubbeladenen Fries aus Davidsternen und Isiskreuzen. Gaspard, der schwerfällig atmete und ein wenig hustete, musterte das Mädchen anerkennend und dankte den Mächten im Himmel, daß in der nichtschreibenden Welt die Röcke wieder modern waren – angenehm kurze und enge Röcke, die die perfekten bestrumpften Beine gut zur Geltung brachten. Ein hauchdünner Pullover umschloß die Mitte der zierlichen Vision und war nicht minder eng wie die Ringe, die um ihren schmalen Schädel und die rosa Muscheln ihrer Ohren lagen.
    Zane Gort pfiff seinen höflichen Robotergruß, den die Menschenfrauen stets als sehr angenehm empfanden.
    Als Gaspards Inspektion kein Ende nehmen wollte, sagte die Vision schnippisch: »Ja, ja, mich kennen wir nun. Hören wir also mit dem Keuchen und Lefzenlecken auf und kommen wir zur Sache.«
    Gaspard hielt die Antwort zurück, die ihm auf der Zunge lag: »Einverstanden, wenn Sie eine Couch haben und Ihnen ein Roboter als Zuschauer nichts ausmacht«; statt dessen sagte er abwehrend: »Ich bin gerannt. Ein Trupp Autoren war hinter uns her, und es hat fünf Blocks und sieben Ebenen gedauert, bis wir die Wilden abschütteln konnten. Ich fürchte, die Autoren haben davon Wind bekommen, daß der Raketen-Verlag etwas plant. Wir haben sie in die falsche Richtung geführt und sind dann im Wagen eines Schrotthändlers zurückgefahren – davon gibt’s jetzt viele in der Leser-Straße. Ich habe dem Fahrer einen Tip über heiße Wortmaschinen gegeben.« Da ihm die Bemerkung über das Keuchen noch auf der Seele lag, fügte er hinzu: »Übrigens sollten Sie selbst mal einen Tausendmeterlauf versuchen – mit einem Roboter als Schrittmacher.«
    »Davon kriege ich bestimmt Schenkel wie Eisenträger«, erwiderte das Mädchen und betrachtete Gaspard und seine Wunden von oben bis unten. »Aber was wollen Sie? Wir sind hier keine Erstehilfestation – und auch kein Öldepot«, fügte sie, an Zane Gort gewandt, hinzu, der soeben gequietscht hatte, als er sich an Gaspard vorbeibeugte, um die Bücher zu beäugen. »Hören Sie mal, Kleines«, sagte Gaspard ein wenig gereizt. »Hören wir doch mit diesem blöden Gequatsche auf und kommen in die Gänge, ja? Wir sind sowieso schon spät dran. Wo ist der Kleincomputer?«
    Trotz seiner Eile hatte Gaspard einige Gedanken darauf verwendet, wie er seine Frage, formulieren sollte. Als Flaxman am Telefon von einem »Gehirn« sprach, hatte sich Gaspard in einer ersten Vision sofort eine nackte, verwickelte Kugel mit bösen, untertassengroßen Augen vorgestellt, die im Dunkeln leuchteten, wobei das Ganze auf einem winzigen verformten Torso oder einem kleinen ledrigen Podest mit unruhigen Tintenfischbeinen ruhte – eine Art Marsungeheuer, trotz der Tatsache, daß sich die wirklichen Marsianer als Wesen herausgestellt hatten, die ihr Gehirn in den schwarzgepanzerten Käferkörpern trugen. Dann hatte Gaspard an ein rosa Gehirn gedacht, das in einem Eimer voller klarer Nährflüssigkeit plätscherte oder das in einer Art Nährstoffaquarium, von Tentakelstößen getrieben, herumschwamm. (Wirklich, das Bild eines Gehirns mit Krakenbeinen schien in der menschlichen Phantasie unausrottbar verankert – der Inbegriff des Wahns von der intelligent-bösen Riesenspinne). Während der langen Schaukelfahrt im Schrottwagen war Gaspard dann zu dem Schluß gekommen, daß alle diese Visionen gleichermaßen kindisch waren und daß Flaxman mit dem Wort »Gehirn« eine Art Rechenmaschine oder Gedächtnisbank gemeint haben mußte – und zwar keinen Roboter und auch keine Wortmaschine. Jedenfalls war das Objekt ziemlich klein, da es getragen werden konnte. Immerhin waren die Computer schon in der Frühzeit von den Laien als »elektrische Gehirne« bezeichnet worden; etwa

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