Die programmierten Musen
kippte fast aus den Latschen. Aber Paps schleifte mich bis zum bitteren Ende durch und bewilligte mir dann Reitstunden – er gehörte eben zur alten Schule. Ein Ei sagte zu mir: ›Du erinnerst mich an meinen kleinen Neffen, der vor hundertundsieben Jahren im Alter von achtundachtzig gestorben ist.‹ Am schlimmsten war ein Ei, das nur ein düsteres Hä-hä-hä-Meckern ausstieß und sagte: ›Möchtest du zu mir hereinkriechen, Bürschchen?‹
Also – danach träumte ich wochenlang jede Nacht von den Eierköpfen, und die Träume hatten immer das gleiche gottverdammt realistische Ende. Ich lag im Bett in meinem Zimmer, und die Tür öffnete sich langsam und leise in der Dunkelheit, und etwa zwei Meter über dem Boden schwebte eins von diesen Dingern herein, mit Augen wie glühende rote Kohlen, ein halbfertiger hoher Metallschädel …«
Die Tür zum Büro öffnete sich langsam und leise.
Flaxman fuhr in seinem Stuhl auf, daß sein Körper eine Neigung von fünfundvierzig Grad zum Boden bildete. Seine Augen schlossen sich, und ein – wenn auch kaum sichtbares – Zittern überlief ihn.
Auf der Schwelle stand ein dunkelmatt eingeriebener Roboter. »Wer sind Sie, Junge?« rief Cullingham kühl.
Nach vollen fünf Sekunden erwiderte der Roboter: »Elektriker, Sir«, und erhob salutierend den rechten Greifer an den klotzigen braunen Kopf.
Flaxman öffnete die Augen. »Dann reparieren Sie das Elektroschloß an der Tür!« brüllte er.
»Natürlich, Sir«, sagte der Roboter und wiederholte seinen zackigen Gruß. »Gleich nachdem ich mich um die Rolltreppe gekümmert habe.« Mit schneller Bewegung schloß er die Tür.
Flaxman machte Anstalten aufzustehen und ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen. Cullingham sagte: »Komisch. Abgesehen von der schmutzigen Farbe sieht er genauso aus wie Zanes Konkurrent – du weißt schon, der mal Bankbote war – Cain Brinks, der Autor der Madam-Iridium-Romane. Muß wohl ein gewöhnlicheres Robotermodell sein als ich dachte. Also Flaxy, du sagst, die Eierköpfe machen dir zu schaffen, dabei hast du gestern, als wir Rostchen hier hatten, ganz phantastisch mitgezogen.«
»Ich weiß, aber ich glaube nicht, daß ich das durchhalte«, sagte Flaxman niedergeschlagen. »Ich dachte doch, die Sache wäre schnell abzuwickeln, also Aufträge erteilen und so – ›Wir wollen dreißig hypnotisch-spannende, handlungsreiche Romane nächsten Donnerstag‹ – ›Jawohl, Sir, Mr. Flaxman!‹ – aber wenn wir mit den Burschen sprechen und sogar diskutieren und sie beschwatzen müssen, überhaupt einen Versuch zu machen … Sag mal, Cully, was tust du eigentlich, wenn dich mal die Angst packt?«
Cullingham musterte ihn einen Augenblick nachdenklich und lächelte. »Ein Geheimnis gegen ein Geheimnis«, sagte er. »Ich wahre deins, und du hütest meins. Ich gehe zu Madam Pneumo.«
»Madam Pneumo? Den Namen habe ich schon mal gehört, aber Näheres war nie zu erfahren.«
»So sollte es auch sein«, sagte Cullingham. »Die meisten Männer zahlen dreistellige Summen für die Informationen, die ich dir jetzt gebe.«
24
»Madam Pneumos Etablissement«, begann Cullingham, »ist ein sehr exklusives Freudenhaus, das ausschließlich von Robotern geführt wird. Du mußt wissen, da gab es vor fünfzig Jahren oder so diesen verrückten Roboter namens Harry Chernik – wenigstens glaube ich, daß Chernik Roboter war –, der den Ehrgeiz entwickelte, Roboter zu bauen, die bis zum letzten anatomischen Detail äußerlich wie Menschen waren. Dabei ließ sich Chernik von dem Gedanken leiten, daß es unmöglich Feindseligkeiten zwischen Menschen und Robotern geben konnte, wenn sie identisch aussahen – und besonders, wenn sie den Liebesakt vollziehen konnten! Also, Chernik arbeitete etwa in der Zeit der Ersten Anti-Robot-Tumulte und trat offen für die Annäherung der beiden Rassen ein.
Natürlich stellte sich das ganze Projekt als Sackgasse heraus, soweit es Cherniks Hauptanliegen betraf. Die meisten Roboter wollten einfach nicht wie Menschen aussehen, und außerdem war der ganze Innenraum eines Chernik-Roboters derart mit Anlagen vollgestopft, die dem Roboter eine Nachahmung menschlichen Verhaltens im Bett und bei anderen einfachen gesellschaftlichen Anlässen ermöglichen sollten – feine Muskelkontrollen, Temperatur-, Feuchtigkeits- und Saugkontrollen –, daß für etwas anderes kaum noch Platz blieb. Abgesehen von ihren außerordentlichen Bettalenten waren die Chernik-Roboter völlig
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